Auf der Suche nach Möglichkeiten, die von ihm erwarteten Americana-Klischees zu vermeiden bzw. aufzubrechen, ist Jay Farrar nach dem Blues ("Notes Of Blue", 2017) und dem klassischen Gitarrenpop ("Union", 2018) mit dem zehnten Son Volt-Album "Electro Melodier" inzwischen beim schnörkellosen Rock angekommen. Wer Son Volt noch auf der Tour zu dem "Union"-Album erleben konnte, den dürfte diese Entwicklung nicht besonders überraschen, denn bereits dort bahnte sich an, was Farrar & Co. auf der neuen Scheibe zelebriert. Interessanterweise benannte Farrar das Album dabei nach Effektgeräten aus den 40er bzw. 50er Jahren - was dann die Zielrichtung des Albums markiert. Es geht Farrar also nicht darum, etwas Neues zu machen - sondern nur etwas Anderes als zuletzt.

Eigentlich hatte der Meister vorgehabt, sich zum 25-jährigen Bandjubiläum ganz auf die musikalische Ausformulierung seines Materials zu konzentrieren - doch die allgemeine politische Gemengelage und die Pandemie ließen das nicht zu. Wie schon auf dem "Union"-Album dominieren politische und sozialkritische Themen mit dezidiert desolaten Untertönen das Bild - was sich dann fast zwangsläufig auf den Sound des Albums auswirkt, das somit alles andere als fröhlich geraten ist. Leider wirkte sich dieses Engagement nicht auf das Songwriting aus. Hier blieb Farrar oft beim ersten gefundenen Riff hängen und kaute dann darauf herum. Nur selten - wie bei dem mit Mellotron-Sounds verfeinerten "Someday Is Now" - leistete sich Farrar echte Refrains und bei den akustischen Songs vertraute er einfach auf seine Blues-Affinitäten. Im Vergleich zu den letzten Son Volt-Veröffentlichungen ist das inhaltlich zwar relevante "Electro Melodier" auf der musikalischen Seite zu unterschwellig ausgefallen, um wirklich begeistern zu können.