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JOSH RITTER
 
Immer den Gang entlang
Josh Ritter
So langsam aber sicher hat sich Josh Ritter aus dem Schattendasein des ewigen Insider-Tips, der seine Karriere ausgerechnet in Irland begründete, ins Licht der Öffentlichkeit gearbeitet. Heutzutage spielt er bei David Letterman oder teilt die Bühnen mit den Großen des Business. Joan Baez hat einen seiner Songs gecovered, Stephen King gehört zu seinen Fans, er ist mit der Songwriter-Kollegin Dawn Landes verheiratet, hat sein eigenes Label gegründet und er schreibt gerade an seinem ersten Roman. Nun legt er mit "So Runs The World Away" sein fünftes und bislang ambitioniertestes Werk vor. Nicht nur, dass er hierauf eine Vielzahl an musikalischen Themen aufgreift, auch was die Wahl seiner Mittel betrifft, ist er nicht gerade zimperlich. Der Titel des neuen Werkes, zum Beispiel, verdanken wir niemandem Anderes als William Shakespeare.
"Also die Titel fallen mir erst immer am Ende ein, wenn mir selbst klar wird, wovon die Songs handeln", räumt Josh ein, "hierbei geht es um eine Zeile aus Shakespeares 'Hamlet'. Das Zitat heißt 'Some must watch while some must sweep - so runs the world away' und es geht darum, ein Theaterstück zu beobachten. Das Publikum schaut sich ein Stück an und die Welt breitet sich vor ihm aus. Ich mag diesen Titel, weil die Charaktere in dem Stück auch ein wenig von der Welt überwältigt werden. Und das ist auch das Thema der Charaktere meiner Songs. Es geht um Leute, die sich am Rande einer schlechten Erfahrung befinden, die ihr Leben nachhaltig beeinflussen werden. Das ist wie in einem Theaterstück." Das heißt also, dass die ganze Scheibe wie ein Theaterstück ist? "Ja, denn es ist so, dass das Zusammenstellen der Songs für eine Scheibe für mich eine der aufregendsten und schönsten Teile des Prozesses ist. Weil man die Möglichkeit hat, eine Scheibe in eine Show zu verwandeln, ihr einen Fluss zu geben und ein zusammenhängendes Ganzes daraus zu machen, indem man die Songs in eine bestimmte Reihenfolge bringt. Wie in einem Theaterstück."
Das soll übrigens nicht heißen, dass die Scheibe eine zusammenhängende Geschichte erzählt. Ganz im Gegenteil erzählen vielmehr die einzelnen Songs Geschichten. Und hier gab sich Josh Ritter richtig Mühe. "The Curse" zum Beispiel - eine eher atypische Piano-Ballade, die auch als Single ausgekoppelt wurde, zu der es ein wunderschönes Video mit Marionetten gibt - erzählt die Geschichte von einer ägyptischen Mumie, die sich in die Archäologin verliebt, die sie entdeckt. "Another New World" berichtet von einem historischen Entdecker, der gezwungen ist, sein geliebtes Schiff zu verbrennen, um überleben zu können "Folk Bloodbath" ist eine klassische Western-Möderballade mit allem drum und dran - aus Sicht der verblichenen Beteiligten. Alles was recht ist: Wo hat Josh denn diese Geschichten her? "Also, Songs entstehen auf viele verschiedene Arten", erzählt Josh, "und der Trick ist, für alles offen zu sein. Oft ist es ein bestimmter Satz oder eine Melodie. Manchmal ist es aber auch eine Geschichte. Wenn es eine Geschichte in deinen Kopf geschafft hat, geht es darum, diese in den Kontext zur Musik zu bringen. Die Geschichte von 'The Curse' hatte ich eines Morgens im Kopf, während es bei 'Another New World' so war, dass ich diesen Akkord entdeckt hatte, der dieses Gefühl von eisiger Kälte für mich ausstrahlte - da kam ich dann auf diese Geschichte eines Polarforschers. Wie das in meinem Kopf passiert, weiß ich auch nicht. Oft habe ich einfach Glück und es passiert einfach." Das heißt also, dass sich Josh diese Geschichten selbst ausgedacht hat? "Ja, aber das Witzige ist, dass die Themen durchaus universell sind. Ich mag solche Geschichten auch selbst und mir machte es Spaß, damit herumzuspielen. Nimm z.B. 'Folk Bloodbath' - das ist ein ur-amerikanisches Thema und es macht so viel Spaß, mit diesen Elementen, die ja jeder kennt, herumzuspielen und in Bezug auf Humor und Emotionen auszuloten." Und wie kommen dann Musik und Texte zusammen? "Mal so und mal so", weicht Josh aus, "es kann das Versmaß sein, der Rhythmus eines gesprochenen Satzes, eine Akkordfolge - alles ist möglich und nichts ist immer gleich. Das ist das, was ich mag an diesem Prozess."
Wie passt denn dieses zu dem Gedanken, einen Roman zu schreiben - womit sich Josh ja gerade beschäftigt? "Also die Sache ist die", holt Josh aus, "nachdem ich jetzt fast fertig bin, kann ich auf die Anfänge mit einer gewissen Gelassenheit zurückblicken. Zunächst dachte ich - 'Wow, das bietet soviel mehr Freiheit, als Songs zu schreiben!' - einfach weil die Worte mir einfach so zuflogen. Ich dachte, dass das doch sehr unterschiedlich zum Song-Schreiben sei. Dann las ich meinen ersten Entwurf und fand das dann doch ziemlich schrecklich. Da dachte ich mir dann, dass das doch ganz schön schwer sei. Ich arbeitete also sehr viel an diesem ersten Entwurf und mit der Zeit wurde es besser - da war mir dann klar, dass es doch irgendwie wie Songwriting war. Die Erleuchtung kam dann, als ich mich mit Bruce Springsteen unterhielt und ihm erzählte, dass ich an einem Buch arbeite. Er sagte mir dann, dass das für mich, als Songwriter sehr, sehr schwer werden würde, weil jedes einzelne kleine Wort für einen Songwriter schließlich zähle. Das war dann der Schlüssel zu meiner Erkenntnisse, dass das Schreiben von Songs genau so ist, wie das Schreiben von Büchern - nur dass es in einem Buch wesentlich mehr Wörter gibt." Nun - es gibt schon noch einen Unterschied, den Steve Earle mal so formulierte, dass man zu einem Buch nicht so gut tanzen könne, wie zu einem Song. "Das hat er gesagt?", lacht Josh, "das ist fantastisch - das muss ich stehlen."

