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Calexico Light Plus

Calexico

Köln, Christuskirche
10.12.2002

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Calexico
Zu einem ganz speziellen Event luden Joey Burns & John Convertino, verstärkt um Bassist Volker Zander (was den Titel dieses Textes hinreichend erklären sollte), am 10.12. in die Christuskirche am Kölner Stadtgarten. Ganze drei Monate vor der Veröffentlichung des neuen Albums, "Feast Of Wire", nutzten Joey und John die Gelegenheit, dass sie an diesem Tage für Interviews in Köln weilten, ihr neues Programm in kleinem Rahmen bereits der erstaunten Öffentlichkeit zu präsentieren. Dass Joey gerade an diesem Tage auch Geburtstag hatte, dürften nur die wenigsten mitbekommen haben - denn darum macht er keinerlei Aufhebens. (Ganz im Gegenteil: Der schönste Geburtstag sei für ihn einer gewesen, an dem er alleine zu Hause gewesen sei - sagte er). "Ich hatte diese Vision, dass ich euch alle mit einem Schuss Tequila begrüßen wollte, als ich heute morgen aufwachte", begrüßte er das Publikum statt dessen, "dann wurde mir allerdings klar, dass wir heute in einer Kirche spielen würden und da dachte ich mir, ich bleibe lieber beim Wein." Leider gab's dann weder das eine noch das andere. Doch das nahm ihm sicherlich niemand übel.
Obwohl EinsLive irrigerweise vermeldete, dass das Konzert abgesagt sei (lediglich Trompeter Martin Wenk konnte aufgrund einer Erkältung nicht mit tun) war die Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt - obwohl es barbarisch kalt war. Ein Calexico-Konzert ist ja unter anderem deswegen immer eine spannende Angelegenheit, weil man nie so genau weiß, was einen denn nun erwartet. Das wissen übrigens die Musiker auch nicht. "Auch wenn es öfter erscheint, als seien die Sachen abgesprochen", erklärte Joey dieses Prozedere, "meistens ist es nicht so." Zugegeben: Es gibt eine Setlist - diese ist jedoch eher eine Art Einkaufszettel im Supermarkt der Möglichkeiten. Mehr noch: Mittlerweile betrachtet er diesen Umstand als das Element der Balance in der Musik von Calexico. Am wenigsten scheint dies John Convertino zu beeindrucken, der ungerührt alles kongenial ergänzt, was Joey ihm an Bröckchen hinwirft. Es war schon faszinierend, diesen ungemein vielseitigen und konzentriert zu Werke gehenden Schlagwerker einmal aus der Nähe betrachten zu können. (In der großen Besetzung droht er ja optisch immer ein wenig im allgemeinen Tumult unterzugehen). Oft mit geschlossenen Augen und mittels einer Unzahl verschiedener Drumsticks - hauptsächlich aber mit Besen - traktiert Convertino das Schlagzeug auf seine ganz spezielle Manier. Da gibt es keine Unsicherheiten, keine verpassten Möglichkeiten, kein Zögern, keine Aussetzer - im Gegenteil: Convertino findet noch Gelegenheit, während des Spielens eine gelöste Zymbel mit einer Zange wieder festzuschrauben. Ähnlich kongenial reagiert auch Volker Zander auf jede Nuance, die sich im allgemeinen Flow andeutet. Es scheint gar, als ahne er mittlerweile, was Joey als nächstes vor hat und reagiere präventiv darauf. Auch Volker ist ein ungemein vielseitiger Könner auf seinem Gebiet. So gelingt es ihm mühelos, einen mexikanischen Gitarroon-Spieler zu imitieren (das sind diese überdicken Bassgitarren), elegante Jazz-Soli hinzulegen und genausogut mit dem Bogen Streicherparts anzudeuten - teilweise auch alles gleichzeitig. Joey, der bei diesem Auftritt im kleinen Rahmen etwas freier mit dem Songformat umgehen wollte, nutzte die Gelegenheit mittels langer Instrumentalpassagen die Möglichkeiten ins Extreme auszuloten. Die neuen Stücke, wie z.B. "Sunken Waltz", "Stevie Nicks" oder das grandiose "Black Heart" (das war das letzte Stück, das an diesem Abend gespielt wurden) sagten selbstredend dem Publikum nicht unbedingt etwas (sofern man die Tracks nicht von anderen Konzerten her wieder erkannte). Es sei nur so viel angemerkt: Sie wurden in z.T. radikal anderen Versionen gespielt. Was daran liegt, dass die dort gespielten Album-Versionen auch wieder nicht unbedingt die definitiven sein werden, denn die Musik von Calexico hat ein ganz spezielles Eigenleben. Gerade das ist aber auch ein Moment, der den Spaßfaktor eines Claexico-Konzertes bestimmt. Hat man hier nicht JEDES MAL das Gefühl, die Hälfte der Songs NOCH NIE gehört zu haben? Nun, das liegt sicherlich daran, dass Burns / Convertino mit die empathischsten Song-Verbieger sind, die man sich denken kann. So haben Calexico Cover-Versionen - zumindest musikalisch - nicht unbedingt irgend etwas mit den Originalen zu tun. Wenn es jemanden gibt, der das Augenmerk durch Verändern der Perspektive trefflich auch bislang unbeobachtete Aspekte des jeweiligen Stückes zu lenken weiß, dann sind das Calexico. So auch dieses Mal. Das relativ obskure Ink Spots Stück "When The Swallows Come Back To Capistran" war - wenn überhaupt - nur noch am Text zu erkennen. Und gerade der ist ja das zentrale Element des Stückes. Auch Woody Guthrie's "Bound For Glory" hatte man sooo sicherlich noch nie gehört. Joey erzählte noch, dass man z.B. bei dem Konzert im Sommer in der Kantine das Big Star Stück "The Ballad Of El Goodo" nur deswegen gespielt hatten, um mal zu zeigen, dass es möglich ist - und weil es ein großartiges Stück sei; wenn auch eine zugegeben ungewöhnliche Wahl.
Alles was recht ist: Das klingt wie die Einleitung aus dem Lehrbuch "Wie man Cover-Versionen richtig auswählt." Mit dieser Einstellung - und diesem Ergebnis zeigten Calexico wieder einmal, dass sie - egal in welcher Situation oder Inkarnation - zweifelsohne zu den selbstverständlichsten, organischsten und originellsten Acts unserer Zeit gehören. (Und dabei gleichzeitig mit allen vier Beinen fest auf dem Boden der Integrität verblieben sind). Wenn man nach jemandem sucht, dem man das Prädikat "Beste Band der Welt" verpassen möchte, dann sollte man zumindest mal an Calexico denken.

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Surfempfehlung:
www.casadecalexico.com
www.sa-wa-ro.com/Calexico-Pages/calexico-albums.htm
www.giantsand.com
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
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