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Konzert-Bericht
 
Nicht das ganz große Aha-Erlebnis

Benjamin Booker
Wild Smiles

Dortmund, FZW
10.03.2015

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Benjamin Booker
Egal, wo Benjamin Booker derzeit hinkommt - die hymnischen Kritiken der großen Musikmagazine und Feuilletons auf beiden Seiten des Atlantiks eilen dem gerade einmal 22-jährigen Amerikaner voraus. Er zeige den Black Keys und Jack White, was eine Bluesrock-Harke ist, befand der englische Guardian, und der Evening Standard war sich sicher, dass die Musik des jungen Shootingstars bei allen Widerhall findet, die elementare amerikanische Musik lieben. Spin erklärte Bookers selbstbetiteltes Debüt kurzerhand zu einem Anwärter auf das Album des Jahres, während die New York Times einen lärmigen, unbändigen Mix aus Punk, Bluesrock und Soul hörte. Noch mehr als sein LP-Erstling wurden derweil die Konzerte des Newcomers aus New Orleans abgefeiert. Unter "Offenbarung" ging da nichts. Klar, dass Gaesteliste.de bei seinem vorerst einzigen Deutschland-Termin in diesem Jahr im kleinen Club des FZW in Dortmund dabei sein wollte.
Gut gefüllt ist der Laden im Schatten des Dortmunder Us an diesem Abend, als zunächst einmal Wild Smiles auf die Bühne kommen. Für ihren lärmigen Sound werfen die drei jungen Engländer Surf Music, Drone-Rock, Power-Pop, ein bisschen Shoegazing-Psychedelia und eine ordentliche Portion Grunge in den Mixer. In der knappen halben Stunde, die die Briten im FZW zur Verfügung haben, setzen sie vor allem auf die mitreißende rohe Energie des Seattle-Sounds der frühen 90er und ein extrovertiertes Bühnengebaren, und mehr als einmal glaubt man nicht Chris, Joe und Ben vor sich zu haben, sondern Kurt, Krist und Dave. Vor allem die jüngeren Zuschauer sind im Anschluss restlos begeistert und reißen der Band ihr Debütalbum "Always Tomorrow" am Merch-Tisch praktisch aus den Händen, während viele ältere Semester ob der Zitatfreudigkeit des Trios eher denken: "Been there, done that!"
Wie schon die Vorgruppe zelebriert auch Benjamin Booker seine Musik mit vollem Körpereinsatz. Immer wieder krümmt sich sein Rücken, wenn er sich angespannt nach vorn beugt und mit herrlich rauer Stimme seine persönlich gefärbten Texte ins absichtlich etwas zu tief positionierte Mikro knurrt und dazu seiner feuerroten Stromgitarre herrlich dreckige Klänge entlockt. Allerdings sind Booker und seinen beiden Mitstreitern Alex Spoto (Bass und manchmal Geige) sowie Max Norton (Schlagzeug und bisweilen - gleichzeitig (!) - auch noch Mandoline) auch deutlich die Strapazen der endlosen Tourneen der letzten Monate anzumerken. Kein Zweifel, Booker hat nicht geflunkert, als er bereits letztes Jahr im Gaesteliste.de-Interview gestand, permanent müde zu sein. Für New York oder London hätte er sich vielleicht noch mal richtig motivieren können, womöglich hätte ihm in einem ausverkauften Kellerclub in Chicago oder Paris in einer Freitagnacht der von der Decke tropfende Schweiß auch noch einmal den nötigen Kick gegeben, doch in einem in Beton gegossenen Konzertsaal-Neubau am Rande des Ruhrpotts reicht es an diesem Mittwochabend einfach nicht für das ganz große Aha-Erlebnis. Das wird ganz am Schluss besonders deutlich, denn eine Zugabe, obwohl stürmisch gefordert, die gibt es nicht.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Der Auftritt Bookers in Dortmund war immer noch sehr, sehr gut. Immerhin spielt er sein fantastisches Debütalbum fast komplett, und mit den zur Mitte des rund einstündigen Auftritts eingebauten Coverversionen unterstreicht er, wie groß seine musikalische Bandbreite ist, wenn er bei Furry Lewis' "Falling Down Blues" unplugged in Richtung Hillbilly-Country deutet, sich mit "Little Liza Jane" auf die Spuren von Jazz-Gigantin Nina Simone begibt und mit "Shout Bamalama" dem King Of Soul, Otis Redding, Tribut zollt.

Einen echten Eindruck davon, wie großartig Booker in Bestform ist, bekommen die Zuschauer in Dortmund dennoch erst im letzten Drittel. Das Finale mit "Violent Shiver", "Have You Seen My Son?" und "By The Evening" ganz zum Schluss ist so, wie man sich den ganzen Auftritt gewünscht hätte: rau, wild, kompromisslos, ganz einfach umwerfend. Wäre doch nur der ganze Abend so gewesen!

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Surfempfehlung:
www.benjaminbookermusic.com
www.roughtraderecords.com/benjaminbooker
www.facebook.com/benjaminbookerNOLA
www.wildsmiles.co.uk
www.facebook.com/WILD.SMILES.the.band
Text: -Simon Mahler-
Foto: -Simon Mahler-


 
 

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