Nicht mal unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Quincy Jones für seine besten Arbeiten verantwortlich war, läge es Nahe, Michael Jackson und seine Musik ohne weiteres mit Jazz zu assoziieren. Vielleicht ist es gerade deswegen eine gute Idee, sich dem King Of Pop einmal von dieser Seite aus zu nähern. Das dachten sich wohl auch Joo Kraus und das Tales In Tones Trio und schufen mit „Songs From Neverland“ eine behutsame Hommage an die Songs des verstorbenen Entertainers. Das ist insbesondere insofern interessant, als dass Jackson ja nicht für das klassische Songbook, sondern zunächst für die Disco schrieb – also eher von der Rhythmik, als vom Versmaß getrieben. Und Kraus und seine Mannen nutzen Jacksons Material natürlich auch nur als Sprungbrett für eigene Visionen. Nur ganz selten mal – etwa beim „Earth Song“ – tun Kraus & Co. in etwa das, was nahe gelegen hätte. Ansonsten reißen sie aus dem Kontext, was nur aus dem Kontext zu reißen wäre, betonen, was beiläufig erschien oder vernachlässigen, was offensichtlich gewesen wäre. Mit anderen Worten: Sie verdrehen die Perspektive gehörig und richten den Blick auf Aspekte, die ansonsten verborgen geblieben wären. Dazu spielt Kraus seine meist gestopfte Trompete sparsam und ruhig – etwa im Stile des großen Miles Davis – gerade mal auf das Notwendigste beschränkt, während das Trio im Vergleich regelrecht aufdreht – allerdings mehr im Sinne von klangtechnischen Experimenten als virtuosem Gedaddel. Und siehe da: Unter dem Strich kommt dabei eine sehr solide, unterhaltsame, kurzweilige, zuweilen überraschende und kreative Angelegenheit dabei heraus.
„Songs From Neverland“ von Joo Kraus & Tales In Tones Trio erscheint auf edel.
