Die Geschichte ist legendär: Mitte der 80er verklagte David Geffen Neil Young, einen Künstler seines eigenen Labels, weil er zu wenig nach Neil Young klang. Auch ein Vierteljahrhundert später verteidigt der kanadische Gitarrengott seine damaligen künstlerischen Entscheidungen, doch selbst eingefleischte Fans können schon nachvollziehen, was der Labelboss meinte: Egal, ob es die Vocoder-Experimente auf „Trans“, der Rockabilly-Style auf „Everybody’s Rockin’“ und die Country-Avancen auf „Old Ways“ waren – viel weiter hat sich Young nie von „Hey Hey My My“ oder „Cinnamon Girl“ entfernt. Jetzt erscheint „A Treasure“ – eine weitere Ausgabe aus Youngs Archiv-Serie, in der in loser Folge alte Live-Mitschnitte veröffentlicht werden – mit Aufnahmen, die in genau jener Zeit mit den International Harvesters als Backing-Musikern entstanden.
Waschechte Hits finden sich, von „Are You Ready For The Country“ vielleicht einmal abgesehen, nicht im Tracklisting, dafür eine Handvoll nie in Studioversionen veröffentlichter Songs, die für das Album bestimmt waren, das dem Geffen-Rechtsstreit zum Opfer fiel. Zwar kann sich „A Treasure“ trotz des beachtlichen Schlusssongs „Grey Riders“, der ein wenig so klingt, als würden Crazy Horse in die Grand Ole Opry einfallen, nicht mit den klassischen Young-Livealben à la „Live Rust“ oder „Weld“ messen, auffällig aber ist, wie flexibel die Band ist. Scheinbar mühelos folgen Ben Keith, Spooner Oldham, Anthony Crawford, Rufus Thibodeaux, Tim Drummond, Karl Himmel und Hargus „Pig“ Robbins ihrem Boss durch sein zerfasertes 80er-Oeuvre und beherrschen Garagen-Rockiges ebenso gut wie Countryeskes mit Pedal Steel und Fiddle. Allein deshalb ist das angenehm rumpelige Album nicht nur für Young-Intimfreunde interessant.
„A Treasure“ von Neil Young & The International Harvesters erscheint auf Reprise/Warner Music.