In den 80ern war Christopher Cross der Inbegriff des Feindbildes jeden aufrechten Musikliebhabers. Der Mann trat an, die Nische des Adult Contemporary Songwriters mit seinen unsäglichen Schmonzetten nicht nur für sich zu besetzen, sondern in weiten Teilen zu definieren. Das wurde mit fünf Grammys in einem einzigen Jahr belohnt. Nun, ca. 30 Jahre später, erleben wir plötzlich einen altersweisen Christopher Cross, dem das alles irgendwie bewusst zu sein scheint. So singt er hier (beim Songwriting unterstützt von seinem Partner Rob Meurer) davon, die Stafette an die nächste Generation weiterreichen zu wollen und an anderer Stelle in anderem Zusammenhang davon, zu alt für dieses und jenes zu sein. Mehr noch: Wo Cross früher alles in einem Zuckerguss von klebrigen Keyboards, Synthesizern, Chören und Streichern ertränkte, griff er hier erstmals vorwiegend zur Gitarre. Natürlich ist „Doctor Faith“ keine Rockscheibe geworden, erinnert aber doch zuweilen an die Vorgehensweise von Jackson Browne, was für jemanden wie Christopher Cross geradezu eine radikale Kehrwendung bedeutet. Und siehe da: Plötzlich erscheinen auch seine auf Ausgleich und Unverbindlichkeit getrimmten Melodiebögen nicht mehr ganz so aufdringlich aufzugskompatibel wie früher. Insgesamt ist dies also eine ordentliche Singer-Songwriter-Scheibe geworden, die nicht so hoffnungslos im Zeitgeist festsitzt, wie das Cross alte Scheiben taten.
„Doctor Faith“ von Christopher Cross erscheint auf earMUSIC/edel.