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MARIANNE DISSARD
 
Katzenjammer
Marianne Dissard
Lange Zeit galt die Französin Marianne Dissard als einer der vielen Eckpfeiler der Tucson-Szene. Zunächst als mitgereiste Ehefrau ihres damaligen Gatten Naim Amor, dann als Protegé von Howe Gelb und Joey Burns, die der aufstrebenden Songwriterin weiland erste Kontakte verschafften und diese unter ihre Fittiche nahmen und zuletzt selbst als Förderin der Szene, indem sie z.B. selbst junge Musiker aus der Szene beschäftigte und inspirierte. Auch wenn Marianne zur Zeit in Paris lebt, entstand das neue Album "The Cat, Not Me" noch vollständig in Tucson. Die Songs schrieb Marianne dabei zusammen mit Sergio Mendoza, der ihren oft traumähnlichen Lyrics ein entsprechendes musikalisches Gewand verpasste und der eigenartige Titel des Albums bezieht sich auf den Umstand, dass Marianne ein besonderes Verhältnis zur Katzenwelt hat.
Aber lassen wir sie doch am Besten ein Mal selbst erzählen: "Nun, der größte Unterschied von diesem Album zu meinen anderen ist der, dass ich es selbst produziert und gemischt habe", berichtet Marianne, "das erste Album machte ich mit Joey Burns - und der ist ja ein Powerhouse, der ständig Feuerwerke im Studio entfacht. Er hat das ganze Drama erzeugt und ich habe ihn dabei beobachtet und gelernt. Das zweite Album habe ich zwar produziert, aber nicht gemischt. Dieses Album habe ich nun nicht nur selbst produziert und gemischt, sondern auch gemastered - was ein sehr wichtiger Schritt ist, den ich erlernen musste, weil ich es zuvor gar nicht verstanden hatte. Ich habe das Album in England gemastered, mit Leuten, die auch für John Parish und PJ Harvey gearbeitet haben, die einen großen Einfluss auf mein Album hatten. John Parish wegen seiner Art zu produzieren, die ich schon kannte, als er vor zehn Jahren ein Album von Naim Amor in Tucson produzierte, für das ich Texte geschrieben habe und PJ Harvey musikalisch." John Parish hat ja eine ganz spezielle Art, die Umweltgeräusche in seine Produktion mit einzubeziehen. "Ja - das stimmt. Vor dem ersten Album hatte ich schon Demos im Keller meines Hauses gemacht und wollte die Stimmen neu aufnehmen. Man kann aber die alten Stimmen noch darunter hören. Das ist zum Beispiel ein Trick, den John Parish auch anwendet und den er 'Ghost Voices' nennt. Für mich sind die Umweltgeräusche auch deswegen wichtig, weil ich mich als visuelle Künstlerin betrachte und daher, dass ich auch Filme und Dokumentationen mache. Musik ist da nur ein Teil des Ganzen."

Das betrifft bei dieser Scheibe besonders die Stimmen, die Marianne nicht nur doppelte, sondern oft auch verfremdete, so dass man am Ende nicht immer alles verstehen kann. "Ja, das ist aber Absicht, denn es ist ja kein Chanson-Album, auf dem man jedes Wort verstehen muss - womit französische Künstler übrigens oft zu ringen haben, wenn sie sich entscheiden müssen, ob und was man unbedingt verstehen muss. Bei mir ist das Ganze sehr viel theatralischer. Es geht eher darum das einzufangen, was das Leben ausmacht, als jedes Wort zu verstehen. Ich erzähle hier ja keine durchgehende Geschichte, sondern vielmehr setzt sich diese aus verschiedenen Texturen zusammen." In der Tat beschriebt Marianne bestenfalls Stimmungen, Szenen und Bilder in ihren Texten. Macht das dann eine Geschichte aus? "Ich bin froh, dass du diesen Punkt ansprichst", meint Marianne, "es ist nämlich so, dass ich zu jeder Scheibe ein Seitenprojekt starte. Für das letzte Album war es ein Film, der dieselbe Energie und die selben Themen aufgriff, wie das Album. Bei meinem neuen Album fühlte ich mich indes zu der Idee hingezogen, einen Roman zu schreiben. Damit habe ich nun im Mai in Italien begonnen. Auch hier sind die Themen, die Stimmung, die Farben und die Energie dieselben wie auf dem Album. Ich musste aber das Album zunächst fertig stellen, um einen Ausgangspunkt zu haben. Das Album wird aber erst mit dem Roman vollständig sein und zwar, weil dieser alles ausformuliert, was ich auf der Scheibe nur andeuten konnte. Deswegen verstecke ich mich auf dem Album auch eher hinter den Texten, als dass ich mich offenbare. Und deswegen ist das Album auch über die Katze - und nicht mich selbst." Was ist denn an Katzen so besonders? "Nun, ich habe eine Menge von meinen Katzen gelernt. Wenn man zum Beispiel eine Scheibe einspielt, ist das, als befände man sich in einer Art Blase. Wenn man vom Studio nach Hause kommt, ist das einzige was zu Hause da ist, eine Katze. Jeden Tag hat mir die Katze zum Beispiel tote Tiere ins Haus gebracht - die übrigens auch auf dem Cover zu sehen sind. Dieser Kreislauf von Tod und Verderbnis hat mich zu der Überlegung inspiriert, wieviel Tier zum Beispiel in uns Menschen steckt. Eine Katze hat ja ein einfaches Leben und ich fragte mich, wie weit man als Mensch diesem Idealzustand kommen könnte - ohne all diesen Ballast, die Zweifel, die Fragen, die man als Mensch nun mal hat."

