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LISA BASSENGE TRIO
 
Ein Hauch von Pop
Lisa Bassenge Trio
Lisa Bassenge findet es ganz normal, mit ihrem Jazz-Trio auch Pop-Stücke durch die Mangel zu drehen. Das tun andere auch zuweilen - nur nicht so extrem. Es gehört schon eine Portion Chuzpe dazu, Kylie Minogue's "Can't Get You Out Of My Head" als hingehauchte Jazzballade zu zelebrieren. Fast noch grotesker ist es allerdings, "Blue Suede Shoes" - schlichtweg einer der Rock'n'Roll Klassiker schlechthin - zu sparsam gesetzten, düsteren Akkorden als streng formuliertes Kammerstück präsentiert zu bekommen. Lisa hat ja durch ihr Mitwirken in Projekten wie Micatone gezeigt, dass sie nicht gerade akademisch denkt. Was sagen denn aber ihre Kollegen aus der ernsthaften, studierten Jazz-Ecke dazu? Immerhin verachten diese ja für gewöhnlich Pop-Musik als unwürdig.
"Ja, ich weiß, solche Kommentare bekomme ich natürlich auch zu hören", meint Lisa zu diesem leidigen Thema, "ich habe aber eher die Erfahrung gemacht, dass ich auch aus dieser Ecke Zustimmung erfahre und dass auch studierte Jazzer und Puristen mit dieser Musik etwas anfangen können und auch die Schönheit darin wahrnehmen. Außerdem habe ich das Glück, dass meine Zuhörerschaft sich ganz verschieden zusammensetzt. Das sind Leute, die stilübergreifend und generationsübergreifend Musik hören. Offensichtlich spricht meine Musik ein breites Publikum an." Worum geht es denn bei den musikalischen Vivisektionen, denen das Lisa Bassenge Trio das Material jetzt bereits auf der zweiten CD unterzieht? "Ich muss dazu sagen, dass Andreas Schmidt, der Pianist, auch dieses Mal die meisten Arrangements geschrieben hat. Er wählt auch die meisten Stücke aus, weil er als erster sagen kann inwiefern sich ein Stück harmonisch gut verändern lässt. Obwohl, wenn mir etwas nicht liegt, dann singe ich es auch nicht. Petula Clark's "Downtown" ist zum Beispiel so ein Fall - das sagte mir nicht so viel. Die Stücke, die wir auswählen sind ganz einfach ..." Moment mal: Rio Reiser's "Junimond" ist doch ein recht komplexes Werk… "Vielleicht war das der falsche Ausdruck. Was ich meinte ist, dass es Stücke sind, die man im Radio vielleicht gehört hat und als 'easy' empfunden hat. Uns geht es darum, denen eine gewisse Tiefe und Ernsthaftigkeit zu geben. Es sind schon Stücke, die einen gewissen Ewigkeitswert haben, der aber in der Originalversion vielleicht noch nicht so richtig herauskam."

Smokey Robinson's "My Girl" (hier als "My Guy" präsent) ist ein prächtiges Beispiel für diese Art von Song. "Was wir jedenfalls möchten, ist den Song zu unserem eigenen zu machen, Dinge herauszukehren, die vorher nicht offensichtlich waren - oder umgekehrt, Extreme zurückzufahren." Vielleicht auch die Sichtweise des Zuhörers zu beeinflussen? "Auf jeden Fall! Gerade bei den Elvis-Stücken, bei Kylie oder bei 'Shake The Disease' war die Absicht, den Leuten zu sagen: Hey, hört mal, die klingen auch gut, wenn sie anders gespielt werden", bestätigt Lisa. Das Ergebnis muß sich dabei fast zwangsläufig von dem Original entfernen. Während bei Lisas Version von "Can't Get You Out Of My Head" zumindest die Originalmelodie noch angedeutet wird, scheint diese bei "Junimond" gar nicht mehr aufgegriffen zu werden. "Doch, doch", widerspricht Lisa, "die Melodie haben wir - so denke ich - doch aufgegriffen. Es mag dir vielleicht so vorkommen, weil wir da Stück in einem ganz anderen Rhythmus gespielt haben als das Original - im ¾ Takt. Das ist aber ein gutes Beispiel für unsere Art mit Songs umzugehen." Nun, vielleicht liegt es ja auch daran, das die Echt-Version, die noch vor Monaten im Radio rauf und runter lief, gerade auf der Melodielinie so herumgeritten ist. Auf jeden Fall stimmt es aber, was Lisa sagt: Wenn man ihre Interpretationen gehört hat, sieht (bzw. hört) man die Originalversionen anders.

