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Konzert-Bericht
 
Zwischen Rock'n'Roll und Raffinesse

Masha Qrella
Mariee Sioux

Offenbach, Hafen 2
19.05.2012

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Masha Qrella
Masha Qrella und Mariee Sioux sitzen auf der Treppe neben dem Eingang und unterhalten sich. Die beiden Singer/Songwriterinnen verstehen sich offenbar ausgezeichnet, aber noch lieber würden sie mit ihren Bands auf der Bühne stehen und spielen, schließlich ist es bereits weit nach 23.00 Uhr. König Fußball verhindert das, denn in der Kneipe des Hafen 2 wird das Champions League-Finale zwischen Bayern München und dem FC Chelsea London übertragen, und Live-Musik ist erst erlaubt, wenn der letzte Elfmeter verschossen ist. So ist es bereits fast Mitternacht, als Mariee Sioux den musikalischen Teil des Abends im Saal des Hafen 2 eröffnen darf.
Dort blieben die vom Veranstalter erhofften Zuschauermassen allerdings auch nach Beendigung des Fußballspiels aus, und das führte leider dazu, dass die wundervolle Intimität, die die Auftritte von Mariee Sioux und ihren beiden Mitstreitern, Jeff Manson am Bass und Sean Kae an Gitarre/Autoharp/Percussion in der richtigen Umgebung (und zur richtigen Tageszeit) zu etwas ganz Besonderem machen, dieses Mal etwas in den Weiten des Raumes verschwand. Am Engagement der Musiker lag dies nicht. Zwar absolvierte Jeff diesen Auftritt lieber auf einem Barhocker sitzend, anstatt im Stehen zu spielen, aber Mariee war mit der gleichen performerischen Intensität bei der Sache wie sonst auch, ja, sie erklärte dem Publikum sogar ausführlicher als bei den vorangegangenen Shows einige der Metaphern in ihren Songs. Auch die Idee, nicht mit einem der neuen Stücke ihres gerade veröffentlichten zweiten Albums, "Gift For The End", sondern mit dem großartig neu arrangierten "Blood And Flowers" aus ihrem Debüt "Faces In The Rocks" zu starten, war eigentlich genau richtig, trotzdem fiel die besondere Magie des Psychedelia-umwehten Folks der jungen Amerikanerin an diesem Abend ein wenig durch die Ritzen. Nach einem halben Dutzend Songs mit der Band - einmal mehr beeindruckend: Mariees und Seans A-cappella-Ende bei "Old Magic" - blieb dann nur noch Zeit für eine letzte Solonummer, die sich als heimliches Highlight des kompletten Sets entpuppte: "Buried In Teeth". Schade, dass die Umstände an diesem Abend nicht mehr zuließen, allerdings war Mariees traumhafter Auftritt in Köln tags zuvor auch nur schwer zu übertreffen.
Masha und ihrer Band hatte das lange Warten ganz offenbar weniger ausgemacht als dem Supportact. Zumindest bilden wir uns ein, die Berlinerin noch nie so locker auf einer Bühne erlebt zu haben und definitiv nicht mit so viel Rock'n'Roll-Flair. An Letzterem war nicht zuletzt Drummer Robert Kretzschmar "schuld", dem gleich zu Beginn der Tournee die Stimme ihren Dienst versagte, weshalb Masha ohne die eigentlich geplante zweite Stimme auskommen musste. Gefehlt hat sie allerdings überhaupt nicht, denn sie hätte höchstens von dem herrlich rauen Charme abgelenkt, den viele der Songs an diesem Abend besaßen. Mit Stromgitarre bzw. Bass, E-Piano und Schlagzeug (einige Male kam noch ein "vierter Mann" aus dem Sampler hinzu) klangen sowohl die alten wie auch die neuen Songs alle ungemein, ja, unerwartet direkt, ohne dass die Raffinesse der Musik deshalb darunter gelitten hätte. Zur ungeheuren Lockerheit, die die Songs versprühten, passte auch Mashas Auftreten auf der Bühne. Mit ihren kurzen, präzisen Ansagen kam sie ähnlich schnell auf den Punkt wie die Musik, egal, ob sie nach Tipps für eine echte "Chemokeule" für ihren erkälteten Drummer bat ("Das homöopathische Zeug haben wir schon ausprobiert. Hat nichts gebracht!"), ihre Version des "Brokeback Mountain"-Themas mit "Das nächste Lied handelt davon, dass man mit der Liebe seines Leben nur fischen geht!" einleitete oder sich am Ende über die Zeitverfluggeschwindigkeit wunderte, als sie sagte: "Das nächste Lied stammt von einer Band, die sich schon lange aufgelöst hat, dabei hat sie zur gleichen Zeit angefangen wie ich!"
Auch kleine Fehlerchen überspielten die Musiker stets mit einem breiten Grinsen. Bisweilen machte es genauso viel Spaß, an der Mimik der drei abzulesen, wann sie sich aufs Glatteis begaben, als den Songs zu lauschen - das gibt's auch nur am Anfang einer Tour! Zu den Songs des ausgezeichneten neuen Albums "Analogies" gesellten sich Stücke aus den Vorgängeralben, mit "I Talk To The Trees" war sogar ein Stück aus der Weill/Loewe-Platte "Speak Low" dabei, und der bruchlose Übergang von "Hawaii" zu dieser Nummer war einer der ganz besonderen "Wow"-Momente dieses tollen Konzerts, ebenso wie Mashas Abgang von der Bühne beim letzten Song," Call My Name", der ihren beiden Mitstreitern etwas unfreiwillig die Möglichkeit gab, das Mainset zu zweit zu Ende zu bringen.

Keine Frage, dass danach trotz vorgerückter Stunde keiner im Saal Masha ohne Zugabe gehen lassen wollte, auch wenn das noch einmal Geduld verlangte, denn Masha musste erst einmal nach Ersatz für eine gerissene Gitarrensaite suchen. Mit zwei feinen Coverversionen entschädigte sie das Publikum allerdings im Nu: Bryan Ferrys "Don't Stop The Dance" klingt auch nach fünf Jahren in Mashas Version einfach nur umwerfend, und mit dem ganz zum Schluss solo gespielten "Saturday Night" von Komeit gab's sogar noch den passenden Song zum Abend. Da war es allerdings schon so spät, dass (fast) "Sunday Morning" von den Velvets besser gepasst hätte...

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Surfempfehlung:
www.mashaqrella.de
www.marieesioux.com
Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-


 
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