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SMOKE BLOW
 
Irgendwie verstörend
Smoke Blow
Es ist Tradition im Hause Smoke Blow, dass gemacht wird, was gerade gefällt, und dass jedes Album anders als sein Vorgänger klingt. "Colossus" klingt nicht wie "Dark Angel" und zum Teil anders als alles, was wir von den Kielern bisher gehört haben. Und trotzdem ist dieses Werk - ebenfalls traditionell - zu 100 Prozent Smoke Blow und zu 100 Prozent gelungen. Letten und seine Kollegen eben. Zusammen mit Sänger-Kollege MC Straßenköter saß uns eben dieser im Hamburger Büro ihrer neuer Plattenfirma gegenüber. Von Nois-O-Lution ging es zu Pias. "Das war eine schöne Sache auf Nois-O-Lution, aber nach den zwei Platten war es dann auch mal gut, da musste mal was Neues her. Es ist eben immer mal wieder eine nette Sache, nach zwei Veröffentlichungen in einen neuen Hafen einzufahren", sieht es Letten norddeutsch entspannt. "Um das Ganze frischer zu halten und natürlich auch, um für sich ein paar Vorteile herauszuholen. Und wir haben da ein paar ganz gute Dinge ausgehandelt."
Fast drei Jahre sind seit dem letzten Album vergangen. Für manche Bands eine Ewigkeit, für Smoke Blow nicht. "Die Entstehung einer neuen Platte ist ein längerer Prozess. Weil wir eben keine Fulltime-Band sind", erzählt der MC. "Wir haben die Wochenenden und ein, zwei Tage in der Woche, an denen wir was probieren können. Und so dauert es eben, die Songs fertig zu stellen." Obendrauf waren die Kieler live fleißig unterwegs, haben reichlich Clubs und Festivals beackert und ganz nebenbei hat Letten mit Lucas, Schenk und Co. ein weiteres Genepool-Album aufgenommen. "Damit fahren wir eigentlich auch ganz gut", sagt Straßenköter. "Wir haben ja keinen Druck, wie ihn andere vielleicht haben. Finanziell haben wir unseren Background und die Zeit, die wir brauchen, die nehmen wir uns einfach. Das Resultat ist entscheidet." Und ehe der gute Mann ins Phrasenschwein einzahlen muss, übernimmt Letten: "Unsere Herangehensweise war eigentlich immer die selbe. Wir haben gesagt, dass es uns um den Song geht. Um DEN Song, über den du sagst, dass er geil ist. Aber bis du den erstmal hast, da schreibst du erstmal fünf bekloppte Nummern. Zum Glück haben wir aber ja immer wieder Zeit, unsere Songs immer und immer wieder zu hören. Und dann kristallisiert sich schnell heraus, was gut und was weniger gut ist. Und leider sind 90 Prozent von den Sachen, die wir schreiben, einfach totaler Schrott." Kurze Pause. "Na ja, das ist ja nicht nur bei uns so, das ist bei anderen auch so. Darum ist es ja so fatal für Bands, die dauerhaft auf Tour gehen und dann auf einmal eine Platte machen müssen. Das sind dann schnell Platten mit ein, zwei guten Songs, der Rest ist gequirlte Scheiße."
