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Konzert-Bericht
 
Rock'n'Roll mit Standpauke

Emily Wells
Mario Nyéky

Köln, Blue Shell
01.12.2013

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Emily Wells
Normalerweise schadet es ja nichts, wenn Support-Act und Headliner musikalisch zusammen passen. Da sich aber das, was Emily Wells auf der Bühne fabriziert, sowieso in keinem gängigen Schema kategorisieren ließe, machte es auch nix, dass den Abend der Kölner Songwriter Mario Nyéky eröffnete. Dieser führte einige der Songs seines ausgezeichneten Debüt-Albums "To The Wind" im Solo-Betrieb auf. Zwar wies der gute Mann mehrfach darauf hin, dass er für gewöhnlich mit seiner Band The Road auftrete, aber im Grunde genommen gehört Mario zu jener Spezies seiner Zunft, die ohne Beiwerk schlicht am besten funktionieren.
Einmal davon abgesehen, dass einige der für Emily Wells angereisten Fans es für notwendig erachteten, sich während Marios Auftritt lautstark plappernd zu begrüßen, schaffte es selbiger alleine mit seiner bemerkenswert einfühlsamen und weichen (also keineswegs lauten) Stimme, seinem wieselflinken und tatsächlich einmal im besten Sinne virtuosen Gitarrenspiel und nicht zuletzt mit den geschickt zusammengesetzten Songs die volle Aufmerksamkeit des interessierten Publikums zu gewinnen. Es gibt ja hierzulande so einige Songwriter, die sich an dem versuchen, was man gemeinhin Americana- oder Folkpop nennt - aber wahrlich kaum einen anderen, der dabei so souverän überzeugt wie Mario Nyéky. Das liegt vor allen Dingen daran, dass der Mann nicht mehr scheinen will als er ist (und schon gar kein Amerikaner): Da trägt einfach jemand seine Songs vor und tut dies auf höchst überzeugende, organische und selbstverständliche Art. Dabei vermeidet Nyéky ebenso die große Geste, die plumpe Anbiederung oder das sichere Klischee (z.B. indem er Swing statt Blues verwendet), sondern bleibt auf sympathische und vor allen Dingen unterhaltsame Art auf dem Boden (bzw. auf dem Stuhl). So lässt man sich moderne Troubadoure gerne gefallen.
Emily Wells hingegen braucht keine Stühle. Sie würde sowieso zwischen allen sitzen, denn mit ihrem Instrumentarium - das neben einem halben Drumkit und einer Geige vor allen Dingen aus Effektgeräten (inkl. Vocoder) und Samplern besteht - schafft sie es, ein Klanguniversum zu erzeugen, wie man es in solch einem Kontext einfach nicht erwartet hätte. Zwischen HipHop, Klassik, Gospel, Avantgarde und klassischem Songwriting ist sie sich offensichtlich für nichts zu schade. "Das ist aber schon Rock'n'Roll" erklärte sie das Ganze aus ihrer Sicht, "es ist zwar keine Gitarre aber dafür schmeiße ich mit Drums um mich." Genau genommen ist das nicht ganz richtig, denn die Perkussion blieb, wo sie war - nur traktierte Emily die eigenartig gruppierte Standpauke, Zimbel, (rückwärts gespielte) Bass- und Snaredrum auf eigentümliche, aber spannende Weise und erzeugte so - in Kombination mit Elektronik, Loops und Samples wirklich außergewöhnliche Rhythmus-Monstren. Etwas überraschend für jene, die Emily nur von ihren Veröffentlichungen her kennen (zuletzt "Mama" und ihre Beiträge zum Soundtrack des Films "Stoker"), war der gewandte und originelle Einsatz der Geige. Obwohl Emily als Instrumentalistin von der Klassik her kommt, wurde auch dieses Instrument mittels Sampler, Synthesizer und Effekten dazu genutzt, babylonische Klangtürme von zuweilen beängstigend orchestraler Qualität zu erzeugen. Das sympathische an der Performerin Emily Wells ist dabei, dass sie nicht auf vorfabrizierte Samples zurückgreift, sondern nahezu alles live erzeugt. Lediglich einige Sequenzen, die man eben nicht parallel zu allem anderen alleine spielen kann, ruft sie von einem Pad aus ab.

Ansonsten überrascht sie dabei gerne mit unerwarteten Konstellationen. So erklärte sie z.B., dass sie aus einem religiösen Elternhaus stamme, wobei ihr Vater und dessen Vorfahren allesamt Prediger gewesen seien. Deswegen habe es in ihrem Zuhause immer nach Gospel und Orgel geklungen. Nachdem sie zunächst mit Punk und Rock dagegen rebelliert habe, schließe sich heutzutage der musikalische Kreis - weswegen sie dem Publikum dann eine Art Gospel-Rap um die Ohren blies. Im Grunde genommen seien ihre Tracks hingegen meistens Liebeslieder bzw. Lieder über Freunde. Zugegebenermaßen erschließen sich die Inhalte von Emilys Songs aber eher über ihre Scheiben - etwa, wenn sie - wie im Falle von Mama - die Songs als Akustik-Versionen darbietet. Live geht es eher um's Party-machen. Da machte es dann aus Sinn, dass sie als letztes Stück die Haddaway Disco-Nummer "What Is Love" in einer - sagen wir mal abrasiven - Hardcore-Variante zelebrierte. Nur um dann in der Zugabe mit einer Art improvisiertem Klassik-Sprengsel zu kontern. Insgesamt überzeugte Emily Wells - auch gesanglich - mit einem Set, wie man es wahrlich nicht jeden Tag zu hören bekommt. Interessant dabei war dann noch der Umstand, dass sie ein höchst gemischtes Publikum anzusprechen scheint, in dem sich nahezu alle konzertfähigen Altersgruppen versammeln.

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Surfempfehlung:
www.emilywellsmusic.com
www.facebook.com/emilywellsmusic
www.marionyekyandtheroad.com
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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Mehr über Emily Wells:
Interview
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Mehr über Mario Nyéky:
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