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MARIA MENA
 
Live And Let Die
Maria Mena
Eigentlich hätte dieser Tage das neue Album von Maria Mena, "White Turns Blue", in den Plattenläden stehen sollen. Maria ist eine norwegische Songwriterin, die in ihrem Heimatland zu den absoluten Superstars gehört. Sie hat dort bereits zwei Alben - "Another Phase" und "Mellow" - veröffentlicht. "White Turns Blue" ist quasi die Quintessenz daraus und als internationales Debüt konzipiert. In den USA erschien die Scheibe bereits im Juli und wanderte dort auch in die Charts. Nun also sollte das Werk auch bei uns erscheinen. Eine Single - "You're The Only One" - wurde herausgebracht und im Radio plaziert. Anschließend wurde Maria auf Promo-Tour geschickt und dort der Presse und dem Radio präsentiert. Am letzten Tag dieser Tour entschied dann die Plattenfirma, die Scheibe hierzulande doch nicht zu veröffentlichen - wegen zu geringen "Airplays" (d.h.: Die Single wurde nicht oft genug im Radio gespielt). Und da wundert sich die ganze Branche, dass es ihr schlecht geht? Denn immerhin war Maria ja gerade unterwegs, um eben dieses Airplay durch ihre Anwesenheit anzukurbeln. Das ist dann wohl also einer dieser klassischen Fälle, in denen der Künstler "am ausgestreckten Arm" verhungert - denn wie es aussieht wird Maria nicht aus ihrem Vertrag entlassen und hat somit keine Möglichkeit, ihr Album hierzulande regulär herauszubringen.
Wer ist denn nun diese Maria Mena? Zunächst mal sollte man alle etwaigen Vorstellungen über Bord werfen, denn Maria ist irgendwie anders. Maria versteht sich selber zunächst und vor allem als Songwriterin - spielt aber kein Instrument. Dann spricht sie - im Gegensatz zu vielen ihrer sympathisch radebrechenden Landsleute - perfektes Englisch. Genauer gesagt amerikanisch, denn ihr Vater stammt aus New York - was übrigens auch dazu führt, dass sie mit ihrem kaffeebraunen Teint nicht direkt so aussieht, wie man sich eine typische Norwegerin vorstellt. Maria hat - wie erwähnt - drei Scheiben veröffentlicht, ist aber gerade mal 18 Jahre alt. Wie geht denn so etwas? "Also, ich bin in Oslo aufgewachsen", erzählt Maria, "mein Vater ist ein Musiker, meine Mutter schreibt und arbeitet im Theater. Ich begann Songs zu schreiben, als ich ungefähr 11 Jahre alt war. Es war für mich eher eine ganz natürliche Sache, denn ich fühlte irgendwie die Notwendigkeit mich ausdrücken zu müssen. Ich war damals ziemlich schüchtern und konnte mich anders irgendwie nicht äußern. Da mein Vater natürlich sehr viele Verbindungen im Musikbusiness hat - er macht alles von Jazz bis zu Heavy-Rock - dachte er, dass es doch lustig für mich sei, wenn ich mich selber mal hören könnte. Er nahm mich also mit ins Studio und stellte mich dem Produzenten Arvid Solvang vor und der mochte dann, was ich ihm vorsang. Dadurch kam es zu den ersten Aufnahmen. Damals war ich dreizehn." Wie funktioniert denn das Ganze - wie gesagt, spielt Maria ja selber kein Instrument. Wodurch ist sie denn beeinflusst? "Musikalisch weiß ich das gar nicht", räumt sie ein, "ich muss da ehrlich sein. Das hängt damit zusammen, dass ich kein Instrument spiele. Was immer mir gerade an dem Tag einfällt, kommt dabei heraus - sei es Jazz, Pop oder Rock. Was indes die Texte betrifft, da habe ich sehr klare Vorstellungen. Ich versuche sehr ehrlich mit mir selbst zu sein. Woher ich das habe ist vermutlich von Alanis Morissette. Von ihr fühle ich mich sehr beeinflusst. Sie ist auch immer ehrlich mit sich selbst. Das finde ich cool und das möchte ich auch." Die Texte sind auch das, was die Scheibe über das übliche Pop-Environment hinaus interessant macht. Offenere, ehrlichere und direktere Texte wird man in diesem