Die sind nur noch zu dritt und hatten mit der anfänglich unterkühlten Stimmung zu kämpfen. Als sie mit "Church Of Noise" ihr Set begannen, bewegte sich vor der Bühne - niemand! Der Innenraum war recht verwaist, nur ein paar Köpfe nickten in den hinteren Reihen. Beim anschließenden "Unbeliever" wurde es zwar voller, aber Stimmung sieht dann doch anders aus. Zwischen den Nummern wurde fleißig gejubelt, aber die ersten beiden Nummern gingen irgendwie nach hinten los. Und keiner weiß warum. Beim folgenden "Rise Up" vom neuen Album kam dann plötzlich Bewegung auf. Pogo, Fäuste, Rock'n'Roll. Anscheinend hatte man keine Lust auf alte Stücke? Man wollte kein "Troublegum"? Seltsam. "Der nächste Song ist George W. Bush gewidmet" sagte Andy Cairns. "Die Like A Mothefucker" - ebenfalls von "Never Apologise..." und ebenfalls mächtig abgefeiert. Es folgte "If It Kills Me" und mit "The Ship Is Sinking" ein weiterer neuer Song. Die Party war am laufen, Therapy? hatten die Massen überzeugt und schon jetzt ihren Ruf als famose Live-Band erneut unter Beweis gestellt. Und als dann auch der "Troublegum"-Hit "Nowhere" abgefeiert wurde, war die Welt wieder in Ordnung. Vergessen die lichten Reihen, vergessen der ruhige Empfang. Alles war gut. Stimmung, Band, Sound. Und als Belohnung gab es das live sonst eher seltene gespielte "Turn". Die ersten Diver und die totale Begeisterung. Obwohl Begeisterung das falsche Wort ist. In dieser Markthalle an diesem Freitagabend spürte man die Liebe. Die Liebe zu Therapy?. Nicht alle spürten sie. Aber viele.
Auf einige Klassiker wurde verzichtet. Kein "Hey Satan You Rock!" vom letzten Album. Kein "Stories" oder "Diane", kein "Lonely, Cryin! Only.", kein "Stop it You're Killing Me" von "Troublegum". Und trotzdem dominierte genau dieses Album. Gleich sieben Nummern ("Die Laughing" wurde John Peel gewidmet) stammten aus dem Jahr 1993. Und manche waren noch viel älter. "Potatoe Junkie" stammt von der "Pleasure Death"-EP, "Teethgrinder" vom legendären "Nurse"-Album" (1992) und "Innocent X" und "Meet Abstract" sogar vom 91er-Werk "Babyteeth". Knapp eine Stunde dauerte diese schlicht fantastische Zeitreise, ehe Therapy? das reguläre Set mit "Screamager" beendeten. Jubel, Leidenschaft, Hamburg wollte Therapy?. Wie sie es jedes Jahr wollen. Als Zugabe gab es heftige Versionen von "Epilepsy", "Isolation" und dem vom Publikum gesungene "Knives". Das Konzert hatte seinen Höhepunkt erreicht. Und war tatsächlich zu Ende. Das Licht ging an und alle verlangten nach einer Zugabe. Die Musik kam aus der Konserve und alle verlangten nach einer Zugabe. 1 Stunde 15 Minuten waren nicht genug. Immer mehr Hallenlichter gingen an. Doch es wurde weiterhin nach einer Zugabe verlangt. Doch die gab es nicht. Leider. Und so endete das Konzert so, wie es begonnen hatte. Etwas enttäuschend.