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FRANCIS OF DELIRIUM
 
Das süße Gefühl
Francis Of Delirium
Francis Of Delirium ist der Name des Projektes, das die heute 22-jährige, in Kanada geborene Jana Bahrich zusammen mit ihrem 30 Jahre älteren Partner, dem Drummer Chris Hewett aus Seattle, ausgerechnet in ihrer Wahlheimat Luxemburg gründete, um von dort aus die Indie-Szene mit der gemeinsamen Vision von Grunge-Rock und Postpunk-Attitüde aufzumischen. Der Grunge-Sound aus dem Seattle der 90er Jahre ist nämlich die Art von Musik, mit der Jana aufgewachsen ist - und an der Chris Hewett noch aktiv teilhaben konnte, bevor mit seiner Familie nach Luxemburg auswanderte, um an der International School Of Luxemburg die Erziehung seiner Kinder zu begleiten. Dort traf er dann auch Jana, die in einem seiner Musik-Lehrgänge als Schülerin teilnahm.
Der Name des Projektes hat dabei eine ganz andere Bedeutung, als die, die sich vielleicht aufdrängt - denn es geht nicht um den heiligen Franziskus von Assisi, sondern um eine hysterische Frau, die Jana als Teenagerin im Altenheim ihrer Großeltern beeindruckte. Nach mehreren EPs, mit denen sich Francis Of Delirium ebenso als Next Big Thing in Sachen abrasiven, düsteren Indie-Rocks empfahlen, wie mit einigen Support-Touren mit Horsegirl oder Soccer Mommy, erscheint dieser Tage nun das Debüt-Album "Lighthouse" - auf dem sich Francis Of Delirium nun von einer ganz anderen, versöhnlichen Seite zeigen... der Liebe sei Dank! Das Album ist nämlich eine einzige Hommage an die Liebe geworden, oder? "Nun ja - ich versuche immer noch selbst das Album für mich zu entpacken", räumt Jana ein "wenn ich mir Songs wie 'Real Love' und besonders 'First Love' anschaue, dann stelle ich fest, dass es dabei gewiss um das Festhalten an Erinnerungen geht - dieses süße Gefühl des ersten Verliebtseins, auf das man auch nach Jahren noch zurückblickt. Es geht also sowohl um die Erinnerungen wie auch um eine tiefe, vertraute Liebe in Songs wie 'Give it back to me'." Die EPs "All Change", "Wading" und "The Funhouse" entstanden noch während der Zeit der Pandemie. Bedeutet das, dass Jana all ihre negativen Energien dieser Zeit mit den EPs aufgebraucht hat und sich nun auf der LP "Lighthouse" gelöst und entspannt geben kann? "Total, ja", bestätigt sie, "es fällt mir heutzutage einfach, zu vergessen wie es sich zu jener Zeit der Pandemie anfühlte. Weißt du: Zu dieser Zeit verließen all meine Freunde an der Uni das Land. Luxemburg ist ein Land, das alle verlassen, wenn sie mit der Uni fertig sind. Ich habe mir dann gesagt, dass ich das mal dort versuchen wolle. Das habe alleine ich zu verantworten - mir war allerdings damals gar nicht klar, wie abgeschottet und düster meine Welt werden würde. Und nun sage ich mir: 'Hach - es gibt ja auch Klaviere in der Welt, lass mich diese dann auch verwenden.