Genre kaum finden. Hinzu kommt, dass Maria ein Gespür für Details hat, die ihre sehr, sehr persönlichen Storys geradezu greifbar und lebendig machen. "Das ist auch der Grund, warum ich mich vor allem zunächst als Songwriterin betrachte", wirft sie ein. Die Frage ist jedoch, ob alle Texte autobiographisch sind, oder arbeitet Maria mit einer bestimmten Technik? "Es basiert alles auf meinen persönlichen Erfahrungen", meint sie, "die Technik, die ich verwende, ist, mich selber zu zwingen, über bestimmte Dinge zu schreiben. Das fällt mir andererseits auch wieder sehr leicht, da ich ständig irgendwo etwas niederschreibe. Ich weiß gar nicht warum ich alles aufschreibe. Vielleicht ist das ein egoistisches Ding. Ich will nämlich immer, dass mir jemand zuhört. Deswegen ziehe ich den Zuhörer mit meiner Musik in meine Welt hinein. Das ist für mich zugegebener Weise eine Therapie." Ist das nicht auch ein bisschen gefährlich, auf diese Weise quasi intime Details über sich selber preiszugeben? "Nun, ich verwende ja schon mal keine Namen", gibt Maria zu bedenken, "denn auch wenn es meine Art ist, mich auszudrücken, will ich doch niemanden verletzen. Die Leute, die es betrifft, wissen dann schon worum es geht. Es geht aber meistens eh darum, dass ich mich selber analysiere. Es geht immer zunächst um mich. Ich kenne ja auch nicht die Perspektive von anderen Leuten. Unglücklicherweise ist es ja eher selten, dass Künstler so ehrlich sind. Diejenigen, die ich gerne mag, sind ehrlich, und das sind nicht so viele. Es geht aber ganz gut, weil ich die Einstellung habe, dass ich die Sachen zunächst für mich selber mache. Wenn andere Leute das hören, kennen sie die Details ja nicht. Es bleibt also immer zunächst meine Story. Wenn die Leute das für sich auslegen möchten, dann ist das deren Sache. Das ist gut, denn darum geht es ja bei der Musik. Aber es ist meine Story und ich behalte sie bei mir."
Maria Mena
Und wie sieht das beim Live-Vortrag aus? "Nun, zunächst mal liebe ich es live zu spielen", antwortet Maria, "der Live-Vortrag unterscheidet sich aber sehr von der Studio-Arbeit. Im Studio arbeite ich für mich selber. Wenn du live auftrittst, dann entscheidest du dich dazu, Geschichten zu erzählen. Ich sehe Gesichter und erzähle diesen Geschichten. Ich tue so, als unterhalte ich mich mit meinem Gegenüber. Das ist alles, was ich tue. Ich möchte die Leute nicht mit Lightshows und Tänzern oder so etwas ablenken. Es ist nur meine Band und ich - und die Geschichten, die ich erzähle." Und diese Geschichten handeln von Marias Leben? "Sagen wir mal so: Jede dieser Geschichten basiert auf meinen eigenen Unsicherheiten", erläutert Maria, "wenn ich mit anderen Menschen interagiere fühle ich mich immer unsicher. Darauf machte mich erst mal ein Journalist drauf aufmerksam. Aber es stimmt: Wenn mich jemand verletzt überlege ich immer, warum das geschehen ist anstatt zu sagen: Fuck you! Ich analysiere immer, warum ich bei der Person blieb, die mich verletzte. Das ist aber irgendwie auch eine interessante Frage: Warum leben wir mit den Personen, mit denen wir leben? Was haben wir davon? Andere Leute werden vielleicht depressiv, wenn sie darüber nachdenken. Ich schreibe Songs darüber. Wichtig ist noch zu sagen, dass ich dennoch mein eigenes Leben lebe. Meine Songs sind nicht mein ganzes Leben." Das hört sich ja alles irgendwie eher depressiv an - was aber nun gar nicht zu Marias Musik passt. "Nein, nicht wahr? Ich meine auch immer einen Funken Hoffnung vermitteln zu können", wirft Maria ein, "wenn ich Songs schreibe, dann ist das, nachdem bereits etwas passiert ist. Es muss zur Auflösung einer Situation gekommen sein, bevor ich darüber schreiben kann. Ich habe Songs, die sich mit