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Not Too Much Too Soon

Larkin Poe
Martin Hannaford

Düsseldorf, Zakk
25.07.2012

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Larkin Poe
Da finden Larkin Poe schon mal den Weg nach Deutschland - zudem zeitnah zur regulären Veröffentlichung ihrer um eine charmante Live-DVD ergänzten aktuellen EP "Thick As Thieves" - und dann erwischen sie ausgerechnet die wohl einzige Woche dieses Jahres, in der die Ausrede zieht, dass es im Biergarten angenehmer sei als im Musik-Club. Und so finden dann gerade mal 30 Hardcore-Fans den Weg ins Düsseldorfer Zakk, um die Band, die sich immerhin Elvis Costello als Hausband für seine letzte Tour ausgeliehen hatte, als Headliner zu erleben.
Diese indes waren teilweise von so weit her angereist, dass es die Band erstaunte. "Also ich würde so was ja nicht machen", erklärt Rebecca Lovell etwa nach dem Konzert. Bevor es pünktlich um 20:30 mit dem Support-Act Martin Hannaford los ging, stand erst noch ein ausgiebiger Soundcheck an. "Was spielen die denn da? Das habe ich ja noch nie gehört", meinte die Tourbegleiterin verwundert. Das ist erklärlich, denn Rebecca und Megan arbeiteten gerade an einem neuen Stück. "Klar - wenn wir auf Tour sind, dann schreiben wir unsere Songs auf diese Art", erklärt Rebecca beiläufig - so als sei das normal. "Normal" ist aber vielleicht auch nicht ganz der richtige Begriff, um Larkin Poe in dieser Hinsicht hinreichend zu beschreiben. Die Damen haben seit der durch das Ausscheiden der großen Schwester bedingten Auflösung des Vorgänger-Projektes, dem Bluegrass-Trio Lovell Sisters, bislang fünf EPs mit annähernd 40 eigenen Stücken veröffentlicht und haben bereits jetzt schon 40 neue Songs auf Tasche, aus denen sie gerade Material für den für nächstes Jahr geplanten "Debüt-Longplayer" zusammenstellen. "Das machen die dauernd", meint die Tourbegleiterin fast resignierend, "wenn wir unterwegs sind, kritzeln die ständig irgendwas vor sich hin und wenn wir dann im Hotel sind, heißt es 'fertig' und dann gibt es einen neuen Song". Logisch, dass es auch beim anschließenden Set neue Songs gab. Der Anteil an Coverversionen, der früher Bestandteil der Larkin-Poe-Sets war, geht beständig zurück.
Zuvor durfte aber Martin Hannaford mit einem kurzen Solo-Set den Abend musikalisch einleiten. "Ich habe noch keinen Künstlernamen", stellte sich Martin dem Publikum vor, "und eine CD habe ich auch noch nicht fertig." Das sagt ja zunächst mal noch nix aus - außer, dass Hannaford eine ehrliche Haut ist. Musikalisch wandelt Martin auf ähnlichen Spuren wie sein Kollege Stefan Honig (dessen CD aber bereits fertig ist), mit dem zusammen er dereinst die Band Benelovent führte, von der es noch "Reste im Web" zu finden gäbe. Es gab also zurückhaltende, romantische Slow-Core-Balladen auf der elektrischen Gitarre stilvoll zelebriert. Der erste Track erinnerte gar an Jeff Buckley. So weit so gut - aber merkwürdigerweise hat Martin genau das gleiche Problem mit dem Sampler, wie Herr Honig: Er glaubt, man könne keine Melodien damit konstruieren. Mal abgesehen davon, dass er sich da mal mit Joseph Arthur beschäftigen sollte, führte das dann dazu, dass die Songs, die er mit diesem Gerät bestritt, mehr als spröde auf den zwei eingespielten Akkorden verharrten - geschickte Soundmanipulationen hin oder her. Insgesamt hinterließ der junge Mann aber einen hoffnungsvoll positiven Gesamteindruck mit Potential nach hinten raus.

Dann ging es mit Larkin Poe los - und zwar ziemlich laut und rockig mit einem Rausschmeißer namens "Jailbreak". Das ist insofern erklärlich, als dass es sich die Damen (und die nicht zu vergessenden drei Herren) auf die Fahnen geschrieben haben, ihre Musik hinkünftig auf eine noch breitere Basis zu stellen, um vom Ruf der folkseligen Akustik-Tanten loszukommen. Kaum zu glauben, dass sich die Schwestern über so etwas Gedanken machen, denn eine Band, die auf einer breiteren musikalischen Basis aufgestellt ist (ohne dass das etwa übertrieben wirkte, wohlgemerkt), muss - zumindest im Americana-Sektor - erst mal gefunden werden. Denn im gesamten Set etwa glich kein Song dem anderen und obendrein wurden auch alle Stücke als richtige "Live-Nummern" gespielt - bis hin zum Bass- und Drumsolo in seliger Big-Rock-Manier in der eindrucksvoll überdehnten Jimi Hendrix-Nummer "Bleeding Heart". Das ist insofern interessant, als dass sich die Musiker auf den Studio-Aufnahmen (besonders eingedenk ihrer ganz auf Virtuosität basierenden Bluegrass-Vergangenheit) stets im Dienste des Songs zurücknehmen, wenn es darum geht, handwerkliche Fertigkeiten zu demonstrieren.

