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LOW
 
Zerstörer auf Samtpfoten
Low
"To lay low" heißt im englischen ja ungefähr "es ruhig angehen lassen". Gerade das taten unsere Freunde aus Duluth aber in letzter Zeit garantiert nicht. Nicht nur, dass im letzten Sommer gerade ein retrospektives Box Set namens "A Lifetime Of Temporary Relief" erschien sowie des weiteren der Film "Low In Europe" von Sebastien Schrade in den Festival Zirkus geschickt wurde (und demnächst auf DVD erhältlich sein wird), nein, Alan und Mimi Sparhawk begrüßten im Juli mit Söhnchen Cyrus auch ein neues mögliches Bandmitglied. Doch von Babypause keine Spur: Gleich darauf ging's ins Studio, wo bis zum September unter Mitwirkung von Produzent Dave Fridman das neue Album "The Great Destroyer" eingespielt wurde, das nun - sorgsam aufbereitet - ebenfalls das Licht der Welt erblickt. Hinzu kam noch ein neuer Deal mit Sub Pop (zumindest für Amerika). Dieser ganze Aktivismus scheint sich dann auch nahtlos auf dem neuen Werk niedergeschlagen zu haben. Denn waren Low bislang immer eher der Inbegriff der Band, die nichts aus der Ruhe bringen kann, wird auf der neuen Scheibe auf einmal gerockt, was das Zeug hält.
Was sich bislang nur punktuell andeutete - z.B. auf dem Track zum Soundtrack von "The Mothman Prophecies", live oder ansatzweise auf der letzten Scheibe, "Trust" - wird hier zur Gewissheit: Low scheinen die Schnauze voll zu haben von der dauernden Leisetreterei. Für eine Band, die aber gerade mit dem Credo angetreten war, eben so leise und langsam wie möglich zu spielen, ist das immer noch überraschend. Aber nicht nur für den Zuhörer, wie es scheint: "Wir machen das nun seit 12 Jahren und wir haben herausgefunden, dass eigentlich alles, was wir machen, uns auch gefallen kann", erzählt uns Bassist und Gelegenheits-Keyboarder Zak Sally, "es sind ja immer diese drei Leute, die da zusammenarbeiten. Die möglichen Fallen, die es gibt, wenn man Scheiben aufnimmt, stören uns heute nicht mehr. Wir sind mutiger geworden und wir wagen mehr. Dieses Mal wussten wir vorher nur, dass die Stücke sehr direkt und unmittelbar klingen sollten. Wir haben uns aber kein Konzept dafür überlegt. Als wir dann am Ende fertig waren, war das Ergebnis auch für uns selbst ziemlich überraschend." Es hat also nichts mit der politischen Gegebenheit zu tun? Howe Gelb erklärte ja z.B. neulich, dass in Zeiten, in denen Republikaner an der Macht sind, auch immer gute, laute Rockmusik gemacht würde. "Nun, der Gedanke ist mir auch schon gekommen", lacht Zak. Gibt es denn ein inhaltliches Konzept bei diesen neuen Songs? "Es ist nicht wirklich ein Konzept-Album", schränkt Zak ein, "es gibt gewisse Themen, die sich entfalten, aber es war kein Plan. Alan hatte die Idee von diesem Superhelden, dieser Comicfigur, dem großen Zerstörer, der in einigen Stücken auftaucht. Das schien zur Atmosphäre der Songs zu passen." Wegen der Aggressivität des Namens "The Great Destroyer"? "Ich bin mir nicht sicher", seufzt Zak, "wir versuchen immer die Dinge nicht zu sehr zu analysieren. Da gibt es eben die Geschichte vom großen Zerstörer und vom Silver Rider - das sind Parabeln und Metaphern. Als es dann darauf ankam, waren wir uns alle einig, dass die Scheibe einfach so heißen müsste."
