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CONTINENTAL DRIFTERS
 
"Alles einfach nur Rock N Roll"
Continental Drifters
"Wir sind alle wie Geschwister", erklärt Mark Walton beim Gespräch mit der Gästeliste lachend das Leben mit den Continental Drifters. "Wir sind Menschen, die sich sehr gern haben, sich seit vielen, vielen Jahren kennen, die sogar die Sätze der anderen vollenden können. Als Band versuchen wir einfach, eine Einheit zu bilden." Und Einheit demonstrieren die ja auch alle alleine für sich wohlbekannten Drifters - neben Mark noch Susan Cowsill, Peter Holsapple, Vicki Peterson, Russ Broussard und Robert Maché - wirklich auf "Better Day", ihrem neuen Album.
Continental Drifters
Auch wenn die Songs oberflächlich betrachtet sommerlich fröhlich und poppig klingen, hat gerade die neue Platte auch etwas dunklere Seiten. Das kleine, böse Gitarrensolo bei "Na Na" sei dafür als Beweis angeführt. Die Continental Drifters glauben an die Kraft eines guten Songs, und nicht nur Susans wunderschöne Ballade "Snow" ist ein Paradebeispiel dafür. Dass die Melange aus Folk und Rock, souligem Pop und swampigem Country mehr Schattierungen besitzt als der gesamte Rest der "No Depression"-Szene, stand hierzulande auch schon vor Jahren zu lesen. Bei sechs Songschreibern in der Band, die zuvor bei Kultacts wie Dream Syndicate, dBs, Giant Sand, The Bangles, Cowsills oder R.E.M. gespielt haben, ja eigentlich auch kein Wunder. Ein weiterer Grund ist, dass inzwischen alle Bandmitglieder in New Orleans heimisch geworden sind. "Anfangs haben wir ja alle in Los Angeles gewohnt, aber dann zog unser Schlagzeuger weg und dann unser Gitarrist, und das war sehr seltsam. Das ist wie bei deiner Familie: Jemand, den du sehr magst, zieht weg und du sagst dir: Ich ziehe auch dorthin!"

Die Tatsache, dass Vicki inzwischen auch wieder mit den reformierten Bangles tourt (des Öfteren sogar mit den Drifters als Supportact), hat sich laut Mark auch bisher nicht negativ auf die Bandchemie ausgewirkt. Erstmals wird ein Album der Continental Drifters übrigens zeitgleich in Europa und den Staaten veröffentlicht. "Ist das nicht unglaublich?" freut sich Mark. "Das Schönste allerdings ist, dass sich Blue Rose wirklich eine Menge Mühe gemacht hat und es die CD in Deutschland nicht nur in der normalen Version, sondern auch als Buchcover und auf Vinyl gibt. Wir haben unsere amerikanische Plattenfirma zu etwas Ähnlichem überreden wollen, aber sie wollte nichts davon wissen."

Continental Drifters
An mangelnder Planung hat das in keinem Fall gelegen. Denn die umtriebigen Musiker alle unter einen Hut zu bringen, ist alleine schon eine logistische Meisterleistung: "Für einen Haufen unorganisierter Typen sind wir ziemlich gut organisiert. Wir müssen es aber auch sein, um die Konfusion nicht zu groß werden zu lassen. Ich zum Beispiel habe drei Kinder, Russ hat auch eins, Vicki tourt mit den Bangles und versucht, auch mit denen eine Platte zu machen. Um das alles unter einen Hut zu kriegen, haben wir schon vor 14 Monaten angefangen, diese Veröffentlichung zu planen. Wir setzten uns zusammen und fragten uns: Wann müssen wir aufnehmen, damit die Platte im Sommer auf den Markt kommen kann und wir anschließend touren können? Ich kann nämlich eigentlich nur im Sommer touren, wenn meine Frau, die Lehrerin ist, Schulferien hat und ich nicht auf die Kinder aufpassen muss. Die Deutschland-Tournee im Oktober wird da schon kompliziert!"

So sehr die Veröffentlichung auch im Voraus geplant wurde, die Aufnahmen entstanden ziemlich spontan. "Wir hatten für den 2. Januar das Studio gebucht, aber bis Silvester waren wir uns noch gar nicht sicher, ob wir überhaupt genügend gute Songs für ein Album zusammen hatten. Erst unsere Silvestershow hier in New Orleans hat uns die Augen geöffnet. Dort haben wir einfach alle neuen Songs zum allerersten Mal gespielt und schnell gemerkt: Ja, wir haben auf jeden Fall genug Stücke! Was die Arrangements angeht, hatten wir aber noch gar keinen Plan. Also sind wir einfach ins Studio gegangen und haben losgelegt. Wir haben auch nicht viel Zeit auf die Aufnahmen verwendet. Du machst dir letztendlich nur zu viele Gedanken und willst an allem noch einmal arbeiten und damit verwässerst du die Songs. So haben wir sehr viele im ersten Versuch fertiggestellt, und selbst bei denen, die wir mehrmals aufgenommen haben, sind wir meistens zur ersten, besseren Fassung zurückgekehrt."