Kommen wir mal zu der Art von Musik, die nach wie vor die Basis für Francis Of Delirium bildet. Und das ist Rockmusik mit Grunge-Einschlag. Mag sein, dass sich Chris Hewett an die Zeit erinnern kann, in der Grunge Sound in den 90ern seine Hochzeit hatte - aber doch nicht Jana Bahrich - die zu dieser Zeit ja noch gar nicht geboren war? "Während meiner Kindheit hat meine Mama ständig Nirvana im Auto gehört. Und als ich dann älter war, habe ich auf YouTube gerne Live-Videos angeschaut. Ich habe so zum Beispiel das 'Jeremy'-Video von Pearl Jam entdeckt - was ich sehr interessant fand - und dann habe ich mir die Live-Videos von Pearl Jam angeschaut, wo Eddie Vedder überall raufklettert. Das fand ich im Alter von 11 oder 12 natürlich sehr cool. Ich kannte mich also mit diesen Sachen schon aus, als ich Chris traf - und das war dann die Sache, die wir gemeinsam haben und unser gemeinsamer Mittelgrund. Mein Lieblingskünstler ist aber vielleicht Sufjan Stevens. Es gibt also eine Menge Musik, die wir mögen." Wie haben Francis Of Delirium denn zu ihrem jetzigen Sound gefunden? "Das kam erst später", erklärt Jana, "die erste EP, die wir veröffentlicht haben, war so eine Art Trockenübung. Es ging darum zu lernen, wie man Musik aufnimmt. Wir hatten bei so einem Battle-Of-The-Band-Wettbewerb teilgenommen und uns gesagt: Okay - lass uns das mal aufnehmen. Es war dann erstaunlich, dass sich das die Leute dann auch anhören wollten, denn das war mehr ein Experiment, mit dem Chris und ich versucht haben, zu produzieren. Das war also nicht besonders durchdacht und es ging nicht darum, eine bestimmte Atmosphäre zu erzeugen, sondern darum, zu verwenden, was uns zur Verfügung stand und herauszufinden, wie die Logic-Software funktioniert und wie man Drums aufnimmt. Man kann das auch raushören. Es gibt kaum Produktion und alles ist auf das Notwendigste reduziert. Das ist alles ganz schön kahl und klingt vielleicht am ehesten, wie wir auf der Bühne auch klingen." Das ist sicherlich richtig, denn auf der ersten EP befindet sich der Track "Quit Fucking Around", den Francis Of Delirium bislang immer am Ende ihrer Shows als druckvollen Rausschmeißer gespielt haben.

"Ich finde, dass man den Unterschied zwischen jeder EP und der LP die Art ist, wie wir mit den Drum-Sounds umgegangen sind", ergänzt Jana, "bei der ersten EP haben wir die Drums zum Beispiel in der Waschküche eines Kellers aufgenommen." Und danach wurde es dann von Schritt zu Schritt professioneller. Der Drum-Sound ist bei Francis of Delirium auch immens wichtig, da er wohl die Grundlage bei der Entstehung der Songs spielt. "Ja, das ist richtig", bestätigt Jana, "Chris schreibt die Partien für die Drums. Ich nehme dann die Gitarre und wir jammen zusammen, bis etwas dabei herauskommt. Erst in letzter Zeit haben wir eine neue Technik. Ich bin dann in meiner Gesangskabine und Chris arbeitet draußen mit einem Mini-Drum-Pad. Es ist also ähnlich - aber weniger physisch. Das führt dann automatisch zu einem weicheren, versöhnlicheren Sound-Design. Es ist aber immer noch eine sehr intuitive Angelegenheit. Um aber noch mal auf die EPs zurückzukommen: Viel von dieser Offenheit kommt durch den Drumsound zustande. Wenn man keinen guten Raum hat, in dem man eine Schlagzeug aufnimmt, wirkt immer gleich alles viel geschlossener. In älteren Songs wie 'All Change' oder 'Waiting' konnten wir einfach keinen offenen Sound hinbekommen. Nun waren wir aber in der Lage, in einem richtigen Studio aufzunehmen und einen offenen Sound zu kreieren - und uns so auch musikalisch zu öffnen." Wie hat sich denn das neue Leitmotiv der Liebe musikalisch ausgewirkt? Ist das der Grund, warum die neuen Songs im Vergleich "weicher" geworden sind? Jana hat ja sogar eine "Soft Version" des Tracks "Real Love" aufgelegt? "Definitiv", bestätigt Jana, "ich wollte, dass sich das Gefühl des Öffnens und die damit verbundene Verletzlichkeit dieser Songs sich auch in der musikalischen Produktion musikalisch widerspiegeln."

