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Konzert-Bericht
 
Die Magie des Moments

Gallon Drunk
Thomas Truax

Krefeld, Kulturrampe
06.04.2014

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Gallon Drunk
Schon vor dem Konzert ist klar, dass es einiges zu bereuen gab. Nein, nein, nicht etwa das Kommen, denn der Auftritt von Gallon Drunk in der kleinen Krefelder Kulturrampe war eine Wucht, sondern das Fernbleiben am Abend zuvor in Münster - und in all den vergangenen Jahren, in denen wir an dieser Stelle das britische Quartett sträflich vernachlässigt haben. Munter erzählten die Eingeweihten schon vor dem Auftritt vom großartigen Konzert im Gleis 22 am Vorabend, bei dem sich die Band - passend zum brillanten aktuellen Album "The Soul Of The Hour" - etwas zurückhaltender als in früheren Jahren, aber musikalisch umso beeindruckender präsentiert hatte. Dass Gallon Drunk in Krefeld sogar noch einen draufsetzen würden, ahnte da noch niemand. Doch der Reihe nach.
Den Anfang machte Thomas Truax, Soundtüftler, Querdenker und aktuell für die musikalische Bearbeitung der "Peer Gynt"-Aufführung im Dortmunder Schauspielhaus verantwortlich. Mit seinem witzigen Gastspiel in Krefeld unterstrich er, dass er definitiv mehr Daniel Düsentrieb denn Bob Dylan ist, denn es waren fraglos nicht seine (gar nicht mal schlechten) Songs, sondern seine mitgebrachten Instrumente Marke "Experimenteller Eigenbau", die am meisten beeindruckten. Egal, ob er seinen Hornicator bemühte (eine alte Grammophon-Hörmuschel, die Truax mit allerhand zusätzlichen Applikationen zum Klingen brachte), seine liebevoll Mother Superior getaufte Schlagzeugmaschine zum Leben erweckte, bei der je nach Song anders in Fahrradfelgen (!) eingesetzte Stäbe automatisch das Drumming übernahmen, oder sogar einen kleinen Handventilator als eine Art E-Bow für Arme einsetzte - dem Einfallsreichtum des Amerikaners waren keine Grenzen gesetzt. Mehr als einmal sprang er zudem von der Bühne und bespielte so den ganzen Raum von der Theke bis zur Treppe. Musikalisch war es nicht immer einfach, den Gedankensprüngen des Protagonisten zu folgen, ein Heidenspaß war der Auftritt aber trotzdem.
Gallon Drunk waren danach einfach nur fantastisch. Er möge ungeschliffene Momentaufnahmen, hatte uns Vordenker James Johnston vor dem Konzert erzählt - und genau die konnte man auch auf der Bühne der Kulturrampe erleben. Gleich zu Beginn machten die vier Briten klar, wo die Reise an diesem Abend hingehen würde. Der Opener "Before The Fire", auf dem neuen Album immerhin auch schon neun Minuten lang, begann in Krefeld gleich wesentlich rauer mit dreckiger Gitarre statt mit dezentem Piano und bäumte sich am Ende zu einem psychedelischen Orkan auf, der die 12-Minuten-Schallmauer durchbrach. Auch die meisten weiteren Stücke waren getränkt vom Psych-Rock, die einst so prägenden Blues-Anwandlungen beschränkten sich genauso auf ein Minimum wie der Saxofoneinsatz - das Frühwerk "Just One More" war neben "Traitor's Gate" der einzige wirklich alte Song im Set. Damit kam das Quartett musikalisch vielleicht ein bisschen weniger chaotisch rüber als zuvor, Frontmann Johnston tobte sich in Krefeld aber dem Vernehmen nach wesentlich mehr aus als am Abend zuvor in Münster und begeisterte mit einer umwerfenden Performance. Als gälte es, gleichzeitig das Erbe Jim Morrisons und Iggy Pops für sich zu beanspruchen, sprang er über die ganze Bühne, rieb sich an Verstärker und Mikroständer und suchte, als das nicht mehr reichte, den Körperkontakt zu den Fans in Reihe 1 - und das alles, während er sang, schrie und brüllte und dazu noch Gitarre spielte, versteht sich. Seine drei Mitstreiter Ian White am Schlagzeug, Leo Kurunis am Bass und der zumeist vom Saxofon ans Keyboard verbannte Terry Edwards hielten sich dagegen merklich zurück und sorgten für den unglaublich satten Klangteppich, auf dem ihr Frontmann sich wälzen konnte. Am Ende des offiziellen Teils stand nach gerade einmal neun Songs (aber insgesamt 75 Minuten) das "Soul Of The Hour"-Schlussstück "The Speed Of Fear". Aus den knapp sechs Minuten des Albums hatte die Band am Tag zuvor in Münster fast 15 gemacht - in Krefeld waren es sogar sagenhafte 17 mitreißende, von Ian Whites unwiderstehlichem Groove angetriebene Minuten, die sich am Ende in lautem Feedback-Geheul auflösten. Genau so muss Live-Musik sein: ungestüm, unberechenbar - und natürlich höllisch laut.

Völlig erschöpft und nass geschwitzt kürzte die Band daraufhin die Zugabe auf den Kracher "You Made Me" aus dem 2012er-Album "The Road Gets Darker From Here" zusammen. James hatte sich in der Pause seines Hemdes entledigt und mangels Alternativen ein Gallon Drunk-Band-T-Shirt übergestreift - nicht ohne das Publikum daran zu erinnern, dass man ja als Künstler eigentlich nicht die eigenen Devotionalien zur Schau trägt... Nicht nur deshalb: Gallon Drunk haben in Krefeld einfach alles richtig gemacht.

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Surfempfehlung:
www.gallondrunk.com
www.facebook.com/GallonDrunk‎
en.wikipedia.org/wiki/Gallon_Drunk
www.thomastruax.com
www.facebook.com/thomastruax
en.wikipedia.org/wiki/Thomas_Truax
Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-


 
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