Okay: Wenn man nicht großartig drüber nachdenken möchte: Wie funktioniert das Ganze dann? "Nun, wir denken natürlich schon darüber nach, was wir tun", meint Zak, "aber wir analysieren es nicht bis ins letzte. Wir versuchen zu erreichen, dass es passt und Sinn macht. Das ist aber weniger wichtig, als dass etwa das Feeling stimmt und da ist. Alan schreibt ja alle Texte und die sind ziemlich persönlich. Er weiß auch nicht immer genau, was da abgeht und entdeckt manchmal erst ein Jahr später, was dies oder jenes bedeuten könnte." Wie fühlt man sich denn, wenn man Musik spielt, die man gar nicht bis ins letzte verstehen kann? "Das ist ja gerade der Grund, warum ich unsere Musik mag", offenbart Zak, "Alan kann über spezifische oder unspezifische Dinge schreiben - das weiß nur er selber genau. Es bleibt immer so viel Raum zur Interpretation in seinen Texten, dass man nicht unbedingt genau wissen muss, worüber Alan genau schreibt. Auch wenn man sich, wie in unserem Fall, sehr nahe steht und Tag für Tag zusammenarbeitet." Gilt das auch für die Musik? "Oh ja, absolut", stimmt Zak zu, "gerade das ist doch das Wesentliche der Musik überhaupt. Musik ist eine Kombination von Gefühlen. Texte und Musik ergeben ein zusammengehöriges Ganzes. Manchmal macht es Sinn, einen fröhlichen Pop-Song mit den depressivsten Texten zu versehen, die denkbar sind. Manchmal ist ein Song sehr intensiv und die Texte sind entspannt. Das eine ergänzt das andere. Man kann es nicht voneinander trennen. Tut man es, dann passt etwas nicht. Und bei Low kommt noch die Atmosphäre als wichtiger Faktor hinzu."

Auf der neuen Scheibe gibt es sehr viel Dynamik. Hat das auch mit den Songs selbst zu tun? "Ich glaube schon", überlegt Zak, "manches ist sehr intuitiv. Man muss eine lange Zeit arbeiten, um herauszubekommen, wie man zum Ziel kommt. Bei manchen Songs ist die Atmosphäre da, manchmal muss man aber auch lange herumstochern." Ein gutes Beispiel hierfür dürfte "Cue The Strings" sein - ein Song, der quasi durch den Raum zu gleiten scheint. "Dieser Song durchlief viele verschiedene Inkarnationen", verrät Zak, "wir haben es mit Drums und Bass versucht, wir haben ihn akustisch gespielt - alles mögliche um die richtige Atmosphäre zu finden. Am Ende haben wir alles über den Haufen geworfen, als Alan zu Hause mit Keyboards herum experimentierte. Die Sache mit dem Driften des Sounds war David Fridmans Idee." Was ist denn im Falle von Low die Aufgabe eines Produzenten? Wenn es eine Band gibt, die einen eigenen Sound hat, der sich auch durch ein "Great Destroyer Treatment" nicht verbiegen lässt, dann ist es doch Low, oder? "Das ist ein guter Punkt", überlegt Zak, "es ist wohl richtig, dass viele Bands sich einen Produzenten suchen, der ihnen einen bestimmten Sound auf den Leib schneidert. Wir haben aber immer versucht, mit Leuten zu arbeiten, die verstehen und schätzen, was wir zu erreichen bemüht sind. Leute, die uns helfen können, dahin zu kommen. Ein guter Produzent ist jemand, dem du einen Song vorspielen kannst, der ihn versteht und den du dann fragen kannst, was er davon hält und der sagen kann, was zu tun oder auch, was zu unterlassen ist, damit das Stück funktioniert. Ein guter Produzent ist eine weitere Meinung - von außerhalb der Band -, die maßgeblich ist. Und das unterscheidet ihn übrigens auch von einem bloßen Tontechniker." Was interessiert denn Zak, als Bassisten und gelegentlichen Keyboarder - besonders an einem Song? Mimi erzählte uns ja einmal, dass es für sie die Möglichkeiten sind, sich als Sängerin auszudrücken (was ja nicht verwunderlich ist) und Alan als Komponist hat da sicherlich auch eigene Vorstellungen und Ansprüche. "Also ich versuche immer den Song als Ganzes zu erfassen. Bei unserer Band geht es ja zugegebenermaßen sehr um die Vocals und die Melodien. Auch hier gilt: Es gehört alles zusammen und das eine geht nicht ohne das andere. Wenn eines überwiegt, dann stinkt dein Song. Songs sind seltsame Sachen, weißt du, es ist sehr schwer die Balance zu finden, wodurch das Ganze erst funktioniert. Und genau das ist es, was mich interessiert. Wenn ich einen Song im Radio höre, der perfekt ist, dann interessiert mich der. Das kann alles mögliche sein - mit oder ohne Texte oder auch bloß ein toller Bee Gees Songs." Kann man so etwas denn planen, wenn man selber Songs schreibt? "Was wir wissen, ist was wir wollen und wir versuchen, das auch irgendwie zu erreichen", weicht Zak aus, "wenn wir alle drei uns anschauen und glücklich sind, dann haben wir es auch erreicht. Alle fünf Jahre gelingt uns ein Song in fünf Minuten, aber ansonsten ist es harte Arbeit und wir müssen im Keller sitzen und alles ausprobieren, was es auf Gottes Erden gibt - bis es sich 'richtig anfühlt'."

