Deutsche Popmusik krankt manchmal an der Tatsache, dass sie deutsch ist. So manches Mal liegt man schon sich krümmend unterm Tisch, noch bevor der erste Refrain erreicht worden ist, weil man nicht umhin kann, die im besten Falle klischierten, im schlimmsten Fall einfach dummen Texte mit anzuhören und auch noch zu verstehen. Natürlich ist hier nicht die Rede von Junges Glück, denn die machen es anders. Das Trio aus Hamburg schreibt Songs zwischen Tomte, Kante und Schrottgrenze, bewegt sich also konsequent im Kontext der Hansestadt und hat auch nicht die Ambition, darüber hinaus zu gehen. Stattdessen definiert sich die Musik von Niclas Breslein, Lars Watermann und Ingmar Rehberg aus den meist klugen, dennoch wenig verkopften Texten, die sich um das moderne melancholische Leben mit und ohne Liebe, um die Selbstfindung der Leute drehen, die klug genug sind, den Abschied von der Jugend lange hinauszuschieben. Leider sind die Arrangements dieser Musik nicht immer besonders originell – wie gesagt, das war wohl auch nicht das Ziel dieser zweiten Platte von Junges Glück. Man hört ihnen gerne zu, aber so richtig springt der Funke nicht über. Das ist schade, denn in manchen Momenten scheint auf, was die drei eigentlich können, wenn alles gut geht, bei „Herzkommando“ zum Beispiel, das mit mächtig viel Drive nach vorne geht, und trotzdem gar nicht nervt. Das Cover könnte in seiner wahren Abbildung des Vorstadtlebens fast von Bernd Pfarr oder Wössner sein – aus Flüsterleben kommt man eben nur raus, wenn man alle Bindungen kappt, und genau das machen Junges Glück nicht. Das bleibt nur noch der Schrei. Last exit Jungfernstieg.
„Raus aus Flüsterleben“ von Junges Glück erscheint auf Strange Ways/Indigo.
