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Konzert-Bericht
 
Mission Impossible

Brigitte
Hurricane Love

Köln, Luxor
13.11.2012

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Brigitte
Nach diversen Showcases ging das französische Damenduo Brigitte nun, einige Monate nach der hiesigen Veröffentlichung des Debütalbums "Et vous, tu m'aimes" zusammen mit Band auf eine kleine Clubtour durch unsere Breiten. Ob es nun daran lag oder am relativ frühen Einlasstermin im Kölner Luxor: Das Publikum träufelte weit weniger ergiebig ein, als bei frankophilen Konzerten im Kölner Raum üblich. Es war auch ein anderes, mittelaltes Publikum als jenes, das die studentisch geprägte Kölner Franzosen-Kolonie ansonsten so gebiert: In der Tat fanden sich hier Personen, die ansonsten wohl kaum den Weg zu Popkonzerten fänden. Brigitte sprechen offensichtlich Bevölkerungsschichten an, die von anderen Acts nicht (mehr) erreicht werden.
Deswegen war es ein wenig verwunderlich, dass als Support ausgerechnet die jugendlich/energisch auftretende schwedische Power-Pop-Combo Hurricane Love verpflichtet wurde. Die beiden Frontleute Rasmus Viberg und Nina Knutsson machten zwar von Anfang an deutlich, dass sie dem generellen Party-Gedanken, der einer typischen Brigitte-Peformance für gewöhnlich innewohnt, durchaus aufgeschlossen gegenüber standen - schossen dann aber dabei ein wenig über das Ziel hinaus. Zwar präsentierte das Gesangsduo das Material mit einer unglaublichen Intensität und Inbrunst (beinahe an der Heavy Metal-Grenze), jedoch stellte sich sehr schnell dir Frage, woher sie diese Inbrunst eigentlich nahmen, denn das Songmaterial - gut gelaunte, nette Up-Tempo-Nummern mit solider Rock-Basis, die für eine skandinavische Band fast schon zu fröhlich konzipiert waren - ist eigentlich eine Nummer zu klein für die ganzen dargebotenen Stadien-Gesten und Animierungsversuche. Und das nicht nur im Falle von selbsternannten Single-Nummern wie "Serial Liar", sondern auch bei verkappten Power-Balladen wie "Deep Under Water". Sei es drum: Das Sextett mühte sich redlich, schaffte es aber nicht wirklich, wahre Begeisterungsstürme auszulösen. Das war ganz nett für Leute, die ansonsten nichts zu sehen bekommen.
Der Manager von Brigitte hatte im Vorfeld schon davor gewarnt, dass man sich als Besucher eines Brigitte-Konzertes nie so ganz sicher sein könne, was als nächstes passiere, da sich Aurélie Saada und Sylvie Hoarau auf die Fahnen geschrieben haben, jeder Show ein eigenes Gesicht geben zu wollen. Oder auch gar keines: Zunächst mal traten die beiden Diven mit körper- und gesichtsverhüllenden Kutten vor das Publikum, während die Band ein dramatisches Intro fabrizierte. Das war aber natürlich nur ein Gag: Bei Brigitte muss nicht alles Sinn machen oder eine tiefere Bedeutung besitzen - so lange es nur unterhält. So tritt die Band grundsätzlich im Stile der Droogs kostümiert auf (das sind die Herren um Malcom MacDowell, wie sie in Stanley Kubricks Adaption von "A Clockwork Orange" dargestellt werden, von der Aurèlie und Sylvie große Fans sind) und zuweilen befinden sich auch künstliche Ziegen auf der Bühne - nicht jedoch im tierliebenden Köln. Dafür traten Aurélie und Sylvie in eng geschneiderten Pailletten-Kleidern auf; nicht dem ganz großen Besteck, aber deutlich "plus grande que la vie". Das war auch nötig, denn bei Brigitte geht es einzig darum, den verrückten Musikcocktail, den die beiden Damen zusammenmischen, möglichst anschaulich zu visualisieren.

