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DAMIEN JURADO
 
Gestatten, Damien Jurado, Geschäftsmann
Damien Jurado
Vor vier Jahren schickte Singer/Songwriter Damien Jurado auf seinem Album "Maraqopa" einen namenlosen Helden ins Rennen, der sich abseits der Gesellschaft auf eine spirituelle Suche nach universellen Wahrheiten macht. Eigentlich nur als einmalige Sache gedacht, tauchte die gleiche Hauptperson auch auf dem brillanten Nachfolger "Brothers And Sisters Of The Eternal Son" auf, bevor die Reise nun auf Jurados insgesamt 13. Album namens "Visions Of Us On The Land" zu Ende geht. Auch dieses Mal arbeitete der 43-jährige Querkopf aus Seattle wieder mit seinem kongenialen Partner Richard Swift als Produzent zusammen, dem es abermals gelingt, Jurados nackte Akustik-Folk-Songs mit einer detailverliebten Rundum-Produktion zwischen Vintage-Charme und Zeitlosigkeit auf ein höheres Level zu heben. Psychedelisch, dynamisch und verspielt, verfolgen die beiden ähnliche Ziele wie Fleet Foxes und Devendra Banhart, lassen das Ergebnis aber dennoch anders klingen als alles, was momentan in Sachen Indie-Folk unterwegs ist. Im April geht er, präsentiert von Gaesteliste.de, erstmals seit vielen Jahren wieder mit Band in Deutschland auf Tour.
GL.de: Damien, was macht dich als Musiker derzeit am glücklichsten?

Damien: Es ist schwer zu sagen, ob mich wirklich etwas als Musiker glücklich macht. Ich denke, ich bin sehr zufrieden, aber eher auf persönlichem Level.

GL.de: Dein erstes Album, "Water Ave S", erschien vor fast zwanzig Jahren. Gibt es Ziele, die du noch erreichen willst?

Damien: So betrachte ich das eigentlich nicht. Ich denke immer nur von Platte zu Platte. Gibt es nach diesem Album noch etwas, das ich machen kann? Die Frage kann ich zum jetzigen Zeitpunkt wirklich nicht beantworten!

GL.de: Gerade weil du von Platte zu Platte denkst, ist es umso interessanter, dass deine letzten drei eine zusammenhängende Trilogie darstellen!

Damien: Ja, aber das war ja keine Absicht. Natürlich war "Maraqopa" geplant, aber daran, einen zweiten und jetzt sogar einen dritten Teil zu machen, habe ich wirklich nicht gedacht. Ich habe in vielen Interviews zum letzten Album gesagt, dass ich mir nicht vorstellen kann, einen dritten Teil zu machen, und siehe da, nun gibt es ihn doch. Selbst als ich angefangen habe, Songs für diese LP zu schreiben, konnte ich mir nicht vorstellen, dass ich wieder beim gleichen Thema landen würde. Das schälte sich erst nach drei oder vier Songs heraus.

GL.de: Die Gelassenheit, die du auf der Bühne vermittelst, überträgt sich offensichtlich auch auf dein Songwriting. Viele Musiker schreiben ja einen Supersong und denken dann sofort: Oh Mann, so etwas Gutes kriege ich bestimmt nie wieder hin. Du scheinst diese Art von Angst nicht zu kennen?

Damien: Nein, diese Angst habe ich nicht, allerdings habe ich auch gar nicht diese Art von Erwartung. Im Netz schwirrt ein Interview mit mir zur vorherigen Platte herum, bei dem ich gleich zu Beginn sage: "Ich werde wohl nie ein besseres Album machen als dieses." Ich setze mich einfach nicht dem Druck aus, mich ständig selbst übertreffen zu müssen. Das heißt natürlich nicht, dass ich Müll herausbringen würde. Wenn ich das Gefühl habe, dass eine Platte nicht gelungen ist, veröffentliche ich sie einfach nicht.

GL.de: Woran misst du die Qualität deiner Platten?

Damien: Ganz einfach: Ich mache Platten nicht für ein Publikum, ich mache sie für mich selbst. Ein Album muss allein mir gefallen, das ist alles, was zählt. Wenn niemand sonst es mag, ist das vollkommen egal. Ich sehe das so: Wenn du ein Haus baust, in dem du mit deiner Familie wohnen willst, und dir und deinen Lieben gefällt es - was kümmert es dich da, was deine Nachbarn denken? Du baust das Haus ja nicht für sie, sondern für dich und deine Familie!

GL.de: Trotzdem gibt es heutzutage doch einen gewissen Trend, mehr auf die Meinung anderer Wert zu legen und sich anzupassen, anstatt durch Individualismus aus der Masse hervorzustechen.