Außer den Katzen gibt es noch eine Menge anderer Tiere auf Mariannes neuer Scheibe. Was bedeuten diese? "Das sind Inkarnationen meiner selbst", erläutert sie, "ein Salamander ist zum Beispiel ein Tier, das sich häutet und ändern kann - was kein schöner Anblick ist. In dem Song geht es also um die Frage, wie man sich in seinem Körper ändern kann." Wie passt das alles zu der Musik? "Nun ja, dieses Album ist eine Kollaboration mit Sergio Mendoza, der mein Drummer war. Sergio ist ein Wahnsinniger in Sachen Musik und er kennt viele Musiker und vor allen Dingen kann er mit diesen Musikern auf einem technischen Level reden - was mir nicht möglich ist. Als Inspiration zu diesem Album hörte ich viel 'White Chalk' von PJ Harvey - was ein Piano-Album ist - und meinte zu Sergio, dass ich ein Piano-Album machen wollte. Also hat alles mit Melodien auf dem Piano und meinen Texten angefangen, die wir zusammen ausgearbeitet haben. Sergio hat dann die Fähigkeit, alles GROSS erscheinen zu lassen, während ich eher für die kleinen Details, Haken, Kanten und Ösen zu haben bin. Ich wollte ein Album, das im Vergleich ruhig und düster ist - weil die Texte auch ruhig und düster sind."
Marianne Dissard
Aus dieser Zusammenarbeit ergab sich dann eine Mixtur aus Mendozas großem Studio-Sound und Mariannes dunkler Seite der Katze. "Ich weiß nicht, ob man das heraushören kann, aber ich höre mir gar keine Tucson Musik mehr an, sondern stattdessen gerne HipHop. Daran bin ich sehr interessiert - auch, wenn ich das selbst nicht so machen würde, weil diese Musiker verstehen, Musik fragmentarisch zu betrachten - und das ist das, was ich auch so sehe." Was ist denn bei diesem Ansatz das Wichtigste? "Die Überraschung", führt Marianne aus, "Texte, Farben und Performances und eben Fragmente. Ein guter Song muss mich im Studio beschäftigen und ich muss mich anders fühlen, wenn er vorbei ist." Das hört sich ja an, als rede Marianne über gutes Essen. "Absolut", bestätigt sie, "letzte Woche wurde ich zu einem Essen in Madrid eingeladen und dort gab es das beste Essen, das ich jemals gegessen habe - einfach deswegen, weil ich es noch eine Woche später schmecken konnte und es mich somit verändert hat. Genauso muss es mit der Musik auch sein. Besonders auf diesem Album: Ich befinde mich in einer unangenehmen Situation und die Musik hilft mir am Ende, dass es mir wieder besser geht. Das macht dieses Album aus." Warum zog Marianne eigentlich von Tucson nach Paris? "Ich hatte das Gefühl, dass ich mit Musikern zusammen arbeiten möchte, die es in Tucson nicht gibt. Nicht, weil ich die Musiker dort nicht mag - das sind fantastische Musiker -, aber ich habe das Gefühl, dass ich am Ende eines Zyklus angekommen bin und nun etwas neues machen möchte. Damit werde ich aber noch ein wenig warten, weil ich gerade eine Auszeit für meinen Roman genommen habe. Außerdem bin ich jetzt auch eine Yoga-Lehrerin. Und ich möchte das Leben auskosten - so etwas beschäftigt dich ganz schön." Dennoch wird Marianne mit dem neuen Material demnächst auch durch unsere Lande touren. Auf eine Sache sollte noch hingewiesen werden: Das Album "The Cat Not Me" wird nicht auf CD erscheinen, sondern nur als Digitaler Download und auf Vinyl.
Weitere Infos:
www.mariannedissard.com
www.facebook.com/mariannedissard
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pascal Pierrou-
Marianne Dissard
Aktueller Tonträger:
The Cat. Not Me.
(Download)
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