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Konzert-Bericht
 
Für Beethoven

Patti Smith

Bonn, Museumsplatz
04.07.2010
patti Smith
Ob Patti Smith wohl wusste, dass der örtliche Veranstalter den Käufern der übrigens exorbitant teuren Karten versprochen hatte, die Punk-Poetin würde bei diesem Auftritt in Bonn sowohl ihr aktuelles Album mit Coverversionen, "Twelve", als auch neue Stücke aus ihrer nächsten Platte präsentieren? Wenn ja, war es ein sehr dylanesker Schachzug von ihr, weder mit dem einen noch dem anderen zu dienen. Stattdessen spielte sie gemeinsam mit ihrer großartigen vierköpfigen Band auf dem Museumsplatz drei unveröffentlichte Coverversionen und praktisch sämtliche Hits und Hymnen aus den 70ern - das allerdings in schon länger nicht mehr gehörter Klasse und Intensität.
Dabei brauchte das Konzert etwas Anlaufzeit. Mit "Redondo Beach" gab's nach dem ungewöhnlichen Opener "Till Victory" zwar einen ausgewiesenen Klassiker vorneweg, aber so richtig zwingend klang die Nummer nicht. Doch dann stand bereits früh "Free Money" (oder "Free $", wie es auf der handgeschriebenen Setlist hieß) auf dem Programm, und damit brachen alle Dämme: Zuerst auf der Bühne mit einer wahrlich aufrührerischen Performance von Patti und ihrer Band, und danach im Publikum, das praktisch minutenlang Szenenapplaus spendete. Großartig auch die Coverversion von "Play With Fire", im Original ein Akustiksong, hier nun sanft elektrifiziert und einfach ganz, ganz toll. Im Anschluss war es mit der Sanftheit dann erst einmal vorbei, denn im Andenken an den im letzten September verstorbenen Dichter und Bandfreund Jim Carroll gab es - laut, rasant und punkig - sein "People Who Died" zu hören, gesungen von Bassist Tony Shanahan und Gitarrist Lenny Kaye, der den Song auch zu einem kleinen Tänzchen mit Patti nutzte, was herrlich anzusehen war, gerade wenn man bedenkt, dass die beiden vor fast 40 Jahren den Grundstein für ihre praktisch lebenslange Freundschaft auch tanzend gelegt hatten.

Mit dem Robert Mapplethorpe gewidmeten "Beneath The Southern Cross", das übrigens wohl nie mehr nach The Velvet Underground geklungen hat als an diesem Abend, folgte das einzige Stück aus Pattis Feder, das nicht aus den 70ern stammte. Der Verzicht auf neuere Stücke war ein wenig schade, denn obwohl Patti die alten Stücke mit mehr Feuer und Leidenschaft spielte als bei so manchem anderen Konzert der letzten Jahre, verpasste sie dem Auftritt damit den unnötigen Anstrich einer Oldieveranstaltung. Beschweren wollen wir uns natürlich nicht, dass ein wunderbar interpretiertes "We Three" und ein fantastisches "Dancing Barefoot" zu hören waren, zumal letztere Nummer durch ein langes Lenny-Solo zusätzlich aufgewertet wurde, das Patti zu einem Ausflug in den Bühnengraben nutzte, um praktisch jedem in den ersten Reihen persönlich die Hand zu geben.

Überhaupt schien Patti bestens gelaunt. Selbst an "Because The Night" hatte sie offenbar einen Heidenspaß, und "Pissing In A River", eingeleitet mit einer kleinen Umwelt-Ansprache, bei der BP nicht besonders gut wegkam, war intensiv wie schon lange nicht mehr. "Gloria" - hat sie das am Ende tatsächlich Beethoven gewidmet? - bildete den vorläufigen Höhepunkt, nachdem Patti natürlich auch noch darauf hingewiesen hatte, dass dieser 4. Juli der Unabhängigkeitstag in den USA sei, dabei sollte doch eigentlich jeder Tag überall Unabhängigkeitstag sein.

Den ersten Zugabensong gab's dann gleich anderthalbmal zu hören, weil Patti bei Lou Reeds "Perfect Day" den Text vergaß und den Song lieber neu begann, anstatt in der Mitte erneut einzusetzen, nachdem sie sich textliche Hilfe bei Tony geholt hatte. Dann beschloss sie den Abend mit einer ausufernden, anfangs offenbar frei improvisierten Version von "Land", die am Ende kurioserweise sogar noch einmal den Weg zurück zum bereits gespielten "Gloria" fand. Kurios war das nicht zuletzt deshalb, weil auf der geschriebenen Setlist auch noch das eigentlich unausweichliche "People Have The Power" vorgesehen war, aber anscheinend spielte Patti an diesem Abend lieber zweimal das Van Morrison-Cover als einmal den vielleicht eingängigsten Song aus eigener Feder.

Der lang anhaltende Applaus konnte sie dann zwar nicht mehr zu einem zweiten Zugabenblock bewegen, zeigte aber, dass das Publikum vom Auftritt der amerikanischen Ikone restlos begeistert war. Und den wenigen, die auf dem Weg nach draußen monierten, dass das Konzert bereits nach einer Stunde und 40 Minuten (und damit 20 Minuten vor der auf dem Museumsplatz üblichen Curfew) zu Ende gegangen war, sei gesagt: Vermutlich war es besser so. Bei der Zugabe merkte man nämlich schon ein bisschen, dass Patti die Puste ausging. Mit so viel Leidenschaft wie zur Mitte des Sets war sie am Ende jedenfalls nicht mehr dabei. Natürlich wären drei, vier weitere Songs nett gewesen, so aber gab es geballte Power - und ein wirklich ganz ausgezeichnetes Konzert!

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Text: -Simon Mahler-
Foto: -Pressefreigabe-


 
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