Marie-Jo Thério ist zwar momentan besonders in Kanada erfolgreich tätig, stammt aber ursprünglich aus Acadien. Das ist ein kleiner Landstrich im Nordosten der USA nahe der kanadischen Grenze. Das ist wichtig zu wissen, denn die großteils französisch-sprachig agierende Künstlerin fühlt sich ihrer Heimat verbunden. So vertonte sie z.B. auf ihrer neuen CD ein Gedicht des acadischen Poeten Gérald Leblanc. Rein musikalisch kann man Marie-Jos Musik indes keiner bestimmten Region zuordnen. Denn sie schaffte es, sich auf eine sehr ungewöhnliche Art einen ganz eigenen Stil zu kreieren, der zwar im Entferntesten auch mit Folk und klassischen Songwriter-Elementen liebäugelt, in der Summe aber ziemlich unvergleichlich ‚rüberkommt. Ähnlich wie es ihre Fast-Landsfrau Martha Wainwright gelang, durch ungewöhnliche Phrasierungen und eine Auflösung des klassischen Songformates eine eigene, fast transzendente Richtung einzuschlagen, schaffte dies auch Marie-Jo – wobei ihre Musik allerdings weniger Gitarrenlastig ist. Stattdessen bevorzugt sie feinfühlige, transparente Arrangements mit Keyboards und Streichern und sie nimmt sich Zeit, ihre Botschaft an den Hörer zu heranzutragen. Ab und an runden Versatzstücke aus Jazz und Chanson das Gesamtbild ab und ihre hohe Stimmer erinnert an die Herangehensweise von Kate Bush oder Tori Amos – allerdings eher in einem Carole King Umfeld mit einem Schuss Jeff Buckley. Es ist, wie angedeutet, schwierig Marie-Jos Stil adäquat in Worte zu kleiden – einfach deswegen weil er so eigenständig und einzigartig ist. Ihr neues Album, das zugleich auch ein halber Rückblick auf das bisher erreichte ist, ist genau das Richtige für Leute, die etwas Geduld mitbringen und Musik mit einer eigenen Handschrift interessiert sind.
„Marie-Jo Thério“ von Marie-Jo Thério erscheint auf Naive/Indigo.
