Der klassisch ausgebildete Pianist Brad Mehldau, ein ehemaliges Wunderkind, öffnet sich mit seiner neuesten Platte verschiedensten Experimenten, nachdem er in seinen bisherigen Veröffentlichungen mehr das „klassische“ Jazztrio elaboriert hatte. Und was sich zunächst wie eine Mischung aus Keith Jarrett, frühem Herbie Hancock und spätem Chick Corea, plus gelegentliche, bedenkliche Fahrstuhlmusik-Ausflüge aus den Speakern arbeitet, kann nach mehrmaligem Hören und Erarbeiten durchaus gefallen und wohl auch für Freunde grenzgängerischer Pop- und Rock-Klänge einige bergenswerte Schätze bieten. Dabei denkt man weniger an die zwulfendrulfigste verjazzte Fassung vom Beatles-Gassenhauer „Dear Prudence“ oder „Mother Nature’s Son“ (ebenfalls Lennon/McCartney), als vielmehr an die schon aberwitzige Fassung der Radiohead-Nummer „Paranoid Android“, die gleichfalls hier enthalten ist. Auch einige der rhythmischen Experimente und Flirts mit HipHop und Latino-Rhythmik (u.a. bei der genannten Radiohead-Nachempfindung) sind recht spannend ausgefallen und klingen so gar nicht jazzig-vermufft, wofür eventuell Produzent Jon Brion (u.a. David Byrne, Jellyfish, Fiona Apple) mitverantwortlich ist. Die vielleicht erstaunlichste Nummer auf „Largo“, „Sabbath“, ist allerdings keine Hommage an die Begründer des Heavy Metal aus Birmingham, sondern ein nicht zuletzt von den Klangfarben lebendes Experiment (was wird aus einem Konzertflügel, wenn man ihn aufnimmt, verzerrt und über ein Leslie-Kabinett abspielt?). Für Abenteuerlustige.
„Largo“ von Brad Mehldau erscheint auf Warner Jazz.