Im Doppelpack wiederveröffentlichte Soloalben vom Yes-Gitarristen? Das ist doch bestimmt nur was für die Es-kann-nicht-genug-Gniedeln- Fraktion sowie Bert Jansch- und Werner Lämmerhirt-Fanatiker, oder? Nein, dachte Rezensent zugeben zunächst selbst, stimmt aber deswegen erst recht nicht.
Irrtum Eins: Diese zwei CDs kann man mit Gewinn auch einfach so anhören, selbst wenn man nicht gleich den Fingersatz von „Mood For A Day“ oder „The Clap“ (riesige Yes-Hits von Howe, die hier nicht enthalten sind) abzutranskribieren versucht ist. Denn auf einmal 60 und einmal 64 Minuten wird wirklich ein so grosser Stilmix von klassischem British Folk über (Ansätzen zu) Progressive Rock bis hin zu Ragtime geboten, dass für jeden Freund handgemachter, teils akustischer, teils (sanft) elektrifizierter Gitarrenmusik etwas dabei sein sollte.
Irrtum Zwei: Im krassen Gegensatz zum sonstigen Verfahren, wenn Gitarristen großer Bands Soloalben veröffentlichen, gibt es hier wirklich etwas über die Stammband dazuzulernen: Yes-Fans werden etwa die Möglichkeit lieben, die Keimzellen von „Brother Of Mine“, „Birthright“, „I Could Have Waited Forever“, „The Revealing Science Of God“ oder auch „To Be Over“ quasi in der Entstehungsphase belauschen zu können.
Oder auch „Toe The Line“ und „When The Heart Rules The Mind“ von GTR oder „Barren Land“ von Asia. Es ist teilweise wirklich spannend, anhand dieser Aufnahmen nachvollziehen zu können, welche Transformationen die ursprünglichen Gitarren-basierten Ideen durchlaufen haben, bis sie zu den durcharrangierten Epen wurden, die alle Fans von Yes & Co. kennen. Kleiner Wermutstropfen im Heimstudiogebräu: Verständlicherweise singt Mr. Howe auf diesen oft nur für den Hausgebrauch aufgenommenen Skizzen bisweilen selbst. Und das ist dann manchmal grenzwertig. But hear for yourself.
„Homebrew 1&2“ von Steve Howe erscheint auf InsideOut.