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THE MINUS 5
 
Dschungelbuch
The Minus 5
Es gibt ja diese Projekte, die die Beteiligten eher so zum Spaß betreiben: Um sich - abseits von Zwängen und Notwendigkeiten - mal so richtig auszutoben bzw. sich selber zu verwirklichen. An erstaunlich vielen dieser Projekte sind immer wieder dieselben Leute beteiligt - so z.B. auch an The Minus 5. Dieses Projekt wurde bereits 1993 von Scott McCaughey und Peter Buck ins Leben gerufen und versammelte zeitweise unter anderem Ken Stringfellow und Jon Auer von den Posies sowie fast die gesamte Wilco-Belegschaft unter einem Dach. Wie gesagt: Mehr oder minder zum Spaß. Denn mit R.E.M. haben Buck und McCaughey ja zweifelsohne ein solides Standbein, das solcherlei heitere Eskapaden überhaupt erst ermöglicht. The Minus 5 ist auch eher das Brainchild von Scott McCaughey, dem begnadeten Multiinstrumentalisten, der zuvor bereits als Chef der Fresh Young Fellows den Seattle Boom mitbegründete und der bei R.E.M. ja zweifelsohne und in mehrerlei Hinsicht eher am Rande steht.
Für Scott - stets gutgelaunter Gentleman der alten Schule - stellen sich indes Fragen nach Berühmtheitsgraden oder Erfolgsaussichten kaum. Er macht und machte Musik eigentlich immer nur, weil es ihm eigentlich gar nicht anders möglich war. "Ich liebe das Musizieren mehr als sonst irgendetwas", meint Scott, "manchmal gibt es zwar Momente, an denen ich an meine Grenzen als Musiker stoße oder mich zu wiederholen drohe. Diese Momente nutze ich dann aber immer dazu, etwas anderes auszuprobieren - z.B. mal die Mandoline hervozukramen oder auf einer Bariton-Gitarre mit einer speziellen Stimmung zu spielen. Das habe ich auf der neuen Scheibe zum Beispiel ein paar Mal gemacht. Das inspiriert mich dann immer wieder auf's Neue." Das Pistolenmotiv, das das Plattencover ziert, war eigentlich gar nicht so geplant - denn Scott ist eigentlich ein Waffenhasser. Woher hat das Motiv dann aber wohl kommen können? "Nun, für mich kam es von der Erkenntnis, dass die Pistole ein Symbol für etwas wirklich drastisches in deinem Leben sein kann - was in den Songs thematisiert wurde. Nachdem ich dann festgestellt hatte, dass sich das Motiv wie ein roter Faden durch die Songs der Scheibe zog, hat mich das dann auf die Idee gebracht, dass es doch ganz amüsant wäre, wenn wir bloß die Pistole auf dem Cover hätten - und weiter keinen Titel." Amüsant sind auch die Texte auf der neuen Scheibe. Was war Scott denn hier am Wichtigsten? "Man muss dazu wissen, dass die Songs in den letzten zwei Jahren entstanden", erzählt Scott, "es gibt da also keinen Plan. Es gab Dinge, die passierten, über die ich schrieb und mir war schnell klar, dass die Scheibe ein Thema haben würde. Das beeinflusste dann die Texte - wobei ich zugeben muss, dass nicht alle Sinn machen, denn oft weiß ich gar nicht genau, über was ich eigentlich schreibe. Aber diese Songs habe ich ausgewählt, weil sie textlich zusammen passten. Der Humor kommt dabei ganz von selbst. Wenn ich versuche, den traurigsten, depressivsten, ernsthaftesten Song in der Welt zu schreiben, dann wird doch wieder irgendetwas lustig daran. So ist das eben."
Wie arbeitet Scott - mit all seinen anderweitigen Verpflichtungen - denn an seinen eigenen Scheiben? "Nun, ich muss mich um die Zeitpläne anderer Leute herum organisieren und die Stücke einspielen, wann immer sich die Gelegenheit dazu ergibt - zum Beispiel an freien Tagen auf Tour." Das führt aber doch auch dazu, dass Minus 5-Scheiben immer sehr organisch und spontan klingen, oder? "Ja, ich denke schon, dass das hilft", stimmt Scott zu, "es ist ganz anders als wenn wir mit R.E.M. für sechs Monate am Stück im Studio arbeiten. Das ist für mich ein netter Luxus. Aber andererseits geht mir sowas auch nach einer Weile auf den Keks. Es macht zwar Spaß, aber irgendwann verliert man doch die Lust an so etwas. Da bevorzuge ich dann doch die Spontaneität, die sich aus Gelegenheiten wie der o.a. ergibt." Gerade auf der neuen Scheibe scheinen die Keyboard-Sounds generell mehr Raum bekommen zu haben, nicht wahr? "Ich liebe es, mit Sounds zu experimentieren", führt Scott aus, "ich habe zwar kein großes Studio zu Hause, aber ich habe einige schöne Klaviere und Orgeln, die ich gerne verwende und auch ein paar interessante Software-Module mit altmodischen Keyboard-Sounds wie Mellotron und Spinetten usw. Ich verwende diese Klangfarben dazu, jeden Song ein wenig anders klingen zu lassen." Scotts Scheiben klingen dabei immer schön altmodisch. Ist das beabsichtigt? "Hm", zögert er, "auf irgendeine Weise wird das so sein. Ich verwende keine neumodischen Drum-Computer oder irgendetwas, das aktuell ist. Ich bin ein klassischer Rock'n'Roller. Ich versuche schon neue Dinge, aber das Beste für mich ist immer noch eine Gitarrenbesetzung. Und ich mag es mit anderen Musikern zu spielen, die es mögen, Songs vorzutragen. Ich schreibe fertige Songs und ich konstruiere sie nicht im Studio. Auch das ist altmodisch."
