Der junge Michael Kiske wurde durch seine Beiträge zu Helloweens „Keeper“-Alben und allem was folgte zu so etwas wie der ewigen Messlatte dafür, wie Gesang im Power Metal eben auch sein kann: Atemberaubend intensiv, einfühlsam, variabel, gelegentlich mühelos erscheinend, aber doch dabei fast immer schockierend virtuos. Diese Latte hängt bis zum heutigen Tag (wenn es noch einen Beweis bräuchte, würden sich die Myriaden italienischer, brasilianischer und schwedischer Keeper-Cloner-Bands anbieten), Kiskes Ambitionen hängen allerdings schon ganz lange ganz woanders. Letztgenannter Umstand war für seine zahlreichen Fans über die Jahre – teils schmerzlich – spürbar. Nicht jeder, der ihn zuvor mit Tränen in den Augen mit Helloween auf der Bühne gesehen hat, war wirklich so much amused über die stilistischen Achterbahnfahrten von z. B. „Instant Clarity“, „R.T.S.“, der Moderne-Anbiederung von Supared, seinen Beiträgen zur süßlichen AINA-Rockoper oder gar zum AOR-Kniefall von Place Vendome.
Nun naht eine neue Prüfung für Die hard-Fans, die sich aber als Offenbarung herausstellen könnte. Auf „Past In Different Ways“ holt sich Kiske, wie er selbst formuliert, einige seiner liebsten Helloween-Tracks „wieder zurück“. Diese erscheinen hier im unplugged-Format mit teils üppig-symphonischer Orchestrierung. Großartig umarrangiert wurden die Stücke wie „We Got The Right“, „I Believe“ (unglaublich) oder „A Little Time“ über die Streicher-Arrangements hinaus übrigens gar nicht. Das Ergebnis ist nun wirklich Geschmackssache: Wer es nicht ohne nach vorne gemischte, galoppierende Double Bass-Drums aushält, wird hier unfehlbar „Verrat“ rufen. Wem es um Ausdruck und – immer noch – eine der faszinierendsten Stimmen unserer Tage geht, der könnte mit „Past…“ richtig glücklich werden. Who are you?
„Past in Different Ways“ von Michael Kiske erscheint auf Frontiers/Soulfood.