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Konzert-Bericht
 
Little Quadrophenia

Maria McKee
Amy Antin

Köln, Stadtgarten
08.05.2003

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Maria McKee
Wie schön, dass so was überhaupt noch möglich erscheint: Da haben wir also eine Künstlerin, die immerhin zehn Jahre lang ein recht beschauliches Leben auf einem Major-Label geführt hatte, und die dann - nach siebenjähriger Auszeit - quasi noch mal von vorne anfängt, eine selbst produzierte CD im Eigenvertrieb herausbringt und auf einer SELBST FINANZIERTEN Tour mit lediglich zwei Deutschland-Daten ausgerechnet in Köln aufschlägt! Was vielleicht auch damit zusammenhängt, dass Maria McKee auf Köln steht und sich auf ihren freien Tag dortselbst vielleicht sogar noch ein bisschen mehr freute, als vor ca. 60 Hardcore-Fans zu spielen, die trotz aller Unbillen den Weg in den Stadtgarten gefunden hatten?!?
Wie dem auch sein mag: Die "Vorgruppe" war an diesem Abend Amy Antin - eine ihres Zeichens in Köln gestrandete US-Lokalgröße. Amy macht zerbrechliche, verletzliche ("vulnerable") Songs, die sich auf intelligente, aber dennoch unterhaltsame Art mit den Unzulänglichkeiten und Missverständnissen des Lebens auseinandersetzen. Was nicht unbedingt ein Widerspruch sein muss, wie sie belegt, aber eben oft einer ist. Vor dem Konzert erklärte uns Amy noch, warum wir deutschen Rezensenten (sie sagte "Kritiker", aber das wollen wir ja nicht sein) amerikanische Songwriter eigentlich gar nicht so richtig beurteilen können: Weil wir nämlich, als nicht native Sprachfreunde des Anglophilen, die feinen Sprachnuancen und Zwischentöne - deren sie selbst sich mit Vorliebe bedient - nicht so recht zur Beurteilung heranziehen könnten. Danke Amy! Das ist zumindest mal ein Ansatz, mit dem man sich gedanklich auseinandersetzen kann. Funktioniert aber auch umgekehrt, dann nämlich, wenn Amy zwischen ihren Klassikern wie "Darkness" oder eleganten neueren Songs wie "Kickin' Cages" (Nuance!) ihren Gassenhauer "Küche, Diele, Bad" spielt, bei dem Sie mit der deutschen Sprache experimentiert. Beim Publikum kam Amys Mischung aus subtiler Introspektive und ironischem Mutterwitz jedenfalls gut an - auch, wenn sie überproportional darstellte, dass das Vorgruppendasein nicht so ganz ihr Lebensziel sei. Wir warten denn derweil ungeduldig auf die schon lange überfällige neue Scheibe mit Band.

Maria McKee - die von ihrer langen Auszeit mindestens ebenso überrascht zu sein scheint, wie viele ihrer Fans - formulierte dann einen Satz, der eigentlich alles weitere erklärte: "Bruce Springsteen ist im Prinzip dafür verantwortlich, dass ich überhaupt hier stehe", sagte sie nämlich, nachdem sie dessen "Candy's Room" in einer kraftvollen, aber technisch unausgegorenen Version gerade so eben nicht gegen die Wand gefahren hatte. "Ich wollte nämlich immer schon eine Mischung aus Theater und Rockmusik machen und Bruce hat mir gezeigt, dass das möglich ist." Das war aus verschiedenen Gründen interessant. Zum enen sprach hier endlich mal jemand aus, was viele so gar nicht denken: Dass nämlich der Boss - besonders der grimassenziehende Poser-Boss - vor allen Dingen auch ein guter Schauspieler (Regisseur, Dramatiker, Drehbuchautor und Produzent) ist. Zum anderen aber wurde klar, dass an diesem Abend die wirkliche, echte, wahre Maria McKee auf der Bühne stand. Und das ist eben weder die unfertige Vorsängerin von Lone Justice, noch die Frau, die in der Folgezeit zwei sehr unausgegorene, richtungslose und im Vergleich auch schwache Solo-Alben ablieferte, bevor sie dann mit "Life Is Sweet" zu einer eigenen Linie fand - was indes ihr vorerst kommerzielles Aus bedeutete. Beweis: Nicht nur der ausgezeichnete Tour-Drummer outete sich bei dieser Show als Fan von The Who. Das tat auch Maria, die im Gespräch gar einräumte, dass sie sich die Ur-Brit-Popper als Inspirationsquelle ausgesucht habe, weil diese die logischste Verbindung von konzeptioneller Dramatik und Rock-Power erfunden hätten. Ergo gab es bei diesem Konzert auch bloß dergestalte Stücke - von "Life Is Sweet" und dem neuen Album "High Dive" - mit einer Ausnahme: "Breathe", dem stärksten Song ihres ersten Solo Albums. (Der Lone-Justice-Song "Shelter", den sie auf dieser Tour auch gelegentlich zum Besten gab, wurde nur kurz im Soundcheck angespielt [bei dem sich Little Diva als rechte Scherzkeksin erwies und mit schmetterndem Operngesang reüssierte]). Der Abend wurde also keineswegs zu jener rührseligen Veranstaltung, die sich alte Fans vielleicht erwartet hätten. Warum auch: Wenn man schon sein persönliches Vermögen aufs Spiel setzt, um sich künstlerisch zu verwirklichen, dann muss man ja nicht unbedingt gerade das bringen, wovon man selbst nicht mehr so recht angetan ist. Von den ersten Takten von "Scarlover" an bis zum letzten Akkord des als einziger Zugabe gegebenen akustischen "Life Is Sweet" gab es also die neue, rauere und absolut nicht sentimentale Maria. Energisch war sie, ein wenig fahrig, dramatisch, mit einem Schimmer von Wahnsinn im Blick, aber eben nicht sentimental.