Nicht so auf der Bühne: Da wird alles noch eine Nummer großer, schöner, lauter und flinker gespielt - breiter aufgestellt eben und - zumindest die großen Live-Gesten betreffend - auch "Larger Than Life". "Haben wir denn jetzt zu viele Soli gespielt?", möchte Rebecca nach dem Konzert noch sicherstellen. Nein, haben sie nicht, denn die Damen haben sehr richtig erkannt, dass Live-Shows etwas anderes sind als Studio-Aufnahmen. Und es kommt ja auch immer auf den Kontext an: Wenn die Songs dafür konstruiert sind, einzig als Vehikel für Soli zu dienen (im Hardrock oder im Bluesrock etwa), ist das ja ganz etwas anderes, als wenn die Soli dazu dienen, den Song voranzubringen. Besonders schön gelingt das Larkin Poe bei den düstereren, getrageneren Nummern wie "Make It Hurt" oder "Love Or Money". Und selbst einen Massive Attack-Song wie "Teardrops" machen Larkin Poe zu ihrem eigenen (hier sind es etwa Rebeccas Vocals, die im Zentrum stehen). Dann gibt es natürlich auch bluesige Nummern mit Gospel-Touch - etwa "Wade In The Water" oder das neue "Long Gone" mit reichlich Gelegenheit für Jam-Session artige Situationen. Schön ist das auch, wenn Rebecca ihre Gesangsparts mit den Gitarrenbeiträgen "teilt" und dann Megan oder Gitarrist Rick Lollar (der auch einen eigenen Song präsentierte) dann sozusagen im Shout & Response-Verfahren auf Rebeccas nonverbale Gesangslinien antworten. Zwischendrin kommen sich die Schwestern dann so nahe, dass die Gefahr besteht, sie könnten vielleicht auf der Bühne zu einer Person verschmelzen. Insbesondere Megan, die übrigens auf die Idee kam, ihre Lapsteel-Gitarre ohne Lap zu spielen, weil sie über die von ihr geschätzte Dobro auf die elektrisch verstärkte Variante derselben gekommen ist, lässt sich davon nicht irritieren und bleibt der ruhende Pol. Und wann hat man zum letzten Mal eine Led Zeppelin-Style-Mandoline in einem Jimi Hendrix-Song vernommen?

Im Nachhinein betrachtet lösen sich die Lovell Sisters sogar sehr bewusst von ihrem Bluegrass-Background - auch wenn sich die eine oder andere Country-Nickeligkeit ins Set mogelt. Einzelne Höhepunkte herauspicken zu wollen, wäre fast müßig, da sich Bands wie Larkin Poe nicht mit mittelmäßigem Füllmaterial zufrieden geben würden - und ergo auch keines zu finden ist. Infektiöse Pop-Nummern wie der Southern-Soul-Single-Title "Play On" kommen dann aber natürlich aufgrund ihrer Breitenwirksamkeit mit am Besten an. So richtig zu meckern gibt es bei einer solchen Gemengelage natürlich nicht wirklich etwas. Zwar wirkt die obercoole Professionalität, mit der besonders Rebecca Lovell die Bühne dominiert, zuweilen etwas aufgesetzt - das wird aber bei weitem kompensiert durch die wirklich fast greifbare Bühnenpräsenz und die spürbare, ehrliche Begeisterung, mit der das alles inszeniert ist. Mit einem einzigen Satz ("Nun seid aber nicht schüchtern!") hat sie das Publikum gleich nach dem ersten Song an den Bühnenrand gelockt - und dann in der Hand. Diese Qualitäten müssen es wohl auch gewesen sein, die Elvis Costello bewogen haben mögen, Larkin Poe als Tourband auszusuchen. Darüber kann man aber nur mutmaßen, denn gesagt hat der alte Fuchs es den Mädels nicht.
Übrigens: Perfekt war das alles keineswegs. Aber wie Steve Wynn zum Beispiel sagt: Perfekt ist auch nicht gut genug. Die Musiker probierten aus, was möglich war und was der Augenblick hergab. So muss Live Musik eigentlich auch sein.

Dass die Damen bei dem ganzen Trubel sich erstens treu geblieben sind, zweitens ihre Ziele konsequent verfolgen, dabei drittens unabhängig agieren und viertens auch irgendwo auf dem Boden geblieben sind (nach der Show gab es Autogramme und Fotos für jeden, der auch nur ansatzweise danach fragte, inklusive des ansonsten diesbezüglich doch eher abgebrühten Promoters), kann man ihnen gar nicht hoch genug anrechnen. Logisch, dass die Zeit bis zur nächsten Tour im Frühjahr da subjektiv viel zu lang angesetzt ist. Es bleibt am Ende eigentlich nur die Frage, wo an diesem Abend bitteschön all die Americana-Fans waren - besonders jene, die sich ansonsten stets darüber beklagen, dass in dem Genre zu wenig Abwechslung herrsche...

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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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