Wenn man eine CD „Higher Ground“ nennt – auch wenn man bereits 60 Jahre Musikerfahrung auf dem Buckel hat, wie die Blind Boys Of Alabama, dann zeugt das von einem unerschütterlichen Glauben an die eigenen Fähigkeiten. Und in der Tat erreichen die alten Gospel-Recken mit dieser Scheibe ein Plateau, was man genretypisch eigentlich festgelegten Veteranen so nicht zugetraut hätte. Wie so oft liegt das Geheimnis darin, dass sich die alten den Möglichkeiten des Neuen (und der Jugend) nicht verschließen. Und so interpretieren die Jungs um die noch lebenden drei Gründungsmitglieder (!) dann Songs von Prince, Curtis Mayfield oder Jimmy Cliff. Musikalisch lassen sie sich dabei unterstützen vom einzigartigen Slide Virtuoso Ben Harper (von dem der Titeltrack stammt) und vor allen Dingen Robert Randolph und seiner Band. Randolph ist ein 24-jähriges Steel-Gitarren Whizkid, der sich seine Meriten in Kirchenchören erspielt hat – eine ideale Ergänzung der religiös ausgerichteten Sangesbrüder (die sich etwa vehement weigern, sentimentale Liebeslieder zu singen). Obwohl hier Welten aufeinanderprallen – der glasklare, schnörkellose Gospel-Sound der Blind Boys und die rauhen, ungeschliffenen Backing-Tracks von Randolph, der sich auf einigen Stücken wilde Duelle mit Harper liefert – erscheint die Scheibe absolut logisch. Denn auch wenn nichts umwerfend Neues passiert, machen alleine diese unerwarteten Gegensätze die Scheibe zu einem herausragenden Kleinod. Trotz der angesammelten geballten musikalischen Tradition ist dies ein Tonträger, der im „heute“ verankert ist – und das macht sie so wertvoll.
„Higher Ground“ von The Blind Boys Of Alabama erscheint auf Virgin.