Was inspiriert Josh Ritter denn? "Schriftsteller", räumt er unumwunden ein, "egal ob es Shakespeare oder Flannery O'Connor oder sonst wer ist. Ich denke, dass alles, Gedichte oder Reime, dir helfen, Krankheiten oder Depressionen zu überwinden. So etwas vertraue ich und so etwas möchte ich auch erreichen. Ich möchte durch meine Arbeit die Welt besser verstehen, anders sehen und besser leben und mich gut fühlen. Deswegen schreibe ich." Was macht einen guten Song für Josh Ritter aus? "Ein guter Song ist für mich wie ein Gang mit vielen Türen. Der Gang ist ziemlich einfach und man kann ihn entlang gehen und zu all diesen Türen. Wenn ich einen Song höre, weiß ich sofort, ob es ein solcher Song ist. Es muss dabei übrigens kein origineller oder innovativer Song sein. Es muss einfach ein Gang da sein, den ich entlang gehen kann." Gilt das auch für den Live-Vortrag? "Das ist etwas anderes. Hier werden wir versuchen, neue Dinge auszuprobieren. Was ich festgestellt habe, ist, dass das neue Material sich hierfür bestens eignet und ich und die Band darauf brennen, damit zu experimentieren. Wir werden die Songs jedenfalls nicht wie auf dem Album spielen. Es ist aufregend, all die neuen Arten zu finden, die Songs zu spielen und diese neuen Dinge auszuprobieren. Zum Beispiel spielt jeder ein Instrument auf der Bühne, das er vorher noch nicht gespielt hat. Es ist wichtig, sich hier zu engagieren - und zwar auf jeder Ebene. Auf der anderen Seite geht es darum. locker zu sein und Spaß zu haben. Es ist ein unglaubliches Erlebnis, weißt du - das Ziel ist es, die Musik zu genießen - und das ist momentan gewiss der Fall." Das gilt natürlich auch für den Zuhörer. Wie gesagt: Auf Josh Ritters neuer Scheibe gibt es viel zu entdecken. Man muss nur einfach den Gang entlang gehen und die Türen aufmachen...

Weitere Infos:
www.joshritter.com
www.myspace.com/joshritter
Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -Pressefreigabe-
Josh Ritter
Aktueller Tonträger:
So Runs The World Away
(Pytheas/Cargo)
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