Wer jetzt etwa vermutet, dass hinter dem Coup nach einer Country-Scheibe jetzt gleich eine Bluegrass-CD folgen zu lassen, so etwas wie Kalkül liegt, der sollte nicht vergessen, dass David Lowery und Johnny Hickman – die kreativen Köpfe der musikalischen Kommune, die sich Cracker nennt – vor allen Dingen eines NICHT sein wollen: Clever. Lowery und Hickman sind musikbegeisterte Narren und Fans im besten Sinne. Und als Lowery die Anarcho Bluegrasser Leftover Salmon bei einem ihrer legendären Konzerte sah, war es vor allen Dingen der Wunsch, mit diesen Brüdern im Geiste zusammen etwas zu machen, der der Vater dieses Werkes war. Das Ergebnis – so haarsträubend und grandios es auch sein mag – ist schlicht diesem impulsiven Gedanken entsprungen. Die musikalische Form – Cracker Hits im Stile von spontanen, ausufernden Jam Sessions nachzuspielen – ergab sich dabei eher zufällig. Und so kommen wir dann in den Genuss, altbekannte Gassenhauer vom Schlage „Euro Trash Girl“ oder „Low“ in wahrlich abenteuerlichen Versionen zu hören. Teilweise mit den Mitteln des Bluegrass parodierend und mit psychedelisch angehauchten Reggae- und Dub Rhythmen unterlegt – ansonsten aber gleichzeitig stilistisch offen und dennoch werksgetreu – arbeiten sich die zusammengekommenen Musiker mühe- und zwanglos durch das Cracker Oeuvre und zeigen ganz nebenbei, welchen Anteil die Perspektive am Erscheinungsbild des Endergebnisses hat. „O’Cracker“ ist eine humorige Fingerübung in Sachen des Machbaren und beweist, dass man auch – oder vielleicht vor allem – ohne Respekt vor der eigenen Leistung reüssieren kann. Cracker sind also definitiv keine Band, die nach hinten schauen – selbst wenn sie ihr eigenes Vermächtnis de-konstruieren.
„O’Cracker Where Art Thou?“ von Cracker / Leftover Salmon erscheint auf Cooking Vinyl/Indigo.