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Konzert-Bericht
 
Anything Goes

The Sleepy Jackson
Klitpop

Köln, Prime Club
06.11.2003

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Sleepy Jackson
Woran liegt es eigentlich, dass eine Band zum Mega Hype wird oder - wie in diesem Fall - eher nicht? Jedenfalls nicht an der Presse - die war hier wie in England stets wohlwollend für den Australier Luke Steele und seine Band Sleepy Jackson - und auch nicht an der Musik: Das Debüt-Album "Lovers" gehört jedenfalls mit zu den kurzweiligsten und stilistisch vielfältigsten Überraschungen am Gitarrenpop-Himmel des laufenden Jahres. Vielleicht ist es ja diese musikalische Unbedarftheit und Unberechenbarkeit, mit der Steele seine Stücke nach dem "Anything Goes"-Verfahren (seine eigene Bezeichnung hierfür) zusammenschustert, die den gewöhnlichen Musikfan ein wenig überfordert. Oder anders ausgedrückt: Wenn nicht die wackere Band Klitpop aus Köln ihre treuesten Fans mit zum Support-Act gebracht hätte, wäre zum vereinbarten Konzert-Beginn außer den Musikanten ziemlich genau fast niemand anwesend gewesen. Zum Schluss wuchs die Zuschauer-Zahl dann doch noch auf circa 50 Personen an - das ist aber alles andere als Hype-würdig!
Klitpop jedenfalls hatten offensichtlich geübt: Stramm und knackig spulten sie ihr aktuelles Programm herunter und schafften so in der üblichen halben Stunde immerhin ca. 10 Tracks. Das war aber irgendwie zu perfekt: Denn leider fehlte diesem Konzert etwas von dem überschäumenden Charme, der den alternativen Popkomm-Auftritt noch zu einem reinen Vergnügen hatte werden lassen. Heute erschienen die Mädels und Beat-Maschine Mark Kowarsch etwas zu beherrscht und kontrolliert (besonders Gitarristin Jule hätte ihre Gitarre etwas mehr Feuerwasser geben dürfen!). Und sofort wurde aus der ansonsten bunt gemischten Punk-Pop-Rock-Melange eher ein leicht steriler New Wave Aufguss. Aber das klingt jetzt auch schon wieder zu negativ: Den richtigen Produzenten und die perfekte Stimmung hinzugedacht, hört man hier nach wie vor eine sinnvolle Alternative zu namentlich größeren Acts unserer Tage heraus!
Ach ja: An der Live-Performance kann es auch nicht liegen, dass Sleepy Jackson hierzulande nicht so groß sind wie andere Acts seines Alters. Als Luke im Mai zum ersten Mal hier war, hatte er gerade eine Band zusammengestellt, von der er sich versprach, dass diese in der Lage sei, seine zuweilen komplexen und kunterbunten musikalischen Ideen in kongenialer Weise verarbeiten zu können. Mittlerweile ist die Truppe tatsächlich zu einer kompakten Einheit verschmolzen, die mächtig Druck machen kann, andererseits auch mit ihrer femininen Seite im Einklang zu stehen scheint und vor allen Dingen den zuweilen impulsiven Eingebungen ihres Meisters folgen kann. Luke selber ist dabei zwar stets der pfauenartige Dreh und Angelpunkt (mein Gott - diese Lidschatten, dieser Schal, diese Gesten!), aber mittlerweile doch irgendwie bemüht, das ganze Projekt auch als Band funktionieren zu lassen. So sucht er beinahe mehr Kontakt zu seinen Musikanten als etwa zum Publikum. Das hätte es eigentlich nicht gebraucht, denn mit seinem Drummer hat Steele einen Performance-Kaspar allererster Couleur. Dieser turnte auf seiner Bass-Drum herum, hantierte mit einer rosa Plastik-Schere und gab den sterbenden Schwan, das es eine reine Freude war. Steeles Bassist hatte sich bei einem Konzert in Glasgow die Hand gebrochen, so dass dessen Bruder - in einer Stunde, wie Steele sagte - sich das Programm draufziehen musste. Wenn er das nicht gesagt hätte, hätte es niemand bemerkt - Respekt. Das countryeske "Come To This" widmete Luke ganz beiläufig dem eben verstorbenen Elliott Smith, die heimlichen Hits des Debütalbums - "Good Dancers" oder "Vampire Racecourse" wurden geschickt über das ganze Set verteilt und "Tell The Girls I'm Not Hanging Out" benannte Luke in "Cologne Girl" um. Ansonsten - und das muss einem der Neid lassen - tobten sich die Jungs aus. Es gab einen ganzen Haufen neuer Stücke, Krachorgien, ein paar eingestreute Solo-Tracks und jede Menge wagemutiger Experimente. Luke Steele bewegt sich dabei auf etwa dem gleichen Eis wie - sagen wir mal - Damon Gough oder Howe Gelb. Auch, wenn im Vergleich seine Elaborate ein wenig herzhafter ausfallen. Will meinen: Steele braucht solche Experimente. Für jedes verunglückte Instrumental (auf der Setlist mit "Krimson" und "Beck" gekennzeichnet) gibt's am Ende ein "Mourning Rain" oder ähnliches einprägsames Liedgut. Ob es dazu notwendig ist, den ganzen anderen Quatsch zu spielen, mag dahingestellt bleiben. Das wird indes vermutlich die Zukunft zeigen - wenn Steele mehr "ordentliche" Stücke geschrieben hat. Es gilt aber auch hier "Anything Goes" oder "Wer nichts wagt, der nichts gewinnt". Immerhin ist es Steeles Ziel - Zitat - "die größte Musik zu kreieren, die denkbar ist, die die Zuhörer auf andere Ebenen, zu anderen Orten transportiert. Dinge zu schaffen, die größer und majestätischer sind - auf jeden Fall aber wichtiger - als das, was Präsidenten oder Priester sagen." Nun, davon war er an diesem Abend zwar noch ein gutes Stück entfernt, trotzdem schaffte er es, das Publikum am Ende zu Begeisterungsstürmen hinzureißen. (So gut das 50 Leute eben können). Der Band schien's auch zu gefallen. Und so zogen dann alle Beteiligten im Anschluss familienselig zur After-Show Party ins gegenüberliegende Stereo Wonderland. Das hat man ja auch nicht alle Tage...

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Surfempfehlung:
www.thesleepyjackson.com
www.klitpop.de
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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