Lisas Art zu singen ist ziemlich unaufdringlich. Leise, fast hingehaucht erscheinen ihre Ansätze. Ist das auch der Grund, warum das Album "A Sigh A Song" heißt? "Nein, dabei handelt es sich um einen Text, den ich schon mit 19 geschrieben habe. Der Titel gibt eine leicht melancholische Stimmung wieder - vielleicht eine, in der man alleine zu Hause sitzt und Musik hört. Wir haben das jetzt zu einem eigenen Stück gemacht." Das ist auch die einzige Originalkomposition auf dem neuen Album. Warum müssen es denn sonst stets Cover-Versionen sein? "Also zunächst mal mag ich das Wort 'Cover-Versionen' nicht", meint Lisa hierzu, "das klingt immer so abwertend, nach Oldies-Bands, in denen Stücke 1:1 nachgespielt werden. Wir wollen schon auf dem nächsten Album mehr eigene Stücke machen. Das Ganze hängt damit zusammen, daß wir vor sieben Jahren mit Standards angefangen haben und es uns immer gereizt hat, Sachen in ein neues Gewand zu packen, zu rekonstruieren - und zu reduzieren. Jeder von uns hat auch noch andere Projekte, wo er eigene Stücke macht und das Trio ist wirklich auf das Bearbeiten von Songs abonniert." Was ja sicherlich nicht falsch ist. Aber wie konnte es denn ausgerechnet zu dem Kylie Stück kommen - was ja doch schon ein wenig verwegen erscheint. "Das ist eher zufällig entstanden", gibt Lisa zu, "wir brauchten noch ein Stück für eine Zugabe und da fiel mir das ein. Zunächst wollte ich es nicht mit auf die Platte nehmen, aber jetzt denke ich doch, dass das richtig war." Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Auch wenn Elvis, Depeche Mode und Dean Martin sich auf dieser Scheibe musikalisch die Hand reichen: Es ist zunächst und vor allem auch eine ausgezeichnete Jazz-Platte. Zum Trio gehört noch Bassist Paul Kleber. Ein Schlagzeug gibt es indes nicht. "Wir haben das mal probiert", erzählt Lisa, "haben dann aber festgestellt, dass wir das nicht unbedingt brauchen. Ein Schlagzeug kommt unserer Art zu spielen auch nicht unbedingt entgegen." Was eigentlich stimmt, denn gerade das Einsparen des Rhythmischen richtet bei Pop-Songs die Aufmerksamkeit auf andere Qualitäten. Anstatt eines Schlagzeugs gibt es dann eher zurückhaltende Percussion - und einige punktgenau eingesetzte Gastauftritte: "Ja, da gibt es z.B. David Friedmann (nicht zu verwechseln mit dem Produzenten gleichen Namens), der ist Professor an der HDK in Berlin und ein ausgezeichneter Vibraphonist - der hat auch mit Herbie Hancock und Chet Baker und so gespielt und dann haben wir Daniel Mattar - das ist ein Jazz-Sänger aus Berlin, der singt sonst bei Mosaique For Voices und es gibt noch Streicher, die kommen von der Klassik ..." Und kleine Zutaten, mit denen Lisa die Songs ergänzt. Das sind meist kleine Kommentare, wie z.B. in "My Guy", wo sie beschreibt, dass sie nicht mal dann von ihrem "Guy" ablassen würde, wenn sie von Brad Pitt zum Essen eingeladen würde. "Ja, das ist meine Art die Songs zu kommentieren", beschreibt sie das, "das fand ich dann ganz witzig, noch mal zu erklären, wie das ist, wenn man verliebt ist - worum es ja in diesem Song geht." Was ja eine gute Interpretation ausmacht.

Lisa Bassenge Trio
Eine Frage bleibt dennoch: Warum ist denn auf den CD-Covern nicht das ganze Trio - oder die ganze Lisa - zu sehen? "Die Cover haben zwei Freundinnen von mir gemacht, Melanie Buss und Caroline Semke. Der Gedanke war dabei, nur Andeutungen zu zeigen - auf der ersten CD mein Nacken, und jetzt meine Beine. Wir wollten nicht zuviel verraten, nur etwas andeuten, damit der Zuhörer ein wenig neugierig gemacht wird." In einer Zeit, wo Kunst auch immer gleich sinnlos und abgehoben bedeuten muss, um erfolgreich zu sein und ernstgenommen zu werden, bietet das Lisa Bassenge Trio eine überraschend bodenständige Alternative. Ohne aufdringlich oder überheblich zu wirken, zeigen Lisa und ihre Jungs in einem atemberaubenden Spagat Wege auf, Altbekanntes neu zu erkunden - und das ganz ohne Wertung, aber mit Anspruch und gleichzeitig unterhaltsam.
Weitere Infos:
www.lisa-bassenge-trio.de
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Achim Kroepsch-
Lisa Bassenge Trio
Aktueller Tonträger:
A Sigh, A Song
(Minor Music/In-Akustik)
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