Low
Muss man sich da zurücknehmen oder bauen Low ihre Songs eher auf? "Weder noch - wir scheiden unsere Songs eher", erläutert Zak, "jeder unserer Songs muss auch in der simpelsten Grundform noch funktionieren. In den ersten Jahren ging es und nur darum, diese simple Grundform auch möglichst beizubehalten. Heutzutage haben wir das Selbstbewusstsein, ein wenig zu expandieren, wenn wir erst mal wissen, dass der Song da ist. Dadurch wird die Sache hoffentlich ein wenig kraftvoller. Wir müssten das eigentlich nicht tun, wir können es aber und wir wollen es auch." Das Interessante dabei ist ja, dass der eigentümliche Low-Sound dabei erhalten bleibt, nicht wahr. "Deswegen ist diese Scheibe für uns auch sehr wichtig. Das ist genau das, was wir wollen. Alles, was wir tun, und womit wir uns wohlfühlen, ist das, was Low ausmacht." In der Info zur neuen Scheibe heißt es, daß die neuen Songs "geschäftig" klängen. Ist dieser Eindruck richtig? "Ich glaube, das scheint nur so", zweifelt Zak, "wir haben damit begonnen, die Sachen zunächst mal für uns selber aufzunehmen und haben Dave erst später ins Boot geholt. Einige Stücke sind aber noch ziemlich simpel geblieben. Wir haben auf der letzten Scheibe später vielleicht sogar noch mehr Sachen hinzugefügt als dieses Mal. Es kommt hier auch immer auf die Balance an - es darf nicht zuviel und nicht zu wenig sein. Das ist es auch, was ich meine, wenn ich sage, dass wir unsere Songs editieren, schneiden..." Wird es denn in Zukunft zum Beispiel noch mehr Musik von Low in Soundtracks geben - wie z.B. bei "Mothman Prophecies"? "Also daran bin ich selbst nicht beteiligt, obwohl ich sehr stolz darauf bin", erzählt Zak, "Alan war zufällig in L.A. als Mark Pellington, der Regisseur, ihn bat, etwas zu dem Film beizutragen, wodurch dann der neue Song entstand. Wir würden gerne Musik für Soundtracks machen. Das Problem ist nur, gute Filme zu finden. Manchmal passiert es durch Zufall. Da gibt's diesen Film namens 'Tarnation', den ich selbst noch nicht gesehen habe. Es ist eine Dokumentation, die alles andere in den Schatten stellen soll. Der Typ, der den Film gemacht hat, ist ein Fan und hat drei unserer Songs verwendet. Ennio Morriccone ist einer meiner großen Vorbilder. Ich würde gerne mal wie er arbeiten. Aber es ist so schwer, gute Filme zu finden." Letzte Frage: Müssen wir Ohrstöpsel zur nächsten Low-Tour mitbringen? "Ich weiß nicht", grinst Zak, "wir spielen wohl ein bisschen lauter als sonst aber im Vergleich zu einem normalen, herkömmlichen Rock-Act sind wir immer noch leise."
Weitere Infos:
www.chairkickers.com
www.subpop.com/scripts/main/bands_page.php?bandname=Low
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Karl Raschke-
Low
Aktueller Tonträger:
The Great Destroyer
(Rough Trade Records/Sanctuary/Rough Trade)

 
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