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Konzert-Bericht
 
SMiLE!

Brian Wilson

Frankfurt, Alte Oper
10.03.2004
Brian Wilson
Wer vor fünf Jahren darauf gewettet hätte, dass Brian Wilson, der einstmals so geniale Kopf der Beach Boys, gleich mehrmals auf Welttournee gehen würde und dabei nicht nur sein grandioses Meisterwerk "Pet Sounds" von A-Z spielen würde, sondern auch noch sein unveröffentlichtes Großwerk "Smile" endlich aufführen würde, wäre jetzt steinreich. Allerdings hätte damals wohl auch ein Buchmacher mit einem Faible für's Abstruse eher die Männer im weißen Kittel benachrichtigt, als die Wette angenommen. Doch nach Wilsons Abstecher nach Hamburg und Berlin mit "Pet Sounds" vor zwei Jahren stand bei seinem einzigen Deutschlandauftritt in diesem Jahr in der Alten Oper zu Frankfurt wirklich "SMiLE" auf dem Programm!
Doch bevor die legendäre, unveröffentlichte Zusammenarbeit Wilsons mit dem Texter Van Dyke Parks aus dem 1967 zur Aufführung kam, holten Wilson und seine ebenso vielköpfige wie großartige Band ein anderes Beach-Boys-Album aus der Versenkung: "The Beach Boys' Party!" von 1965. Die Musiker in einem Halbkreis dicht um sich geschart, begann Wilson das Konzert mit einer ganzen Reihe akustischer Nummern, darunter Klassiker wie "California Girls", "Hawaii" oder "God Only Knows" (letztere Nummer - der vielleicht beste Popsong ever - von Wilson schelmisch angekündigt als: "And now, one of my favorites!") ebenso wie seltenere Nummern à la "Good Timin", bevor das Ensemble - nun in Rock-Formation - sogar zwei brandneue Stücke aus einem geplanten neuen Soloalbum Wilsons präsentierten: "City Blues" und "Soul Searchin'" kamen dabei allerdings über den netten Versuch, die alte Magie noch einmal einzufangen, nicht hinaus. Nachdem das rund einstündige erste Set mit einer feinen Version von "Sail On Sailor" zu Ende gegangen war und während der 20-minütigen Pause an der Bar im Foyer die Spannung gestiegen war, läutete das wunderbare A-Capella-Stück "Our Prayer" 37 Jahre später als ursprünglich geplant die gut 45-minütige Pop-Symphonie "SMilE" ein, die Wilson damals konzipiert hatte, um "Pet Sounds" noch zu übertreffen und Bands wie The Beatles (die erst kurz danach "Sgt. Pepper's..." veröffentlichen sollten) auf Distanz zu halten. Gruppeninterne Unstimmigkeiten um die Akzeptanz der Stücke führten damals zum vorschnellen Ende des Projekts, Wilson verschwand im Drogensumpf und tauchte erst Jahrzehnte später wieder auf, ohne je wieder der Alte zu sein.
Obwohl Wilson auch anno 2004 wie ein Autist an seinem Keyboard saß, ohne es zu spielen, Monitore gegen seine Textunsicherheiten brauchte und seine wenigen Ansagen hölzern und einstudiert hervorbrachte - "SMilE" wurde zum künstlerischen wie emotionalen Triumphzug. Eine Symphonie in drei Sätzen, die die Entstehung Amerikas ebenso thematisiert wie die Freuden und den Verlust der Kindheit, getragen von grandiosen Leitmotiven ("Heroes & Villains") und schrägen Zwischenspielen. Einige Songs wie "Surf's Up" waren altbekannt (auf Druck von Plattenfirma und Band hatte Wilson die besten Songs in kastrierter Form für spätere Beach-Boys-Alben recycelt), doch beeindruckender als die einzelnen Teile war die Mühelosigkeit, mit der sich unterschiedlichste Stücke zu einem Ganzen zusammenfanden. Die Darbietung war zudem nicht ohne selbstironische Zwischentöne. So trugen zum Beispiel Streicher und Bläser bei einer Nummer allesamt rote Feuerwehrhelme, als Erinnerung daran, dass der mit Drogen voll gepumpte Wilson vor 37 Jahren von den Musikern im Tonstudio dasselbe verlangt hatte. Das Werk endete mit "Good Vibrations", und kurz danach standen erwachsene Männer auf ihren Stühlen und klatschten begeistert minutenlang Beifall. Wilson und seine Band kehrten auf die Bühne zurück, um ein paar Klassiker und als Finale "Love & Mercy" zum Besten zu geben, doch was nachhallte, war vor allem "SMiLE". Die Gefahr, den Mythos des Werkes nach fast vier Jahrzehnten mit einer unzulänglichen Aufarbeitung zu zerstören, war immens groß, und es darf vermutet werden, dass es nicht Wilson, sondern seine musikalischen Mitstreiter waren, die die Fäden im Hintergrund zogen, um die "SMiLE"-Vollendung zu bewerkstelligen. Dieser Auftritt in Frankfurt allerdings bewies, dass das Wagnis sich für Wilson nicht nur in finanzieller Hinsicht gelohnt hat, und so verließen auch fast alle 2 000 Zuschauer die Alte Oper mit einem "SMiLE" im Gesicht.
Surfempfehlung:
www.brianwilson.com
Text: -Simon Mahler-
Foto: -Pressefreigabe-


 
 

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