Ohbittenein, ein Soloalbum eines Bassisten! Sooo schlimm wird es dann aber doch nicht. Der gerade frisch von der von ihm mitbegegründeten Combo Mr. Big vor die Tür gesetzte Ausnahmetieftöner (Beweise u.a. auf Scheibletten von Mr. Big, David Lee Roth oder Tasla) verwirklicht sich auf „Compression“ so recht von Herzen selbst. Heißt, abgesehen von drei Kumpelmußmandochunterstützen-Beiträgen von Steve Vai und Terry Bozio ist dieses Album reiner Sheehan: Komposition, Gesang, alle Instrumente einschließlich Programmierung des Japaners (vulgo: Drumcomputer), alles vom Maestro selbst.
Das läßt eigentlich Übelstes erwarten, ist aber doch durchaus hörenswert. Daß der Mann Baß spielen kann, wie kaum jemand sonst, weiß man ja%3B seine Gitarrenarbeit ist auch schlicht beeindruckend%3B singen tut er schmerzfrei bis interessant und die Kompositionen sind so, daß man ihnen oft wünschen würde, in einem Bandkontext diskutiert, verbessert und dann präsentiert zu werden. Etwa das zweite Stück „Oblivion“ beruht auf einem elektrisierenden „funky“-Rhythmus, der so nah an Deep Purples „Getting Tighter“ ist, daß ich nicht weiß, ob ich das gut oder nur frech finden soll. In jedem Fall hat Mr. Sheehan offensichtlich nichts gegen Glen Hughes…
„Something Gotta Give“ gerät mir, genau wie das schändlich kitschige „Caroline“, zu sehr nach Autoradio-tauglichem AOR, mag aber gerade deswegen der erfolgversprechendste Track der Scheibe sein. Klasse hingegen die Ballade „What Once Was“, und bei „Chameleon“ fliegt dem Kritiker definitiv der nicht vorhandene Hut weg, weil Steve Vai hier Gitarristik vorführt, die nicht von diesem Planeten zu sein scheint. Fazit: Um dieser CD etwas abgewinnen zu können, schadet es also nicht, ein Fan von Saitenakrobraten zu sein. Obwohl das Konzept wohl war, gerade keine Baß-Soloarien-Platte zu machen, sind die stärksten Momente hier die, wo Billy sich zur Artistik hat hinreissen lassen.
„Compression“ von Billy Sheehan erscheint auf Favored Nations/Zomba.