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Girls Just Wanna Have Fun

The Big Moon
1000 Gram

Köln, Blue Shell
10.05.2017

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The Big Moon
Es gibt diese Momente, wo einfach alles passt: Tatsächlich gelang es den vier Damen des Londoner Quartetts The Big Moon ihr Deutschland-Debüt mit dem kalendarischen Vollmond als gutes Omen zu koordinieren. Natürlich nicht absichtlich - aber immerhin. Unnötigerweise hatte man es seitens des Booking für notwendig befunden, den Gig der Mädels mit einem weiteren Rock-Act als Support zu kombinieren. Unnötigerweise deshalb, weil das Konzert eh erst für 21 Uhr angesetzt war und obendrein aufgrund einer Disco der Curfew für 23 Uhr bestimmt war - wodurch sich die reine Spielzeit von The Big Moon auf gerade mal eine knappe Stunde reduzierte (die es allerdings in sich hatte).
Zudem passte das, was die Berliner Band 1000 Gram bot, bestenfalls was die kanalisierte Energie betraf, in etwa zu dem, was The Big Moon im Folgenden boten - ansonsten gab es da nur Unterschiede: 1000 Gram machen größtenteils melodielosen, konstruierten, spröde/stachelig/männlichen Testosteronrock, während es bei The Big Moon größtenteils melodischen, lebhaften, empathisch/warmherzig/weiblichen Östrogenrock zu hören gibt. Wie das so oft ist: Sicherlich sind Moritz Lieberkühn und seine Mannen technisch auf der Höhe ihrer Kunst - aber der abstrakte Charakter ihrer standardisierten College-Rock-Songs macht es dem Zuhörer (abgesehen von der kinetischen Energie, die die Herren ausstrahlten) schwer, dem ganzen konzentriert zu folgen - zumal die Performance sich auf einige ungelenke und nicht wirklich amüsante Ansagen und einige Momente beschränkte, in denen die Herren sich mit verkniffenen Gesichtsausdrücken mit ihren Instrumenten zu Boden beugten - was aussah, als wollten sie Noten aus denselben schütten, um die Intensität ihres Tuns zu demonstrieren.
Ganz anders verhielt sich das bei The Big Moon. Hier ging es nämlich einfach darum, eine einzige große Party zu feiern. Zusammenhängen tut das vermutlich mit dem Umstand, dass The Big Moon eine Band ist, die sich aus den richtigen Gründen zusammengefunden hat: Frontfrau Juliette "Jules" Jackson hatte keine Lust mehr, als Kellnerin in London ihr Auskommen zu suchen, sondern wollte lieber Songs über Roboter und die vierte Dimension schreiben und suchte hierzu Gleichgesinnte, um aus Spaß an der Freude eine Band zu gründen. Und dieser Spaß - dass muss einem der Neid schon lassen - ist bis heute der treibende Faktor, der die Sache am Laufen hält. Dabei kommt es eben nicht darauf an, dass hier jeder Ton ganz genau da sitzt, wo er hingehört oder dass eine besondere Art von Virtuosität zelebriert werden soll. Was hingegen offensichtlich zelebriert werden soll ist Freundschaft, Gemeinsamkeit (auch mit dem Publikum) und Lebensfreude. Dazu ist den Mädels jedes Mittel recht. Vor allen Dingen Jules Jackson machte sich einen Spaß daraus, sich mit dem Publikum auf eine Stufe zu stellen - und zwar durchaus auch im wörtlichen Sinne: Gleich bei mehreren Gelegenheiten bemühte sich sich an den Bühnenrand oder ins Auditorium, um dort - mit und ohne Gitarre - zusammen mit den begeisterten Fans abzuhotten. Diese bestanden - wie fast schon nicht anders zu erwarten - in der Frontrow aus jungen Damen, die die vor Selbstbewusstsein geradezu platzenden Musikantinnen weniger anhimmelten als vielmehr feierten. "Ihr seid der beste Moshpit, den wir bisher gesehen haben", meinte Jules (die sich die Kommunikation mit dem Publikum mit Bassistin Celia Archer teilt) dann auch mehrfach lobend.

Dabei haben The Big Moon die von ihnen bevorzugte Mischung aus Grunge-, Schrammel- und Garage-Rock nun wahrlich nicht selbst erfunden. Sie fühlen sich in der Gemengelage aber dermaßen wohl, dass das nun überhaupt keine Rolle spielt. Stilistische Feinheiten gingen in dem überbordenden Hin und Her auf der Bühne sowieso verloren. Außer vielleicht der Tatsache, dass sich The Big Moon nicht auf US-amerikanische Song-Traditionen berufen, sondern deutlich machen, woher sie kommen. Bei einigen Songs kann man - wenn man möchte - englische Musiktraditionen (vom Beat über den Pub-Rock bis hin zum Skiffle (z.B. bei den Intros von "Cupid" oder "The End") - heraushören: Lediglich der rockige Overdrive kommt da als Hommage an den Grunge-Sound zum Tragen. Und: The Big Moon machen sich die Mühe, ihre Songs ordentlich auszuformulieren - mit knackigen Hooklines, Melodien und Riffs, die die Songs zuweilen komplexer machen, als sie im fröhlichen - zuweilen auch ein wenig albernen und mit ironischer Grandezza übertriebenen - Miteinander auf der Bühne rüberkommen. Natürlich bestand das Set vorwiegend aus den Titeln der Debüt-CD - glänzte aber mit einigen Besonderheiten. So gab es gleich zu Beginn die neue Single "Nothing Without You", das Madonna-Cover "Beautiful Stranger" (das allerdings in der dargebotenen New-Wave-Rock-Version-Form nun wirklich ein fast beängstigendes Eigenleben entwickelte) und - als verstecktes Highlight der Show - den B-Seiten-Titel "Something Beautiful", ein Song, den - so Jules - die Band noch nicht so oft aufgeführt habe. Was daran liegen mag, dass es auf diesem Stück keine Gitarren gibt. "Weg mit dem Ding", meinte Jules scherzhaft zu Gitarristin Sophie Nathan, während Celia eigens ein Keyboard hervorkramte und selbst Drummerin Fern Ford die Tasten drücken musste.

Die populärsten Songs - wie "Bonfire" und "Sucker" hatten sich die Mädels zum Schluss aufgehoben - und natürlich ging es dabei noch ein Mal hoch her: Jules stürzte sich mit einem Mikro ins Auditorium und bewog die Fans, die der Lyrics mächtig waren, ihren Beitrag zu leisten - während die hysterischsten der vorgenannten Mosh-Pit-Betreiberinnen bei "Sucker" die Bühne stürmten. Keine Frage: The Big Moon erfüllen ihre Aufgabe, den Rock'n'Roll für ihre Generation neu zu entdecken auf eine sympathische, anschauliche Art und mit viel Spaß an der Freude, Bravour und Hingabe. Das hat auch ihre Kollegin Marika Hackman erkannt, die die Damen kurzerhand als Band für ihre neue, kommende CD "I'm Not Your Man" engagierte...

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Surfempfehlung:
thebigmoon.co.uk
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1000gram.com
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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