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Überschätzt cool

Sarah Jaffe

Köln, Die Wohngemeinschaft
22.11.2016

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Sarah Jaffe
Angesichts dessen, dass die Texanerin Sarah Jaffe (außer einer digitalen EP namens "Visions") keine aktuellen Tonträger zu bewerben hatte, in Deutschland bisher keine Promo-Repräsentation erfahren hat und bislang nur ein Mal (vor sechs Jahren als Support von Midlake) in unseren Breiten unterwegs gewesen ist, war die Kölner Wohngemeinschaft bei dem Konzert ihrer ersten Headliner-Tour dann doch erstaunlich gut (genau gesagt: bis auf den letzten Platz) gefüllt. Irgendwie, so scheint es, finden also auch Indie-Künstler(innen) wie Sarah Jaffe den Weg zu ihren Fans - wenn nur die Musik interessant genug ist. Und das ist bei Sarah Jaffe zweifelsohne der Fall, denn es gibt kaum eine Musikerin in einer vergleichbaren Position, die liberaler mit musikalischen Stilen hantiert, als eben Sarah Jaffe.
Sarah, die ihre Laufbahn eigentlich als konventionelle Singer-/Songwriterin mit der akustischen Gitarre begann, bevor sie dann im Folgenden dann geradezu visionär alles umarmte, was ihr stilistisch geeignet erschien, ihre persönlich gefärbten Songs zu Gehör zu bringen, kehrte auf dieser Solo-Tour sozusagen zu ihren Wurzeln zurück. Denn anstatt - wie auf ihren letzten Tonträgern - mit Elektronik, Computertechnik, orchestralen Klangflächen, Beats, Loops, Samples und Bandkonstellationen aller Couleur zu hantieren, stellte sie sich hier sozusagen in Reinkultur dem Publikum: Alleine bewaffnet mit einer akustischen und einer elektrischen Gitarre präsentierte sie ihre Songs in der reinstmöglichen Form. Am Besten geeignet, das, was Sarah eigentlich macht, in Worte zu fassen, ist vielleicht ihr Song "Clementine". Dieses Stück, das sie bei der Show ihrer Mutter Malia widmete (die den Song - wie viele andere auch - besonders mag (obwohl Sarah das nicht verstehen kann, weil sie den Song dereinst so schnell schrieb)), erschien zunächst in Form einer Americana-Version auf dem Album "Suburban Nature", dann als Piano-Ballade auf der EP "The Way The Sound Leaves The Body". Bei dem Konzert in Köln spielte sie den Song nun wieder als Ballade - aber auf der elektrischen Gitarre, die sie indes spielte wie eine akustische Gitarre. Will meinen: Bei Sarah Jaffe ist der musikalische Stil nur ein Mittel, aber nie der Zweck - und somit eigentlich auch nicht besonders wichtig. Im Zentrum stehen stets alleine die Songs.
Der relativ spröde, aber auch betont ungekünstelte Vortrag Sarahs hat mehrere Ursachen. Zum einen berichtete sie nämlich vor der Show, dass sie sich im Studio wesentlich wohler fühle als auf der Bühne - weswegen sie deshalb dort immer einer gewissen Spannung ausgesetzt sei. Dies äußerte sich dann zum Beispiel darin, dass sie meistens konzentriert mit geschlossenen Augen sang und nur wenig Zeit mit Ansagen und Späßchen verbrachte. Dann ist es natürlich so, dass sie als Texanerin zweifelsohne ein anderes Publikum gewohnt ist als das Deutsche. Dass nämlich die Zuschauer während des Vortrages aufmerksam zuhören, so dass eine fast unheimliche, andächtige Stille herrscht, fand sie nämlich offensichtlich zunächst irritierend - obwohl es ihr am Ende dann doch gefiel. "Jede Faser meines Körpers möchte diese Stille unterbrechen", meinte sie während einer ihrer Stimmpausen, "aber es ist andererseits auch sehr schön." Und dann kommt noch ein Aspekt den Vortrag betreffend hinzu: Sarah legt nämlich keinen besonderen Wert darauf, cool rüberzukommen. Tatsächlich hat sie über dieses Thema den Song "Overrated" geschrieben, in dem es darum geht, dass eben das "cool zu sein" ziemlich überschätzt sei.

Was das Programm betraf, so waren natürlich insbesondere die Songs von Interesse, die auf den Tonträgern - etwa ihrer letzten CD "Don't Disconnect" in aufwendigen, elektronischen Band-Arrangements zu hören sind und nun von Sarah auf ihre wesentlichen Elemente eingedampft wurden. "Defense" oder "Slow Pour" waren Beispiele für solch ein Treatment. Aber auch Songs, wie das ältere "Pretender", die im Original mit zwar organischen, aber orchestralen Arrangements daher kommen, funktionierten im reduzierten Setting (nicht zuletzt dank Sarahs effektiven Umgang mit der Dynamik) - was für ihre Übersicht als Songwriterin spricht - und gegen das Verknüpfen von Songs mit fixen Arrangements. Zur Zeit arbeitet Sarah - dieses Mal wieder mit einer Band - an einem neuen Album, das im nächsten Jahr erscheinen soll. Bei der Verabschiedung des Publikums versprach sie dann auch, dass es nicht wieder sechs Jahre dauern solle, bis sie wieder bei uns aufschlagen wolle. Das wäre schön - denn ihr Publikum hat Sarah Jaffe ja wohl bereits gefunden.

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Surfempfehlung:
sarahjaffe.com
www.facebook.com/SarahJaffeMusic
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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