Wie wird das Ganze denn live umgesetzt werden? "Ich denke, auf der Bühne wird das alles rockiger sein", vermutet Jana, "wir wollen die Rohheit beibehalten, die wir schon haben. Shows zu spielen und live aufzutreten, ist für mich das, was am meisten Spaß macht. Ich liebe es auf Tour zu gehen, im Van zu sitzen und aus dem Fenster zu schauen. Ich würde natürlich gerne auch mal in größeren Räumen spielen, die dann womöglich auch ausverkauft sind." Gibt es denn eine Bühnen-Persona für Jana Bahrich? "Ich denke, es geht da mehr oder minder um mich und meine Gefühle", erklärt Jana, "vielleicht um eine leicht überhöhte Version meiner selbst. Manchmal erzähle ich auf der Bühne irgendwelche Witzchen und frage mich nachher, warum ich das gesagt habe. Manche Leute sagen auch, dass ich auf der Bühne ein wenig zu viel quatsche, aber ich würde sagen, dass ich doch ziemlich ich selbst auf der Bühne bin." Ist denn alles persönlich bzw. autobiographisch, was Jana in ihren Texten zum Ausdruck bringt? "Ich würde sagen, dass ich auf jeden Fall auf persönliche Dinge zurückgreife - diese dann aber auf phantasievolle Weise ausschmücke", meint Jana, "oder ich nehme kleine Elemente der Wahrheit und erforsche diese dann auf eine vergrößerte Weise. Ich strebe aber durchaus an, mehr außerhalb meiner Erfahrungen zu schreiben. Die EP 'Funhouse' enthielt solche Sachen - aber die neuen Songs sind sehr persönlich und nahe bei mir." Es schadet ja nicht, wenn die Musik etwas größer ist als das Leben, oder? "Ja - zumindest ein bisschen", überlegt Jana, "am Ende muss da auch ein wenig Magie und Zauber sein, der außerhalb der Realität angesiedelt ist."
Das hört sich an, als sei das Schreiben von Songs kein rein technischer, logischer Prozess für Jana. "Gewiss nicht", bestätigt sie, "ich versuche schon so bewusst wie möglich zu arbeiten. Aber wenn ich auf die Songs zurückblicke, dann bin ich mir nicht mehr so ganz sicher, ob ich sie selbst geschrieben habe, oder ob etwas mystisch/magisches mich dazu getrieben hat. Ich denke, dass ich von irgendetwas Unbestimmten geleitet werde. Ich lasse so, was in mir vorgeht nach außen treten." Betrachtet sich Jana eher als Beobachterin, als Kommentatorin oder geht es ihr gar darum, Botschaften zu vermitteln? "Ich versuche schon etwas mit meiner Musik zu vermitteln. Ich hoffe, dass ich mit dieser Scheibe die Menschen dazu ermutigen, verletzlicher miteinander umzugehen und so etwas mitzunehmen. Aber nochmal: Der initiale Kern der Songs ist niemals bewusst gewählt. Es ist nur meine Aufgabe, diesen Kern zu verfeinern." Was ist beim kreativen Prozess dann die größte Herausforderung? "Mir nicht selbst im Wege zu stehen", erklärt Jana, "und dafür zu sorgen, dass meine negative, kritische Stimme nicht das Ruder übernimmt und alles blockiert. Es ist für mich jeden Tag ein Kampf, diese Offenheit beizubehalten, wenn wir ins Studio gehen. Im Kern möchte ich einfach immer weiter live spielen und Musik und Videos machen, die mit etwas bedeuten. Ich liebe den ganzen kreativen Prozess - auch die Poster zu machen und solche Sachen. Einen ausgefeilten Masterplan habe ich aber nicht."
Weitere Infos:
www.francisofdelirium.com
www.instagram.com/francisofdelirium
www.youtube.com/@FrancisofDelirium/videos
www.facebook.com/francisofdelirium
Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -Holly Whitaker-
Francis Of Delirium
Aktueller Tonträger:
Lighthouse
(Dalliance/Alive)
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