Leider war dieses Ereignis dann aber nicht so gut, wie es hätte sein können. Das hatte mehrere Gründe und die hatten nichts mit Maria selbst zu tun: Der Sound war - gemessen am beim Soundcheck betriebenen Aufwand - eher dürftig. Marias Stimme - nach der sicherlich ganz richtigen Meinung ihres Ehemannes und Bassisten Jim Akin - zentraler Dreh- und Angelpunkt jeglichen Tuns, war zumindest bei diesem Konzert eben nicht Dreh und Angelpunkt, sondern ein unstetes Element im Soundmix. In diesem gingen neben Jims sensiblen und ausgezeichneten Bassspiel unter anderem auch die Bemühungen der mitgebrachten Keyboarderin sowie die gelegentlich per Harddisk eingespielten Arrangements der neuen Tracks verloren. Zu diesen gehörte Marias derzeitiger Favorit "Be My Joy", der hier beinahe zur gelungenen Operette geriet indem Maria zu Streichern und Saxophon-Samples "Ad-Libte". Das größte Manko indes war das unkonkrete, aber laute Tun des Gitarristen, der nicht nur seine Einsätze und Noten des Öfteren verpasste, sondern der obendrein seine Parts vollkommen trocken - also ohne Effekte - und ziemlich hakelig - also ohne Feeling - einbrachte. Sehr viel besser machte das seine Chefin, die mit ungestümer Eleganz nach wie vor eine recht passable Rock-Gitarristin abgibt - und zwar eben mit Effekten und Feeling. Eine mitgebrachte Steel Gitarre kam aber leider überhaupt nicht zum Einsatz. Während also die Performance als solche eher zu wünschen übrig ließ (und ohne die beiden Zusatz-Musikanten sicherlich effektiver hätte gestaltet werden können) waren Marias Gesang - insofern man ihn hören konnte - sowie die Songs selbst über jeden Zweifel erhaben. Die neuen Tracks - "High Dive", "Be My Joy", "In Your Constellation” oder "To The Open Spaces" kamen auch ohne die reichhaltigen Arrangements der aktuellen CD zurecht - obwohl sie dadurch indes nicht unbedingt besser, sondern eben anders klangen. Zudem passen diese Songs stilistisch eher zu Stücken wie "This Perfect Dress", "Absolutely Barking Stars" oder "I'm Not Listening" von "Life Is Sweet". Da nun letzteres Album NICHT MEHR und "High Dive" NOCH NICHT zu haben war/ist bekamen die Zuhörer eigentlich lauter Zeug zu hören, das viele nicht kannten. Ein interessanter Ansatz. Überhaupt darf man sagen, dass dieses Konzert eine künstlerisch und konzeptionell konsequente und runde Sache war. Hoffentlich gelingt Maria - ähnlich wie Aimee Mann - mit der Indie-Schiene und dem großartigen neuen Album ein kommerziell ähnlich erfolgreicher Coup. Zu wünschen wäre es, denn mit Maria McKee nennen wir nach wie vor eine der großartigsten Stimmen der Rockmusik unser eigen, die auch eine (trotz eigener diesbezüglicher Bedenken) interessante und ungewöhnliche Songwriterin ist.

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Surfempfehlung:
www.mariamckee.com
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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