Der Titel der aktuellen EP von Alice Merton - auf der sie ihre aktuellen Single-Titel versammelt, bevor es nun daran geht, eine neue LP in Angriff zu nehmen - kam ihr als sie in ihrer aktuellen Wahlheimat London einen Reiher beobachtete, der für sie ihren Zustand als rastloser Zugvogel wohl passend symbolisierte. Obwohl sich die multinationale Musikern heutzutage ihre Musik von ausgebufften Produzenten und Co-Songwritern massenkompatibel streamlinen lässt, gehört sie als Texterin nach wie vor zu den Meisterinnen ihrer Zunft. Denn niemand schafft es heutzutage glaubwürdiger, sich über seine Texte so anschaulich, nachvollziehbar und authentisch zu erklären, wie Alice Merton das vermag. Schon mit ihrem ersten Hit "No Roots" (der ihre lebenslange Wanderlust zum ersten Mal thematisierte) fand sie dabei ein autobiographisches Leitmotiv für ihre Kunst. Das gilt auch für die neuen Tracks: Bis heute ist Alice Merton selbst wohl das "Run Away Girl", das vor sich selbst davon zu laufen droht. Die anderen Tracks beschäftigen sich weitestgehend mit dem Thema, sich auf der Suche nach dem Selbst nicht von anderen abzuschotten, sondern in Tracks mit Titeln wie "Pick Me Up" und "Don't Leave Me Alone With My Thoughts" auch mal um Hilfe nachzusuchen und nicht alles alleine machen zu wollen. Da heutzutage so viele Köpfe an der Produktion des Songmaterials beteiligt sind, kommen alle Tracks mit einer eigenen emotionalen Gemengelage und Atmosphäre daher. Bis auf "Pick Me Up" sind sie auch nicht mehr so exaltiert funky wie vieles früher, sondern haben einen angenehm ernsthaften, düsteren Unterton. Schade nur, dass Alice die weniger aufdringliche "Black Sands"-Version des Songs "Run Away Girl" nicht auch noch mit auf diese EP genommen hat.