Als dann Stephanie irgendwann schwanger wurde, beschloss das Duo, die neue LP mit dem beziehungsreichen Titel "Thunder Above You" dann doch lieber im heimatlichen UK einzuspielen und dort auch die Geburt der gemeinsamen Tochter abzuwarten. Diese ist nun ein Jahr alt und Chris und Stephanie entschlossen sich dazu, nun eine Tour in Europa einzuschieben, bevor es dann wieder zurück in die Wahlheimat Nashville gehen soll.
"Thunder Above You" ist das vielleicht bislang "unbluesigste" Ida Mae-Album, da das Duo sich auf diesem Werk mit Hilfe des Produzenten Ethan Johns als besonders wagemutig und experimentell aufstellte und die Songs mit vielen interessanten produktionstechnischen Details und beispielsweise dem Einsatz von elektronischen Elementen und Keyboard-Sounds auf authentische Weise an den Zeitgeist herangeführt hatte. Kurz gesagt, wurde dieses Setting im puristischen Duo-Format dann wieder auf die grundlegende Blues-Basis zurückgeführt. So verzichtete Stephanie erneut auf den Einsatz eines Keyboards und Chris auf seine Dobro und akustische Gitarren - wenngleich nicht freiwillig, denn seine 12-saitige Akustikgitarre hatte er versehentlich zerlegt. Letztlich aber erwies sich die Beschränkung auf die Primärbestandteile dann als durchaus förderlich für die Performance, denn mit seinem Effektpedal und dem raumgreifenden Sound seiner Gretsch-Gitarre bzw. dem straighten messerscharfen Fender-Sound hatte Chris keine Mühe, die verschiedenen Spielarten des elektrischen Blues nonchalant in seinem Spiel zu vereinen. Auch wenn es bei balladesken Songs wie dem "Long Gone And Heartworn", der notgedrungen auf der elektrischen Gitarre begleitet werden musste, dann doch etwas an der musikalischen Romantik ermangelte.
Wie nicht anders zu erwarten, drehen sich die aktuellen Ida Mae-Songs nicht mehr so sehr um die Innerspace-Kontemplationen aus dem heimatlichen Bath, sondern um die Erlebnisse, die das Duo auf seinen Reisen durch die Weiten des amerikanischen Kontinentes zu verarbeiten hatte. Vielleicht gerade auch deswegen gehörten dann Songs wie das Barbara Keith-Cover "Detroit Or Buffalo" oder der neue Song "Feel The World Turning" (mehr oder minder ein klassischer Road-Song) zu den emotionalen Highlights des Sets. So richtig gefeiert aber wurde das Duo dann bei Rausschmeißern wie dem Titeltrack von "Click Click Domino", wo auch mal ordentlich gerockt wurde. Eine richtige Partyband sind Ida Mae aber nicht - da ist schon der Respekt vor dem Songmaterial vor, dessen düstere Note wie z.b. bei dem dystopischen "My Whispers Are Wildfire" deutlich auf den Blues als grundsätzliche Lebenseinstellung verweist. Performerisch wäre noch zu bemerken, dass Chris Turpin zwar immer noch in seinem unglaublich virtuosen Gitarrenspiel aufgeht - das Ganze aber nach wie vor nicht als Profilierungs-Potential, sondern als Ausdruck eines authentischen inneren Bedürfnisses darbietet. Und wie Chris schon bei den Gesprächen zum aktuellen Album deutlich machte, ist Stephanies Stimme im Laufe der Zeit tiefer geworden, sodass ihre immer präsenter werdenden Gesangsbeiträge heutzutage deutlich mehr als die ornamentale Unterstützung von Chris Vocals ausmachen und sie auch öfter mal die Lead-Vocals übernimmt.
Die Show fand ja im Berliner Badehaus statt - einer kuriosen Spielstätte nicht etwa am Spree-Ufer, sondern einem ehemaligen Gewerbegebiet mit "postindustriellem Flair" zwischen der Revaler Straße und dem Schienengewirr der Warschauer Straße. "Was ist das denn für eine Venue?", fragte Stephanie bei dem Versuch, herauszufinden, wo sie denn da eigentlich gelandet waren (denn die an die Hausadresse gesendeten Vinyl-Scheiben waren im Post-Limbo versackt und nicht aufzufinden). "Parkplatz" rief da jemand aus dem Publikum. "Dann aber ein Parkplatz der Liebe", meinte Stephanie.