dem Prozess beschäftigen, aber die handeln alle davon, wie ich mich umbringen wollte. Sie sind nicht gut und ich werde sie nicht veröffentlichen. Ich brauche einen Abstand zu den Ereignissen und zu den Emotionen. Wenn du dich in einer Situation befindest, die dich bedrückt, dann ist alles so düster und ausweglos, dass du nicht klar darüber denken kannst. Man braucht einen Abstand und dann ist es einfacher darauf zurückzublicken. Ich versuche zu beschreiben, was ich durch eine Erfahrung gelernt habe. Das ist kein bewußter Prozess, aber so bin ich nun mal."

Kommen wir mal zur Musik. Wie schreibt man Songs, wenn man kein Instrument spielt. "Nun, die Melodien sind in meinem Kopf und ich singe sie in ein Diktaphon", verrät Maria, "da ich aber keine Arrangements erstellen kann, muss dies Arved tun. Er ist mein bester Freund und er ist komischerweise auch der einzige, mit dem ich Songs schreiben kann. Das ist seltsam, weil z.B. mein Freund und meine Freundin beide Gitarre spielen - aber ich kann mit ihnen nicht zusammen schreiben. Arved kann meine Ideen sofort in Gitarrengriffe umsetzen. Das geht so leicht vonstatten, dass wir manchmal sogar die Meinung anderer Leute hinzuholen müssen, weil wir uns einfach so ähnlich sind." Woher kommen denn die verschiedenen Spielarten von Stilen? "Also ehrlich gesagt sind mir Stile und Genres vollkommen egal", gibt Maria zu, "der Grund, warum so viele verschiedene Sachen auf der Scheibe sind ist eher der, dass mir jetzt langsam bewusst wird, was man alles machen kann. Ich habe Songs für meine nächste Scheibe geschrieben und diese Freuden vorgespielt und die meinen, dass man das nun überhaupt nicht mehr einordnen kann. Für mich hört es sich so an wie etwas keltisches, mit Jazz und Rock im selben Zusammenhang. Ich mag das, weil in meinem Kopf ja alles möglich ist. Ich versuche auch meine Stimme als Instrument zu betrachten und auf verschiedene Arten einzusetzen. Du musst auch noch eines bedenken: Auf der Scheibe sind Stücke wie 'My Lullaby’, ein Stück über die Trennung meiner Eltern, die ich mit dreizehn geschrieben habe. Es ist also eine sehr große Spannbreite. Andere Leute haben Zeit sich zu entwickeln. Bei mir ist das während der Aufnahmen und in der Öffentlichkeit passiert." Wie oder wo sieht sich Maria Mena denn heutzutage? "Musikalisch kann ich dir das gar nicht sagen, da ich nie weiß, was ich als nächstes machen werde", verrät Maria, "was meine Texte betrifft, möchte ich aber so gut werden, dass ich meine Gefühle und die anderer Leute treffend erfassen kann. Ich will auch dadurch lernen. Es ist aber eine natürliche Entwicklung, denke ich. Das kannst du auch erkennen, wenn du meine Sachen anhörst. Wobei ich kein Perfektionist sein will. Ich mag nämlich kleine Details, die nicht perfekt sind. Das ist irgendwie charmant. Ich brauche nicht die beste Produktion. Ich will nicht perfekt sein. Ich will menschlich sein." Und wie entstehen die Songs? "Also ich schreibe um Worte herum" erläutert Maria, "der Rhythmus und der Flow sind sehr wichtig und dass es sich gut anhört. Wenn es ein Rezept gibt, das zu erreichen, dann habe ich es noch nicht gefunden, aber es ist mir wichtig. Ich habe zum Beispiel erst vor kurzem begonnen, Gedichte zu schreiben. Dabei habe ich herausgefunden, dass die Worte einen gewissen Rhythmus haben müssen - aber das kann auch eine Art Offbeat sein, eine Stabilität, ein Fluss. Dadurch bin ich auch eine bessere Sängerin geworden, weil ich entdeckt habe, dass ich mit meiner Stimme mehr Sachen machen kann. Ich kann zum Beispiel mit meiner Stimme spielen. Wenn man z.B. verletzlich ist, will ich das hören, wenn man fröhlich ist, will ich das hören. Das bedeutet es, mit der Stimme spielen können."

