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SKINDIVE
 
Vier Freunde sollt ihr sein!
Skindive
Das eigentliche Interview im gediegenen Ambiente des Kaminzimmers im Kölner Savoy-Hotel ist seit gut zwanzig Minuten vorbei und Skindive-Mastermind Gerry Owens läßt sich entspannt in die riesigen Plüschkissen der roten Couch sinken, die farblich perfekt zu den roten Haarsträhnen des Iren paßt. "Weißt du was", kichert seine amerikanische Kollegin Danielle Harrison, "du siehst im Moment ziemlich sexy aus!" Und als hätte sie alleine mit dieser Bemerkung einen falschen Eindruck erweckt, sagt sie direkt danach sozusagen beiläufig: "Es ist schon seltsam: Wir haben jetzt schon zig Interviews gegeben, aber nur einmal wurden wir gefragt, ob wir ein Paar sind. Wir sind's nicht!"
Es würde wohl auch die Balance innerhalb der Band stören, denn als vier (beste) Freunde funktioniert das irisch-amerikanische Quartett offensichtlich am besten. Immerhin war es ein langer Weg bis zu ihrem selbstbetitelten Debütalbum, das dieser Tage erscheint. Gerry: "In den fünf Jahren, die wir jetzt zusammen spielen, mußten wir eine Menge einstecken, aber in unserem Fall hat uns das nur mehr zusammengeschweißt. Wir können jetzt sagen, daß wir wirklich beste Freunde sind. Wir haben natürlich auch jede Menge großartige Situationen miteinander erlebt. Unser erster Besuch in den USA war einer der glücklichsten Momente meines Lebens. Das war sogar noch, bevor wir einen Vertrag hatten." Apropos Vertrag: Drei Jahre lang haben Skindive mit Hunderten von Plattenfirmen verhandelt, unzählige "Industry-Showcases" gespielt, also Konzerte, bei denen statt echten Fans wichtige Business-Menschen in Anzügen in der ersten Reihe stehen. Nicht gerade das, was sich die vier unter eine Traumstart vorgestellt hatten. Nach vielen frustrierenden Erfahrungen landete die Band letztendlich bei einem ihrer Traumkandidaten: Beim neuen Label des legendären Chris Blackwell, Palm Pictures. Und obwohl die Band fast alles dafür getan hätte, bei Palm zu landen, haben sie trotzdem jede erdenkliche Freiheit, die eine Debütband sich wünschen kann, das weiß auch Gerry: "Keine andere Plattenfirma hätte uns so viel Zeit gelassen, uns so viel Geld gegeben oder uns das erste Album selbst produzieren lassen. Wir durften genau die Platten machen, die WIR machen wollten."

Verständlich, daß die Band ziemlich glücklich ist, daß es jetzt endlich richtig für sie losgeht. "Wir haben gerade eine ziemlich aufregende Zeit", weiß Gerry. "Nach vier Jahren Arbeit ist unser Album jetzt endlich in Irland erschienen, und auch in Europa kommt es ja in Kürze raus. Schlimm war es um Weihnachten herum, als wir ziemlich untätig waren und auch noch überhaupt kein Feedback zur Platte hatten. Jetzt gibt es die ersten Reaktionen und glücklicherweise waren sie bisher alle recht positiv." Was nicht besonders verwundert, hat das Album doch einige Elemente, die an Nine Inch Nails oder Garbage erinnern. Die könnten auch zu der Annahme verleiten, daß die Platte in den Staaten ein breiteres Publikum finden könnte als in Europa. Mit ein Grund, warum die Platte in Amerika bereits vor einem halben Jahr veröffentlicht wurde. "Ja, wir sind nach Amerika gegangen und haben ja auch dort einen Plattenvertrag unterschrieben, weil wir uns schon gedacht haben, daß wir dort besser abschneiden würden", bestätigt Gerry. "Bevor wir vor drei Jahren den Schritt gemacht haben und aus Irland weggegangen sind, haben wir vor einem Publikum gespielt, das nur regungslos und mit offenem Mund vor der Bühne stand und sich fragte: 'Was ist das?' In den USA waren die Reaktionen von Anfang an sehr gut. Überraschenderweise sind wir nun auch in Irland ziemlich erfolgreich. Aber so ist das nun mal in Irland: Die mußt erst anderswo Erfolg haben, bis du auch zu Hause akzeptiert wirst." Da stellt sich die Frage, ob der Erfolg in Irland denn so wichtig ist. "Irland ist natürlich winzig und es ist dort nicht viel los. Geschäftlich und karrieretechnisch könnte uns das egal sein, aber natürlich lebt meine Familie dort, und es ist schön, daß sie auch etwas von unserem Erfolg mitbekommt", erklärt Gerry, und die gebürtige Amerikanerin Danielle fügt lachend an: "Das gilt auch für mich, der Erfolg in den Staaten ist für mich aus den gleichen Gründen wichtig!"