Nun, "altmodisch" ist ja vielleicht auch nicht der eleganteste Ausdruck. Wie wäre es denn mit "zeitlos"? "Das ist gut", pflichtet Scott bei, "wenn du gar nicht erst versuchst, die neuesten Gimmicks einzusetzen, dann haben deine Scheiben ja auch die Chance, in zehn Jahren noch genauso gut zu klingen, wie sie es heute tun. Nimm z.B. mal die Sachen aus den 80ern mit diesem grotesken Drum-Sound. Da gab's sicherlich auch gute Scheiben, aber klingen die heute nicht fast ein wenig komisch? Man kann sie sofort in den 80ern einsortieren. Und ich möchte nicht, dass meine Scheiben so einfach einsortiert werden können." Wie gelingt es Scott dann, seinen eigenen Stil zu realisieren - auch immer eingedenk, dass er ja ständig mit unterschiedlichen Leuten zusammen spielt. "Es kommt auf die Balance an", erklärt er, "ich weiß genau, wie die Songs klingen sollen. Ich bin aber immer darauf gespannt, was die Leute, mit denen ich zusammen spiele, zu den Songs beitragen. Ich gebe da nicht allzuviele Instruktionen. Ich spiele ihnen die Songs auf der Gitarre vor und wir nehmen ihn dann auf." Woher kommen dann Scotts musikalische Inspirationen? "Alle Leute mit denen ich zusammen spiele, spielen selber immer die ganze Zeit", überlegt Scott, "man wird dann automatisch inspiriert - was nicht heißt, dass man sich gegenseitig kopiert. Ich höre mir auch Scheiben an - aus den 50ern und brandneue - auch davon lasse ich mich inspirieren. Auch ohne sie zu kopieren. Was ich herausgefunden habe, ist sowieso folgendes: Selbst wenn man sich vornimmt, etwas als Vorbild zu nehmen, kann der Zuhörer das später nicht mehr heraushören. Peter hat zum Beispiel vorgeschlagen, die neuen Stücke im Stil der ersten Plastic Ono Band-Scheibe einzuspielen - wovon wir alle ganz begeistert waren. Es ist aber noch niemand zu mir gekommen und hat gesagt, dass die Scheibe nach der Plastic Ono Band klänge. Andererseits finde ich auch nicht, dass unsere Songs nach den Beach Boys klingen - was uns schon mal vorgeworfen wird. Das hängt damit zusammen, dass man nicht kopiert, sondern sich inspirieren lässt. Das ist ein Unterschied." Wenn Scott McCaughey als Musiker positionieren sollte, wäre das nicht so ganz einfach: Ist es nun der Gründer der Fresh Young Fellows? Ist es der Gitarrist von R.E.M.? Ist er ein Songwriter? Ein Sessionmusiker? Wie sieht er selber sich denn? "Das ist eine schwierige Frage", zögert Scott, "wenn es in 20 Jahren noch jemanden gibt, der sich Minus 5-Scheiben anhört - und wenn es nur eine Person ist -, wäre das schon großartig. Das würde mir schon reichen. Außerdem hätte ich es gerne - und es fällt mir schwer, das zu sagen - wenn mich die Leute, mit denen ich in Kontakt trete, mögen." In etwa so, wie es Minus 5-Intimus Carsten Wohlfeld treffend formulierte: Scott McCaughey ist der Balu der Bär des Rockbusiness. "Balu der Bär aus dem Dschungelbuch?", fragt Scott nach, "das gefällt mir. Ja, dem würde ich zustimmen!"
Weitere Infos:
www.minus5.com
Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -David Belisle-
The Minus 5
Aktueller Tonträger:
The Gun Album
(Cooking Vinyl/Indigo)
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