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Konzert-Bericht
 
Will rockt!

Bonnie Prince Billy

München, Club 2/ Köln, Gebäude 9
08.04.2001/ 10.04.2001
Bonnie Prince Billy
Schon Wochen vorher galt das Konzert im wirklich kleinen Münchner Club 2 als hoffnungslos ausverkauft, bereits Stunden vorher standen sich die optimistischeren unter denen, die keine Karten mehr bekommen hatten, die Beine in den Bauch und lange vor Beginn herrschte drinnen gespannte Vorfreude. Kein Wunder, dem seit Jahren ersten Konzert in der Gegend war ein außerordentliches Medieninteresse vorangegangen und Will Oldham hätte den intimen Veranstaltungsort sicher mehrfach gefüllt.
Entsprechend frenetisch wurde Bonnie "Prince" Billy dann auch bejubelt, als er mit den Seinen die winzige Bühne bestieg. Von den Vorschußlorbeeren gänzlich unbeeindruckt, ließ er erst mal die Bühnenbeleuchtung abdunkeln, zupfte auf der Suche nach Inspiration den einen oder anderen Akkord, erwog und verwarf diesen oder jenen Song und machte in seinem hochgeschlossenen Hemd, der orangen Kapuze und der getönten tropfenförmigen Brille einen äußerst introvertierten Eindruck. Dem entsprechend gab es an diesem Abend auch keine Anekdoten zu hören, keine Erläuterungen und kein "Do You Feel Okay?". Was es gab, war jede Menge Musik.

Über zwei Stunden lang schöpfte Will aus dem Material der letzten zehn Jahre und machte den Abend so zum echten Ereignis für den Fan. Wer befürchtet hatte, die Veranstaltung diene dazu, die letzte vergleichsweise unkomplizierte Veröffentlichung und Bonnie "Prince" Billy in einem ungleich gefälligeren Licht zu promoten, hatte sich sowieso geschnitten. Denn Will - so durfte man hier feststellen - rockt. Also kein akustisches Geklampfe, sondern über weite Strecken verzerrte Stromgitarren und manches Stück war dem entsprechend erst nach etlichen Takten zu erkennen. Mit dabei waren, neben zwei sympathischen Jünglingen an Bass und Schlagzeug, Matt Sweeny (Guided By Voices) an der Melodiegitarre und David Pajo (Slint, Tortoise, The For Carnation), der sehr zurückhaltend ein kleines Yamaha Spielzeugkeyboard bediente. Insgesamt war da ziemlich freies und inspiriertes Zusammenspiel geboten und das Publikum honorierte das mit fast schon hingebungsvoller Aufmerksamkeit.

...auf nach Köln...

Bonnie Prince Billy
Will Oldham alias Bonnie "Prince" Billy gilt gemeinhin als schwierig. Daß er somit 2/3 seiner eh nur kurzen Deutschland-Tour absagte, war also nicht sooo überraschend. Eher überraschend war schon, daß er dann die nicht gerade als Gitarrenhochburg bekannte Stadt Köln auswählte, einen der beiden verbleibenden Gigs durchzuziehen - und dieser dann auch noch exorbitant gut besucht war. Das Publikum - erfreulich inkonsistent und auch mit jüngeren Leuten durchsetzt - mußte sich zunächst in Geduld üben, bevor sich Herr Oldman und seine Mitstreiter dann die Ehre gaben und auf die Bühne kullerten. Sportlich leger gekleidet in lustige Kapuzenkutten hauten dann Will und seine Jungs ganz schön in die Bresche. Die ersten Tracks kamen als gesunde, brachiale Grunge-Rocker auch ganz prächtig an. Zwar war der Sound nicht besonders differenziert, aber hier zeigte der - ach so sensible - Künstler der versammelten Mannschaft mal so richtig, was eine Harke ist. Das bekam zwar nicht allen Songs wirklich - wie z.B. "I See A Darkness" - was nun mal eher feinsinnig angelegt ist, aber manch ein Oldham Klassiker verwandelte sich mittels dieses Treatments in einen richtigen Rock Hit - z.B. "All Around" -, das so fast Stones-Format erreichte. In dieser geballten Form zeigte sich nebenbei auch, warum Oldham zu recht als einer der besten Songwriter unserer Tage gehandelt wird: Solch eine stilistische Bandbreite und solch eine Menge wirklich erstklassiger Songs findet man nicht oft in einer Person vereinigt. Schon gar nicht in einer wie der Will Oldham's. Dieser stolzierte wie ein Pfau umher, verrenkte sich gar lustig und schrie, grölte, heulte und säuselte sich die Seele aus dem Leib - und das auch noch mit Witz und Ironie.

Die Band - darunter der langjährige Begleiter David Pajo am höchst effektiv eingesetzten billig-Keyboard (mit einem unglaublichen Gitarrensolo ziwschendrin) und Matt Sweeney an der Gitarre - hatte sich offensichtlich erst eine halbe Stunde vor Konzertbeginn zusammengefunden, und so gab es denn weniger Virtuosität und exaktes Timing, als Intuivität und organische Kreativität zu bewundern. Das ist aber angesichts Will's wahrlich nicht simpler Songstrukturen durchaus als ernstgemeintes Lob zu sehen. Viele andere Musikanten wären angesichts solcher Herausforderungen schlicht abgesoffen. So gab es aber viel organisches Musizieren aus dem Bauch heraus, mit all den Warzen und Narben, die so was mit sich bringt. Klasse! Daneben erwies sich Will als echter Marathon Man. Drei Zugaben à ca. fünf Songs rundeten die eh schon zwei Stunden lange Show gar prächtig ab. Und als man dann gegen 0:30 die Halle verließ, hatte man das Gefühl, endlich mal wieder einem wesentlichen musikalischen Ereignis beigewohnt zu haben. "Gawd Bless", wie Will sagen würde.

Text: -Dirk Ducar (München) / Ullrich Maurer (Köln)-
Fotos: -Jörg Conrad (München) / Ullrich Maurer (Köln)-

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