Maria Mena
Maria scheint ja viel Wert auf das Wort als solches zu legen. Schreibt sie denn auch andere Sachen? "Ja, schon. Das habe ich in der Schule begonnen. Ich hatte nie sehr gute Noten außer, wenn es darum ging Geschichten zu erzählen. Ich glaube, das habe ich von meiner Mutter, die auch eine sehr gute Geschichtenerzählerin ist. Sie hat z.B. Theaterstücke geschrieben. Das ist etwas, was ich später einmal machen möchte; zu sehen, ob ich einen Roman schreiben kann. Ich glaube aber nicht, dass ich ihn veröffentlichen würde. Das ist etwas, was ich für mich machen möchte." Was bedeutet denn "White Turns Blue"? "Der Begriff hat zwar eine Bedeutung, die aber in diesem Zusammenhang nicht wichtig ist", zögert Maria, "es ist der Titel eines Gedichtes meines besten Freundes, das mir in einer schwierigen, depressiven Phase sehr weitergeholfen hat. Es ist über mich und handelt davon, was für eine traurige, pathetische Person geworden war. Er hatte fast Angst, mir das Gedicht zu geben, weil es doch sehr spezifisch war. Als ich aber dieses Gedicht las, wurde mir klar, dass das der Moment war zu entscheiden, entweder zu leben aufzuhören oder aber - jetzt oder nie - zu beginnen, zu kämpfen." Nun, wie zu ahnen ist, hat sie sich zu letzterem entschlossen. Wenn an dieser Stelle nicht so sehr auf die Musik von Maria Mena eingegangen wurde, dann deswegen, weil sie selber das Inhaltliche ja offensichtlich wichtiger nimmt und letztlich diese Musik eher ein Spiegelbild der komplexen Persönlichkeit Maria Mena ist, als das Produkt, das z.B. die Plattenfirma darin sieht. Dabei trifft der Sound der Scheibe durchaus den Nerv der Zeit: Mit dieser kunterbunten Pop-Musik können sowohl Freunde von - sagen wir mal - Avril Lavigne, wie auch jene von Alanis Morissette und obendrein auch noch Fans traditionellen Songwritertums etwas anfangen. "White Turns Blue" ist zweifelsohne eine der wenigen Pop-Scheiben, die man sich auch oder sogar dezidiert wegen der Texte anhören kann. Wer sich für Marias Musik interessiert, kann die Scheibe "White Turns Blue" zumindest über die üblichen Quellen im Internet beziehen, wobei es auch diverse Gelegenheit gibt, in die Songs hineinzuhören.
Weitere Infos:
www.mariamenamusic.com
www.mtv.com/bands/az/mena_maria/artist.jhtml
www.myspace.com/mariamena/
launch.yahoo.com/artist/default.asp?artistID=1104187
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-
Maria Mena
Aktueller Tonträger:
White Turns Blue
(Import)

 
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