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The Only Way Is Up!

Lewis & Leigh
Bryde

Düsseldorf, The Tube
19.01.2017

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Lewis & Leigh
Zwar standen Alva Leigh und Al Lewis bei ihrer Show im Düsseldorfer Tube erst am Anfang ihre ewig langen Europa-Tour - aber das Schlimmste war schon überstanden: Nämlich der im englischen Sprachraum seit 2005 gebräuchliche "Blue Monday" - der mit der mathematischen Formel (C x R x ZZ)/((Tt + D) x St) + (P x Pr) > 400 errechnete deprimierendste Tag des Jahres. Danach könne es ja nur noch besser werden - so Al: "The Only Way Is Up!". In etwa galt das auch für das Konzept der Show des amerikanisch/walisischen Duos - indem nämlich die besten Tracks der beiden Songwriter-Kollegen tatsächlich am Schluss der Show gegeben wurden.
Zunächst ein Mal durfte eine Freundin und Landsfrau von Al - die Co-Waliserin Sarah Howells (besser bekannt als Hälfte des Folk-Pop-Duos Paper Aeroplanes) die Show eröffnen. "I am Bryde", erklärte sie zu Beginn des Sets ihren Projektnamen als Solo-Künstlerin, "but you can call me Sarah." Dazu hatte sich die mit einer elektrischen Gitarre solo agierende Songwriterin eine Beleuchtung in purem, blauen Licht gewünscht. Das muss man als Geschmacksäußerung akzeptieren - wenngleich es dazu führte, dass Sarah so natürlich etwas kränklich/schlumpfig rüberkam. Wie auf ihren beiden bislang erschienenen EPs beschränkte sich Sarah hier tatsächlich auf das absolut notwendige Minimum - nämlich Gesang und Gitarrenspiel. Dabei präsentierte sich Sarah auf der einen Seite als extrem delikate Gitarristin, die ihre Stratocaster-Type-Custom-Gitarre sehr feinsinnig und auf spieltechnische Details bedacht bediente. So dämpfte sie zum Beispiel nicht genutzte Saiten mit dem Zeigefinger, fing geschickt kontrollierte Feedbacks songorientiert ein oder setzte dezidierte Akzente, um zum Beispiel Songs dramatisch zu beenden oder zu beginnen. Andererseits überraschte sie dann im allgemein melancholisch-balladesken Ambiente mit gelegentlichen Rock-Ausflügen, bei denen sich eine fast grungige Dramatik Bahn brach. Insgesamt kamen Sarahs - nicht zwangsläufig auf eine gefällige Melodie ausgerichtete - Songs etwas spröde und linear daher. Das liegt aber am gewählten Setting. Hier wäre vielleicht mal anzudenken, gelegentlich zu einer akustischen Gitarre zu greifen. Andererseits möchte sich Sarah aber verständlicherweise von ihrem Paper Aeroplanes Image absetzten - denn momentan hat sie vor, sich als Solo-Künstlerin einen Namen zu schaffen. Schlecht war das aber natürlich nicht und passen tat es ansatzweise auch zu dem, was dann folgte.
"Hallo, ich komme aus dem Staate Mississippi", stellte sich Alva vor, "und dort ist es sehr viel wärmer als hier." - "Und ich komme aus Wales" ergänzte Al, "und dort ist es nicht sehr viel wärmer als hier." Damit war das Setting denn auch musikalisch abgesteckt, denn im Folgenden gab es einen coolen Mix aus amerikanisch geprägten Americana-Sounds und gälisch geprägten Folk-Elementen. Kein Wunder, dass das Duo seinen Stil auch scherzhaft als "Celticana" bezeichnet. Obwohl beide zuvor als Solo-Musiker in Nashville gearbeitet hatten, kam das Projekt erst zustande, als Alva mit ihrem Mann nach London zog und dann auf Al traf, der ursprünglich nach jemandem suchte, mit dem er Songs für sein nächstes Solo-Album schreiben könnte. Das Ganze funktionierte dann aber so gut, dass man beschloss, es als gleichberechtigtes Duo zu versuchen. Das Interessante bei all dem ist dann der Umstand, dass sich Alva und Al dabei insbesondere stimmlich so ideal ergänzen, als musizierten sie schon seit Jahrzehnten gemeinsam zusammen. Und das, obwohl Alvas und Als Stimmen und der Vortragsstil sehr unterschiedlich sind. Al zum Beispiel trägt seine Parts mit stoischer Gelassenheit und ziemlich cool mit seinem sonorem Organ vor, während Alva ihre Parts geradezu inbrünstig und unterlegt von expressiven, fast theatralischen Gesten eher auslebt als vorträgt (was vielleicht ihrem Nashville/Gospel-Background geschuldet ist). Wie gesagt ergibt sich dadurch aber eine faszinierende Einheit, bei der zumindest emotional die verbindenden Elemente überwiegen.

Das Ergebnis sind dann zum Beispiel solche Songs wie "Rubble", in denen - auch inhaltlich - das Beste aus den beiden doch relativ unterschiedlichen Welten von Lewis & Leigh thematisiert wird. Das Prinzip setzt sich auch bei anderen Stücken - wie zum Beispiel dem Quasi-Titeltrack "Keep Your Ghost" fort, indem es etwa sowohl um die Opfer des Hurricane Katrina geht, wie auch um stillgelegte Kohleminen in Wales. Kurz gesagt: So etwas hat es bisher schlicht noch nicht gegeben. Nicht, dass Alva und Al darum ein besonderes Aufheben machen: Sie tragen ihre Songs mit einer Selbstverständlichkeit vor, die jeden Widerspruch um Keime erstickt. Die Arrangements des Debütalbums - die sich übrigens angenehm von Americana-Klischess auf der einen Seite und Folk-Klischees auf der anderen fernhalten - wurden natürlich für den Live-Kontext stark eingedampft. Al spielt entweder eine akustische Gitarre oder eine Gibson-Jazzgitarre, mit denen er Stile wie Rock, Blues, Ragtime, Country oder Swing mühelos emulieren kann und Alva singt dazu hauptberuflich. Nur gelegentlich akzentuiert sie diverse Tracks mit Keyboard-Sounds, Bassläufen oder zwei Mal mit einem elektronischen Drumpad. Gelegentlich kommen so quasi-Pop-Songs wie "Heart Don't Want" oder "Heartbeat" zustande - öfter jedoch bleibt es bei klassischen Folksettings wie zum Beispiel bei der Ballade "Whiskey & Wine". Am Ende bleibt der Eindruck, dass weniger dann im Live-Kontext tatsächlich mehr ist. Zwischen der Songs parlieren Alva und Al ungezwungen und ungescripted mit dem Publikum, erzählen von ihren Reiseabenteuern, kokettieren mit ihren Deutsch-Kenntnissen ("'Nacht' und 'Nackt' sind unterschiedliche Worte") oder erzählen, worum es in ihren Songs geht: "Der nächste Song ist ein lustiges Lied über Teenage-Schwangerschaften" kündigte Al etwa den Song "Only Fifteen" an. Kurzum: Existierte das Projekt Lewis & Leigh nicht bereits, müsste man es dringend erfinden - denn sehr viel nonchalanter und sympathischer kann man sich als musikalisch bestens koordinierter Live-Act im Duo-Setting kaum präsentieren.

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Surfempfehlung:
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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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Mehr über Lewis & Leigh:
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