Eigentlich wollte Natalie Lew bloß hinter den Kulissen in der Musikindustrie Seattles arbeiten, in der sie sozusagen aufgewachsen war - vielleicht als A&R-Repräsentantin. Einfach deswegen, weil sie sich gar nicht vorstellen konnte, dass sie auch selbst mal auf der Bühne stehen konnte. Das änderte sich erst, als sie nach New York umzog und dort mit ein paar Freunden in einer Band spielte. Diese Erfahrung nutzte sie dann, als sie der Pandemie wegen an die Westküste zurück zog und in der Isolationsphase ihre ersten eigenen Songs schrieb und 2022 dann auch unter dem Moniker Sea Lemon (einer Schneckenart) veröffentlichte.

Nun debütiert sie mit Labelunterstützung mit der EP "Stop At Nothing" und outet sich dabei als gewiefter Dreampop- und Shoegaze-Fan, die aus ihrer Vorliebe keinen Hehl macht. Das macht freilich gar nichts, denn Natalie hat das Herz diesbezüglich am rechten Fleck und greift sich (übrigens inspiriert von Horrorfilmen und ihrem Dayjob als Modedesignerin) immer genau die richtigen Versatzstücke aus dem Genre-Pool, die sie dann in eigenen griffigen Songs verwurschtelt. Dabei treffen dann ätherische Cocteau-Twins-Vocals auf Cure-Bässe, Lush-Gitarrenchords, Joy Divsion-Unerbittlichkeit, Psychedelia, Janglepop und natürlich jede Menge Factory-Hall - alles zusammengehalten von griffigen Refrains und (angesichts der düsteren Angst-Thematik) unschuldig anmutenden Melodielinien. Schade, dass da nur Zeit für fünf Tracks blieb - die dann allerdings auch nichts zu wünschen übrig lassenl