Wir wechseln lieber von Scheiße zurück zu Smoke Blow, bleiben aber beim Thema Song. Beziehungsweise Letten, den man gar nicht fragen muss. Er antwortet auch so: "So eine Smoke Blow-Nummer ist vom Aufbau und der Machart ja auch eigentlich immer gleich. Auch wenn alle Platten anders klingen und es keinen Song von uns zweimal gibt, klingt es immer alles nach Smoke Blow. Und ich kann dir auch sagen, woran das liegt. Das liegt daran, dass wir über die Jahre nichts verändert haben, wir spielen immer die gleichen Akkorde." Und MC Straßenköter ergänzt: "Auch die Songstruktur oder das Riffing sind nicht groß anders. Doch jedes Album hat seine eigene Atmosphäre und klingt dadurch wieder anders." Wie eingangs erwähnt, unterscheidet sich auch "Colossus" zum Teil recht massiv von den bisherigen Werken. Und nicht nur, weil die Kieler es neuerdings auch mal mit deutschen Texten versuchen und sowohl noch poppiger als auch dreckiger als noch auf dem letzten Album klingen. "Es ist doch aberwitzig, dass die neue Platte nicht wie eine sechste Platte einer Band klingt", macht sich Letten seine Gedanken. "Es ist nichts von einer Weiterentwicklung zu hören, sondern eher das Gegenteil. Es ist eher ein Rückschritt. Es ist wie eine Zeitreise zurück, als wir 16 Jahre alt waren. Es klingt wie eine Kinderplatte, eine Kidpunkplatte zum Skaten, Feiern, am Strand absaufen, zum Schwimmen, zum Haschrauchen. Wir sind einfach jünger geworden." Das sagt Letten. Wir sagen, dass "Colossus" vielleicht nicht ganz die Klasse von "Dark Angel" hat, stimmen dem Fronter aber durchaus zu. Denn mit hymnisch-heftigen und gleichzeitig schon fast naiv-leidenschaftlichen Punkrockern wie "Criminal", "Murder / Good Cop", "Social Morlock" oder ganz besonders dem Popsong "Hollywood Mystery" bringt man jede Party zum Kochen, jeden Pulk zum Toben. Gleiches gilt natürlich für das schon jetzt kultige "Zombie auf'm Klapprad" oder auch für das das ebenfalls deutsch eingesungene "Am Strand". Doch welche Nummer man auch nimmt, Smoke Blow haben einfach eine Stange an Hits am Start und sich einen Dreck um Erwartungen der anderen geschert. "Nach jeder Platte von uns waren die Leute erstmal verstört", sagt Letten und freut sich darüber. "Weil die Leute nicht damit gerechnet haben, dass wir jeweils den Schritt machen, den wir eben gemacht haben. Dass nach der ersten Scheibe, die total schrottig, fast schon psychedelic-mäßig nach vorne pusht, die nächste plötzlich als so ein harter Klotz aus Noiserock und metalligem Punk und voller Gitarren ist. Die dritte war dann wieder mehr Pop, dann kam die 'German Angst' und dann haben die Leute gesagt, wir würden nur noch stinknormalen Hardcore machen und waren wieder verstört. Erst recht bei der 'Dark Angel', die so modern klingt und von den Instrumenten sicher unsere musikalischste Platte ist. Und jetzt kommt unsere Neue und die klingt wie ein Debüt." Irgendwie verstörend.
Smoke Blow haben sich so in den letzten Jahren in eine Situation gespielt, in der sie machen können, was sie möchten. Und nutzen das auch aus. Nicht nur wie oben erwähnt unbewusst, sondern auch mit Kopf und Geschmack. "Wir trauen uns schon mehr als früher. Wir haben sicher unseren Sound erweitert, lassen zum Beispiel auch verstärkt poppige Sachen zu und füllen damit stets unseren Mikrokosmos auf." Grenzen wollen sie sich gar nicht erst setzen. "Es muss alles irgendwie in die Band passen", sagt Straßenköter. "Und wir werden bestimmt nicht Hip Hop im Stile von Dog Eat Dog in unseren Sound packen, das wird uns auch nicht gelingen." - "Aber vielleicht im Sinne vom Wu-Tang Clan", sagt Letten, ehe der MC schwärmt: "Oder Boo-Yaa T.R.I.B.E-mäßig abgehen? Wer weiß." Einen neuen Einfluss gibt es auf "Colossus" bereits. Denn ohne Joy Division hätte es eine Nummer wie das neue "Swamp Creature" wohl nie gegeben. "Die fand ich in den 1980ern total scheiße, völlig heulerisch", erinnert sich Letten. "Jetzt ist man eben älter und lässt viel mehr Sachen zu, weil man einfach festgestellt hat, dass in jeder gottverdammten Musikrichtung auch interessante Elemente stecken. Man hat in seinem Leben definitiv was verpasst, wenn man sich dem verschließt." Doch Smoke Blow bedienen sich selten direkt, Einflüsse fließen "eher unbewusst ein", sagen beide. "Wenn du versuchen würdest, einen Song zu kopieren oder ein Feeling aufzugreifen, würde es nicht klappen." Die Kunst ist es, gekonnt zu kombinieren und hier sieht Letten sich und seine Jungs ganz weit vorne. "Wir sind nun mal keine Band, die innovativ nach vorne geht. Unsere Innovation bezieht sich darauf, dass wir viel verschiedene Einflüsse gut zusammen mixen. Wir haben schon immer Black Sabbath mit Black Flag organisch verbunden und das können eben die wenigsten. Das macht uns eben so einzigartig."
Weitere Infos:
www.smokeblow.de
de.wikipedia.org/wiki/Smoke_Blow
www.myspace.com/smokeblow
Interview: -Mathias Frank-
Foto: -Pressefreigabe-
Smoke Blow
Aktueller Tonträger:
Colossus
(Pias/Rough Trade)
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