Mit Skindive will Gerry Owens musikalisches Neuland betreten und sich in keinster Weise mit der Kopie eines bewährten Erfolgsrezepts begnügen. Das ist sehr löblich, allerdings ist manchmal der Spatz in der Hand mehr wert als die Taube auf dem Dach. Denn so ambitioniert die Melange aus Funk/Rock-Gitarren, geloopten Drumbeats, Ambient-Soundflächen, Samples und Industrial-Anleihen auch ist - oft scheint der Weg bereits das Ziel zu sein. Was nicht heißt, daß das Debütalbum des Quartetts eine schlechte Platte wäre. Nur verhaspeln sich Skindive streckenweise in den eigenen Ansprüchen und erreichen so nur die Markierung "Solider Alternative Rock", wo doch eigentlich nur der Himmel die Grenze hätte sein sollen. In der Liga, in der die bereits erwähnten Nine Inch Nails und Garbage ganz oben mitspielen, platzieren sich Skindive im oberen Mittelfeld, denn zumindest mit "Tranquilizer" und "No More Good Guys" erreichen sie letztendlich doch die hochgesteckten eigenen Ziele.

Angesichts der Tatsache, daß Bandinitiator Gerry nicht nur alle Songs schreibt, einen Haufen Instrumente spielt und die Platte selbst produziert hat ("Eigentlich wollte ich die Platte nicht selbst produzieren, denn ich dachte: Wenn das schief geht, bin ich ganz alleine daran Schuld."), stellt sich die Frage, wie demokratisch die Band überhaupt ist. "Gerry schreibt die Songs, also auch die Texte, und wir als Band sind damit auch einverstanden. Wir fühlen uns wohl damit", erklärt Danielle. "Ich diskutiere die Texte auch gar nicht mit Gerry, bevor ich sie singe. Ich versuche sie einfach als meine eigenen anzusehen, ohne zu viel Hintergrundinformationen dazu zu haben."

Skindive
Und diese Vertrauensbasis war es ja schließlich, die Gerry nach schlechten Erfahrungen bei früheren Bandprojekten gesucht hatte. Die musikalischen Fähigkeiten seiner Mitstreiter waren ihm ebenso wichtig wie ein fast blindes Verständnis. Diesen Anspruch weitete er übrigens auch auf die anderen am Debütalbum Mitwirkenden aus. Bei Co-Produzent Adrian Sherwood war das nicht besonders schwierig, schließlich hatte sich der On-U-Sound-Mann selbst bei Skindive ins Gespräch gebracht. "Er hatte unsere Demos in New York gehört und uns angerufen. Wir haben uns dann zusammengesetzt und besprochen, wie eine Zusammenarbeit aussehen könnte. Das größte Problem bei der Wahl eines Produzenten ist es bekanntlich, daß sie meistens die Platte in eine bestimmte Richtung lenken wollen. Wir aber hatten uns schon drei Jahre lang Gedanken gemacht, wie das Album klingen sollte." Bei Dave Ogilvie, dem Mixmaster der Nine Inch Nails, sah das schon etwas anders aus. "Auf ihn bin ich gekommen, weil ich eine Menge Alben besitze, an denen er beteiligt war. Allerdings hat er bisher vor allem an ziemlich hartem Zeug gearbeitet. Wir aber haben eine Menge sehr unterschiedlicher Tracks und auch viele orchestrale Stücke mit dabei. Aber innerhalb der ersten 15 Minuten unserer Diskussion stellte sich heraus, daß er auch für die ruhigeren Stücke das richtige Gespür haben würde. Er wollte an der Platte nicht wegen der härteren Songs arbeiten, sondern gerade wegen der anderen!"

Etwas härter und ungeschliffener wird es auch bei der Deutschland-Tournee Ende November zugehen, denn während Skindive im Studio manchmal auch 72 Tonspuren für ein einziges Stück belegen, wollen sie live - einigen technischen Hilfsmitteln zu Trotz - möglichst wenig "mogeln". Und auch, wenn die Band schon auf ihr Image achtet, in typische Rockstar-Klischees verfallen die vier dennoch nicht. Minibars leer räumen und Hotelzimmer verwüsten kommt für Skindive nicht in Frage. Und falls ihnen doch einmal der Sinn danach stünde, da sind sich Gerry und Danielle einig, würden sie auf jeden Fall darauf aufpassen, daß sich die leere Minibar im Zimmer der Plattenfirmavertreterin befände und nicht in ihren eigenen...

Weitere Infos:
www.skindive.ie
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Pressefreigaben-
Skindive
Aktueller Tonträger:
Skindive
(Palm Pictures/Zomba)

 
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