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BJÖRN KLEINHENZ
 
Lieder wie Freunde
Björn Kleinhenz
"Dieses Album zu machen, hat mich gestärkt", sagt Björn Kleinhenz selbst über seine erste Band-LP seit vielen Jahren. Auch wenn es einmal mehr niederschmetternde Erfahrungen wie der in der Vorabsingle "Jump" thematisierte Freitod eines befreundeten Musikers waren, die ihm als künstlerischer Motor dienten, ist "Ursa Minor" trotz einiger Melancholie verströmender Streicherpassagen kein Depri-Album geworden, denn die emotionale Charakterstimme des schwedischen Singer/Songwriters klingt zwar oft traurig, aber nie wehleidig. Derweil sorgen seine neuen Mitstreiter - im Kern Max Sjöholm am Schlagzeug, Oscar Brask an der Gitarre, Per Norin an den Tasten und Kleinzhenz' Zwillingsbruder Christian am Bass - für einen Hauch von Erhabenheit, wenn sie sich auf die Spuren von Slowcore-Größen wie Low (im schönsten naturbelassenen Neil Young-Modus) und Sun Kil Moon begeben und bisweilen sogar klassisches Americana-Terrain streifen.
"Die Platte ist etwas Besonderes für mich, weil sie eine echte Gemeinschaftsarbeit ist", erklärt Kleinhenz im Gespräch mit Gaesteliste.de. "Jedes Mitglied der Band ist ein enger Freund von mir, und das Vertrauen, das wir uns bei der Arbeit an diesen Songs entgegengebracht haben, hat nicht nur den kreativen Prozess in Echtzeit verstärkt, sondern auch das Endergebnis, das fertige Produkt. Ich hatte eine sehr fruchtbare Songwritingphase im Vorfeld der Aufnahmen, und mir ist es gelungen, über Themen und Ereignisse zu schreiben, die sehr persönlich sind. Diese Erfahrungen mit der Band zu teilen, hatte einen großen Einfluss auf mich und hat mir geholfen, mich aus dem Zustand der Hoffnungslosigkeit zu befreien, in dem die Songs geschrieben worden waren."

Dass kurz vor den geplanten Aufnahmen der Gitarrist, den Kleinhenz für die Platte im Hinterkopf hatte, freiwillig aus dem Leben schied, sorgte unbeabsichtigt für den Grundtenor des Albums. Dabei war Kleinhenz damals gar nicht sicher, ob der Freund der richtige Musiker für seine Platte wäre. "Sein Stil war sehr speziell und ich hatte ein wenig Angst, dass er das Album zu sehr beeinflussen würde", erinnert sich Kleinhenz an sein Zögern. "Jetzt, wo die Dinge sind, wie sie sind, hätte er natürlich jedes einzelne Instrument auf der Platte spielen können - ich hätte ihn sogar singen lassen. Oscar habe ich auf der Beerdigung zum ersten Mal getroffen." Danach ging dann alles sehr schnell, und die Band fand im Gedenken an den verstorbenen Freund zusammen und absolvierte bei einer Trauerfeier für ihn ihren ersten Auftritt. Doch was genau schätzt Kleinhenz an seinen neuen Musikern besonders? "Mein Bruder bringt Sicherheit in die Band ein, musikalisch wie persönlich", verrät er. "Es ist sehr schön, dass er da ist, denn ich kann mich auf ihn vollkommen verlassen. Bei den Konzerten ist er vermutlich der Einzige in der Band, der jeden Abend jeden Ton richtig spielt - ich kenne nicht viele solcher Musiker. Der Schlagzeuger spielt sehr stramm und genau das, was wir geprobt haben, und das wollte ich auch haben. Er ist aber auch sehr locker im Kopf, wenn man anfängt, mit etwas zu spielen. Oscar, den Gitarristen, kenne ich noch gar nicht so lange. Er ist einfach ein wenig verrückter, probiert neue Sachen auf der Bühne aus und macht Krach. Das war genau das kleine Ding, was wir noch gebraucht haben."

Die Idee, sich nach einer Reihe von spärlich instrumentierten und arrangierten Werken wieder einem volleren Bandsound zuzuwenden, ging Kleinhenz allerdings schon eine ganze Weile durch den Kopf. "Ich wollte das immer schon machen, aber ich bin in den letzten Jahren viel umgezogen in Schweden und habe mal hier ein halbes Jahr und mal dort ein halbes Jahr gelebt. Dann bin ich auf die Idee gekommen, dass ich mir eine Band in einer Stadt suchen könnte, in die ich dann zum Proben fahren könnte", erinnert er sich. Ein weiterer Impuls waren die Aufnahmen zum letzten Thisell-Album, an denen Kleinhenz mitgewirkt hatte. Die entspannte Atmosphäre, das kreative Miteinander der einwöchigen Sessions weckten in ihm den Wunsch, sein neues Album auf ähnliche Art und Weise einzuspielen, auch wenn es letztlich einige Unterschiede gab. Während Peter Thisell mit einem losen Kollektiv von Musikern aus allen möglichen Bereichen arbeitete, sorgte die von Kleinhenz zusammengestellte Gruppe befreundeter Bandmusiker dafür, dass der Rahmen viel klarer abgesteckt war. "Außerdem bin ich ein viel strukturierterer Bandleiter als Peter", verrät Kleinhenz. "Er ist sehr 'hands off' in seiner Herangehensweise, ich dagegen habe ein viel stärkeres Kontrollbedürfnis."

Trotzdem verlief der Aufnahmeprozess zu "Ursa Minor" sehr demokratisch. Die Musiker schrieben ihre eigenen Parts, eingespielt wurde größtenteils live in einer alten Scheune in Südschweden, und es ist gerade die naturbelassene Spontaneität der Aufnahmen, die begeistert. Schließlich passt sie auch gut zum Schreibstil von Kleinhenz, der nicht erst lange Ideen sammelt, sondern lieber Emotionen schnell in Songs festhält. "Ereignisse, die starke Gefühle auslösen, egal, ob sie positiv oder negativ sind, etwas, das mich berührt hat, sind die Dinge, mit denen ich mich beschäftigen will", sagt er abschließend. "Das ist so, als wenn man einen richtig guten Freund trifft, mit dem man über alles sprechen kann. Ich versuche, meine Lieder wie richtig gute Freunde zu betrachten!"

Weitere Infos:
www.kleinhenz.se
www.facebook.com/bjornkleinhenz
bjornkleinhenz.bandcamp.com
jellyfant.wordpress.com/artists/bjorn-kleinhenz/
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Pressefreigabe-
Björn Kleinhenz
Aktueller Tonträger:
Ursa Minor
(Jellyfant Schallplatten/Cargo)
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