Damien: Das stimmt, aber die Menschen, die so denken, sollten keine Musik machen, nicht malen, Gedichte schreiben oder sich auf irgendeine andere Art künstlerisch betätigen! Man darf nicht vergessen, dass man als Künstler sehr verletzlich ist. Man hält täglich seinen Kopf hin für seine Kunst.

GL.de: Eigentlich dachten wir, dass du den namenlosen Helden deiner letzten drei Alben erfunden hast, um dich als Person Damien Jurado stärker von den Inhalten deiner Texte abzusetzen. Sind wir da auf dem Holzweg?

Damien: Sagen wir mal so: Meiner Freundin sind einige enge Verbindungen zwischen der Hauptperson der letzten Platten und mir aufgefallen. Ich persönlich sehe auch einige Parallelen, aber in Wahrheit glaube ich nicht, dass ich wirklich diese Person bin. Ich grabe nicht so tief, um den Symbolismus hinter den Songs zu ergründen. Ich schreibe die Texte einfach nieder und lass es auf sich beruhen. Manchmal schälen sich bestimmte Bedeutungen später heraus und das ist prima, aber ich vergeude nicht meine Zeit damit, darüber nachzudenken.

GL.de: Gibt es etwas, das mehr Menschen von dir wissen sollten?

Damien: Nein, das Gegenteil ist der Fall. Ich wünschte, die Menschen wüssten weniger von mir (lacht). Es gibt keinen Grund, dass sie noch mehr wissen sollten! Für mich gibt es eine klare Trennung zwischen der Kunst und der Realität. Es gibt das, was ich künstlerisch mache, und dann gibt es die Person, die für meine Kinder und meine Freunde da ist – und da gibt es einfach einen Unterschied. Unglücklicherweise gibt es eine ganze Reihe Künstler, die es nicht schaffen, diese beiden Dinge zu trennen. Ich sage unglücklicherweise, weil es so viele Beispiele gibt, wo die Kunst die Oberhand gewonnen hat und den Künstlern das Leben versaut hat. Kunst kann sehr gefährlich sein.

GL.de: Genau deshalb bist du kein großer Fan von Tourneen - weil sie dich von deinem "normalen" Leben fernhalten...

Damien: Ja, das stimmt. Allerdings trifft das genauso auf Menschen beim Militär oder auf Geschäftsleute zu, die für die Arbeit alle paar Monate für längere Zeit nach Übersee reisen müssen. Ich sehe da keinen Unterschied. Musiker werden in dieser Hinsicht einfach viel zu hoch angesehen.

GL.de: Manche Leute würden vermutlich den Standpunkt vertreten, dass es kreativer ist, Songs zu schreiben und die auf einer Bühne aufzuführen, als von Tür zu Tür zu gehen und als fliegender Händler Waren feilzubieten.

Damien: Ich sehe da keinen Unterschied, beide verkaufen letztlich nur ein Produkt (lacht)!

GL.de: Die meisten Musiker, mit denen wir sprechen, sehen das vermutlich genauso, würden das aber nie zugeben!

Damien: Warum sollte ich ein Blatt vor den Mund nehmen? Ich bin ein Geschäftsmann. Natürlich liebe ich es, Musik zu machen, aber vor allem habe ich eine Familie zu ernähren. Am Ende des Tages geht es mir vor allem darum, den Menschen meine Platte zu verkaufen. Es ist ein Geschäft.

GL.de: Deshalb bist du in den letzten Jahren trotz deiner immer aufwendiger produzierten Platten auch stets solo aufgetreten. So bleibt am Ende mehr Geld für dich und deine Familie übrig. Auf der von Gaesteliste.de präsentierten Tournee im April hast du dagegen eine vielköpfige Band dabei.

Damien: ...und das kostet Geld!

GL.de: Widerspricht das nicht ein bisschen dem, was du gerade gesagt hast?

Damien: Nein! Die Band ist eine Investition und ein Risiko. Lass es mich mit einer Analogie sagen: Wenn du einen Anstreicherbetrieb führst und möchtest, dass dein Geschäft expandiert, dann musst du vier, fünf zusätzliche Leute einstellen, denn ein ganzes Haus kannst du nicht allein anstreichen, und du musst in sie investieren, ihnen die besten Pinsel und vernünftige Farben besorgen, damit sie ordentlich arbeiten können. In der Musik ist das nicht anders. Wie eben schon gesagt: Auch sie ist ein Geschäft, und ich möchte, dass mein Geschäft expandiert.

Weitere Infos:
damienjurado.com
www.facebook.com/jurado.damien/
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Elise Tyler-
Damien Jurado
Aktueller Tonträger:
Visions Of Us On The Land
(Secretly Canadian/Cargo)
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