Die Chansons des Debüt-Albums dient dabei mittlerweile lediglich noch als grobe Basis bzw. als Sprungbrett; denn zwischenzeitlich hat sich eine Menge neues Material angesammelt (Brigitte sind in Frankreich ja schon längere Zeit unterwegs) - darunter ein zunehmender Anteil an englischsprachigen Tracks (etwa Coverversionen wie "Eye Of The Tiger"). Brigitte sind also internationaler geworden. Auch musikalisch: Viele der Nummern kamen etwa zunächst mal mit einem gewissen Blues-Groove daher (etwas, das man auf der Scheibe weniger findet) - bevor sie dann meist doch in Gospel-Disco, Heavy-Metal-Funk oder Country-Jazz (oder sonst etwas, was es gar nicht gibt) umkippten. Im Prinzip geht das, was Brigitte musikalisch veranstalten, nämlich eigentlich gar nicht, denn die meisten der Stücke enthalten mehr Bestandteile und Versatzstücke als manche komplette Musiker-Biographie. Dass es dann doch klappt, liegt natürlich an den Protagonistinnen, die das Mischmasch durch ihre Performances irgendwie zusammenhalten. Dass es ihnen dabei gelingt, das Publikum einzubinden, ist fast schon erstaunlich, denn die Songs sind ganz schön vertrackt, warten immer wieder mit Stops & Gos auf und werden zudem bewusst dramatisch inszeniert.

Dabei hilft eine technisch höchst versierte Band: Sowohl der Gitarrist wie auch der Bassist (!) operierten mit Effektpedalen, die breiter waren als manches Mischpult und schafften es mit Samplern und digitalen Effekten, eine viel größere Version ihrer selbst vorzugaukeln. Im Falle der Extended Version des Single-Hits "Battez Vous" hatte das quasi Bigband-Charakter. Was auf der CD auch nicht so deutlich rüberkommt, wie sich die beiden Freundinnen das vielleicht wünschten, ist der Harmoniegesang, der eigentlich der Grund für das Unternehmen Brigitte gewesen war: Aurélie und Sylvie singen tatsächlich zuweilen wie eine einzige Person - sei es a-cappella, akustisch oder mit der vollen Band im Rücken. Dass die Damen das ganze quasi auf dem zweiten Bildungsweg einrichteten (denn beide versuchten es vorher getrennt in gemäßigt erfolgreichen Projekten), zahlt sich insofern aus, als das den Veteraninnen heute so schnell niemand mehr etwas vormachen kann und sie ganz konsequent ihr eigenes Ding durchziehen. Das äußert sich z.B. dadurch, dass sich das Duo quasi durch die Show schauspielert. Das geht ein wenig auf die Credibility. Selbst Songs mit ernsterem Inhalt wie "Je veux un enfant" kommen so - wenn auch nicht lächerlich, so aber zumindest doch operettenhaft - rüber. Des Weiteren geht es grundsätzlich ziemlich crazy zu auf der Bühne - nicht nur, aber besonders, wenn die Musiker mit allerlei Percussion-Instrumenten zu Gange sind und wie Derwische herumwirbeln. Es ist dies aber eine Art kontrollierter Wahnsinn, in dem es keinen Raum für spontane Aktionen oder gar Fehler gibt: Aurélie und Sylvie haben sich, die Musiker und das Publikum fest im Griff und lassen keine Ausreißer zu. Deswegen wirkt ein Brigitte-Konzert vielleicht auch nicht besonders spontan. Wohl aber immens unterhaltsam. Und: Brigitte klingen - bei aller Bekenntnis zu den französischen Wurzeln - eben nicht wie andere Acts der aktuellen Franko-Szene, sondern haben es geschafft, mit ihrem "anything goes"-Prinzip etwas ziemlich Eigenes zu erschaffen. Und wie gesagt: Etwas, das eigentlich gar nicht geht. Heutzutage ist so etwas sozusagen unbezahlbar.

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Surfempfehlung:
www.facebook.com/brigittemusic
brigittedefrance.tumblr.com
twitter.com/brigittetheband
vimeo.com/53666280
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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