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Alles wird gut

The Flaming Lips
Midlake

Köln, Live Music Hall
06.06.2006

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The Flaming Lips
Dass die Flaming Lips ausgerechnet am Schnapszahl-Tag in der Kölner Live Music Hall auftraten, machte die Sache natürlich so richtig schön rund. Merke: Auch nach 20 Jahren sind Wayne Coyne & Co. schließlich keine Band wie jede andere und lassen sich immer noch Dinge einfallen, die im Prinzip zwar jeder machen könnte, worüber sich "die anderen" aber nicht die Mühe machen, nachzudenken.
Aber wie üblich, der Reihe nach: Die Show eröffnen durften Midlake, aus Denton, Texas. Eine Band allerdings, die so gar nicht aussieht oder sich anhört, als käme sie aus Texas - sondern vielmehr aus einem obskuren Paralleluniversum. Insofern passten Tim Smith und seine (allesamt bärtigen) Jungs ganz gut zur kunterbunten Lips-Welt. Im Laufe der Tour hatte man sich auch entsprechend angefreundet. Nicht nur saß Wayne Coyne während des Konzertes am Bühnenrand und beobachtete dieses, sondern er bedankte sich bei der eigenen Show auch ausdrücklich mehrmals bei Midlake für den Support. So was adelt - doch zu recht. Allerdings haben Midlake musikalisch gar nicht mal so viel mit den Lips zu tun - einfach auch deshalb, weil die studierten Musikanten technisch einfach viel besser sind als die Lips (was aber keineswegs eine Wertung darstellen soll). Es gibt auch Unterschiede im Ansatz. Auf die Frage im Vorfeld z.B., ob er denn bei der Show auch Tierkostüme oder ähnliches anzuziehen gedenke, meinte Tim Smith z.B., dass er sich da lieber heraushalten und stattdessen die Musik, die er sehr ernst nehme, für sich sprechen lassen wolle. Fast stimmte das auch: Das Quintett hat musikalisch nämlich so einiges in Petto (z.B. bis zu fünfstimmigen Harmoniegesang und bis zu drei unterschiedliche Keyboards und Sampler, die wechselseitig bedient werden). Die Tracks ihres grandiosen neuen Albums "The Trials Of Van Occupanther" kamen daher - trotz deren Komplexität und der reichhaltigen CD-Arrangements (die teilweise eingesampelt wurden) - zu voller Blüte. Doch ganz wollten sich Smith & Co. dann scheinbar doch nicht auf ihre Mucke alleine verlassen: Auf der Lips-Leinwand liefen parallel eigenartige Filmschnipsel, die irgendwie gerade NICHT zu den jeweiligen Songs passten. Und so hatte der Zuschauer dann das Vergnügen, sich fragen zu können, was denn Schauspieler wie John Gielgud, Ralph Richardson, Laurence Olivier oder Nastassja Kinski mit Midlake zu tun haben könnten. Wahrscheinlich gar nichts. Das ist eben Kunst. Von den vorgetragenen Stücken überzeugten die des neuen Albums mehr als die älteren Tracks (besonders der Krautrock-mäßige, betont schräge Opener irritierte und erschien unnötig), denn sobald das Konzept der Songs sich erschloss - was dank Smiths sympathischer Ansagen und Erläuterungen ohne Weiteres möglich war - zündete der Funke. Nur auf die Musik bezogen, waren Midlake die klaren Punktsieger des Abends. (Nur dass es eben nicht um einen Wettstreit ging.) Und dass Midlake zusätzlich noch ihre Single-Nummer, "Roscoe" (eh eines der stärksten Stücke des Albums), verschenkten, passte zum allgemeinen Tenor des Abends - das man nämlich etwas geboten bekam, für sein Eintrittsgeld.
Zum Beispiel ca. fünf Kilo Konfetti pro Kopf. Dass die Flaming Lips daran nicht sparen, war ja allgemein bekannt. Dieses Mal gab's aber die Konfetti-Artillerie: Zwei Konfetti-Mörser auf jeder Seite der Bühne, die mit Hochdruck und Kunsteis-Nebel das bunte Flitterzeug bis zur Mitte der Halle pusteten, sorgten dafür, dass nachher kaum ein Kopf in der zuletzt dann doch ganz gut gefüllten Halle ungeschüttelt blieb. Das neue Album heißt bezeichnenderweise "At War With The Mystics". Halbherzig versuchte Coyne das auch zu erklären: Die Hardcore-Fans, die für gewöhnlich in lustigen Kostümen bei Lips-Shows auf der Bühne stehen dürfen, waren dieses Mal in Weihnachtsmänner auf der einen, und Aliens auf der anderen Seite aufgeteilt. Die Weihnachtsmänner standen dabei für die christliche Religion, und die Aliens für Scientologen. "Aber eigentlich sind es doch nur Weihnachtsmänner und Aliens - und das ist doch auch cool", meinte Coyne, "lasst doch die religiösen Fanatiker sich gegenseitig umbringen und dann bleiben nur die Flaming Lips und die Kölner übrig - das wäre doch was, oder?" In der Tat. Man mag sich ja auch. Neben ein wenig Musik gab es dieses Mal Folgendes: Einen Zauberstab, dem allerdings die Batterien ausgegangen waren, Riesen Hände, mit denen Coyne das Publikum animierte, eine Luftschlangen-Kanone, unglaublich viele Leuchtmittel in verschiedenen Kombinationen, ein Megaphon, eine Mikro-Kamera (also eine am Mikro befestigte), eine Doppelhalsgitarre, eine Eisnebel-Handfeuerwaffe, zusätzlich Säcke von Konfetti, eine Yoshimi-Handpuppe (für den betreffenden Song) und schließlich einen Riesen-Ballon, den Coyne mit einer Druckluftpumpe zum Platzen brachte, und der glücklicherweise kein weiteres Konfetti enthielt.

Rein musikalisch weigern sich die Flaming Lips nach wie vor beharrlich, aufzuwachsen. Wayne Coyne könnte selbst dann nicht singen und seine Mannen selbst dann keinen Song straight spielen, wenn sie das wollten. Und das wollen die definitiv nicht! Gerade das macht ja wieder den Charme dieser sympathischen Anarchisten-Kapelle aus. Zu den "musikalischen Höhepunkten" gehörten dann somit die alten und neuen Hits: "She Don't Use Jelly" - mit einem süßen neuen Ende zu Piano-Begleitung, "Do You Realise" - im Grandezza-Format mit Konfetti-Trommelfeuer - oder der neue "Yeah Yeah Yeah Song", der zum agitatorischen Publikums-Fave geriet. Irgendwo ist auf jeder Lips-Scheibe ja so ein Heuler drauf und insofern ist das Lob der Tonträger dann ja doch irgendwo gerechtfertigt. "Die Leute fragen mich immer, warum ich so glücklich erscheine und immer so positive Songs singe", meinte Wayne zum Schluss, "ganz einfach, weil die Welt ein wunderschöner Ort ist. Es liegt nur an einem selber, was man daraus macht. Eine der Sachen, die nicht so schön ist, ist der Umstand, dass wir aus den USA kommen und dort George Bush regiert - und der ist Scheiße!" Sprachs und spielte eine ziemlich straighte Cover-Version von "War Pigs". Fazit: The Flaming Lips - das ist nach wie vor großartiges Entertainment mit Phantasie, Witz und Lebensfreude gepaart. Eine kurzweiligere Live Band wird man fraglich finden können. Und mit Midlake empfahl sich eine Combo, von der man sicherlich in Zukunft noch viel hören wird.

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Surfempfehlung:
www.flaminglips.com
www.midlake.net
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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