Trotz der sechs Songlieferanten gibt es laut Mark nie Probleme bei der Songauswahl für die Platten. "Wir suchen immer die Songs aus, die die Continental Drifters als Kollektiv am besten repräsentieren. Und weil wir uns in diesem Punkt einig sind, gibt es also auch niemanden, der sagen würde: 'Also, ich bestehe auf meinen vier Songs pro Platte!'"

Und so kommt es, dass Mark, ansonsten eher zurückhaltend beim Songschreiben, nicht nur einen selbstgeschriebenes Stück zum neuen Album beisteuert, sondern zum ersten Mal in seiner nicht gerade kurzen Musikerlaufbahn auch selbst singt. Eigentlich wollte er nur das Stück im Studio vorstellen und Susan singen lassen, die lehnte allerdings ab. Lachend erinnert sich Mark an die durchaus einleuchtende Begründung für diese Entscheidung: "Ich werde jetzt 42 und die anderen in der Band meinten, wenn ich jetzt nicht langsam anfange mit dem Singen, dann wird das nichts mehr! Also hab ich's einfach probiert und obwohl ich meine Stimme immer noch nicht gerade toll finde, ist das Ergebnis ganz okay."

Über den eigenen Schatten zu springen und sich nicht an den Maßstäben anderer zu orientieren, ist sowieso eine der Maximen der Band: "Unser Geheimnis ist es, dass wir genau die Musik spielen, die wir hören wollen. Wir sind in einer Zeit aufgewachsen, in der man noch 'das Radio' anschaltete. Nicht das 'Pop'-Radio oder den Sender mit den '80s Classics' oder irgendeine der anderen miserablen Formatradiosender, die wir hier in Amerika haben. Heute ist alles strikt kategorisiert. In den 60ern ging es einfach um die Musik. Wir wurden alle zu dieser Zeit geboren und haben das noch verinnerlicht. Mich persönlich interessieren keine Genres. Für mich ist alles einfach nur Rock N Roll! Wer eine Schublade für unsere Musik sucht: Nennt es Rock N Roll!"

Continental Drifters
Zehn Jahre gibt es die Continental Drifters jetzt, und auch wenn die Band eher zufällig entstand (Mark: "Wir saßen alle im Wohnzimmer zusammen und spielten vor uns hin, bis uns auffiel, wie großartig das Zusammenspiel funktionierte, und wir uns einfach einen Namen gaben und eine Show buchten"), die musikalische Kontinuität ist eine der herausragenden Eigenschaften der Band. Im Gegensatz zu vielen anderen sehen sie aber auch keinen Grund, die äußeren Faktoren wie ihr Aufnahmestudio oder den Produzenten zu wechseln. "Wir haben ein sehr demokratisches System für uns entwickelt, das für uns sehr gut funktioniert. Wenn wir wirklich viel Geld zur Verfügung hätten, würden wir vielleicht auch verschiedene Produzenten ausprobieren, für einen Song Steve Lillywhite einfliegen oder so. Aber wir können uns diesen Luxus nicht leisten, also machen wir es selbst."

Da stellt sich abschließend natürlich die Frage, ob den Continental Drifters nicht die Integrität eines kleinen Labels wichtiger ist als das große Geld. Immerhin ist es bei einem Major oft so, dass die Band der Plattenfirma schon vor der Veröffentlichung zigtausend Dollar für eine große Marketingkampagne schuldet und erst einmal massig Platten verkaufen muss, um in die Gewinnzone zu kommen. Wären die Drifters trotzdem an solch einem Deal interessiert? "Nein, als Familienvater muss ich zwar sehen, dass ich über die Runden komme, aber ich würde mir lieber eine halbe Million von einer Bank leihen, als das gleiche Geld von einer Plattenfirma in mich investieren zu lassen. Bei der Bank hängt es schließlich nur von mir ab, dass ich das Geld zurückzahlen kann", erklärt Mark bestimmt und fügt augenzwinkernd an: "Wenn man uns allerdings wie R.E.M. 50 Millionen Dollar für fünf Alben zahlen würden, klar, dann wären wir dabei. Nee, Moment, wir sind zu sechst, da sollten es schon 60 Millionen sein!!!"

Weitere Infos:
www.continentaldrifters.com
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Pressefreigabe / Ullrich Maurer (live)-
Continental Drifters
Aktueller Tonträger:
Better Day
(Blue Rose Records/In-Akustik)

 
 

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