Das neue Album des amerikanischen "Musikhistorikers" Bob Brozman sprengt das Blues-Label, mit dem der Name Ruf Records untrennbar verbunden ist, nun doch in mehreren Dimensionen. Obwohl viele der Tracks den Begriff "Blues" im Titel führen, bieten die Tracks, die Brozman zusammen mit seinem Drummer Jim Norris konzipierte, nun doch vieles, was man nicht unmittelbar mit dem Begriff Blues in Verbindung brächte. Da sind einerseits die historischen Instrumente, die Brozman für diese Veröffentlichung ausgegraben hat und die den anerkannten Spezialisten für historische National-Gitarren in Höchstform zeigen. Es handelt sich hierbei um mehr oder minder obskure Konstruktionen (Banjo-Cello, Gitarren mit drei Hälsen und ca. 20 Saiten, Hackbretter in Mandolinen-Form (oder umgekehrt) und Sitar-Gitarren usw.) mit eigentümlichen Klangbildern, die der Zuhörer vielleicht noch am ehesten mit orientaler Weltmusik, Folk und insbesondere mit Gipsy-Jazz oder Swing assoziierte. Und dann sind da die Tracks selbst, die sich nur selten am Blues-Schema orientieren, viel lieber aber vollkommen losgelöst, improvisatorisch und im Zusammenspiel durch die Gegend mäandern - immer auf der Suche, so scheint es, nach ungewöhnlichen Zusammenhängen und Querverweisen. Vocals gibt es auch - diese sind allerdings inhaltlich so banal gehalten, dass sich schnell der Eindruck einstellt, Brozman betrachte die Lyrics als notwendiges Übel - oder aber einfach als Möglichkeit, weitere Sounds zu kreieren. Spannend ist das dann, wenn diese Experimente auch mal irgendwo hinführen - manches bleibt aber einfach fragmentarisch im Ansatz stecken. Auf jeden Fall ist dieses eine vielschichtige, komplexe Angelegenheit - oder anders ausgedrückt: Eine Art musikalischer Forschungsarbeit, an der uns die Musikanten teilhaben lassen.