Magisch – diese Stimme hatte immer schon eine ungewöhnliche Anziehungskraft. Ganz egal, in welchem Song und in welcher Musikrichtung sie sich erhob. Nun kann man diesem Magnetismus knapp 80 und danach weitere 76 Minuten lang nachspüren, ohne sich die leckersten Parts mühsam aus sechs Studioalben sowie mehreren Live-Dokumenten rauspulen zu müssen. Allerdings hat David David Alan Batts, so der bürgerliche Name, Musik seit 1989 („Weatherbox“) bereits für fünf Kompilationen hergehalten, sodass gut bestückte Fans hier keine große Übermenge mehr zu erwarten haben. Außer „Where’s Your Gravity?“ natürlich, das extra für diese Retrospektive aufgenommen wurde. Überdies gibt es einige Raritäten wie Single-Rückseiten oder mit „Heartbeat (Tainai Kaiki II)“ einen Song, der ursprünglich auf einem Album von Ryuichi Sakamoto erschienen ist.
„A Victim Of The Stars“ umspannt 30 Jahre Musikschaffen, von Sylvians Arbeiten für Virgin bis zu seinen Werken aus jüngerer Zeit auf dem eigenen Label Samadhisound. Wir bewegen uns durch den eleganten Avantgarde-Pop und Salon-Jazz der „Brilliant Trees“-Phase (1984) über „Secrets Of The Beehive“ (1987) bis hin zum aktuellen „Died In The Wool“ (2011). Wir begegnen dabei absoluten Spitzenmusikern und Partnern wie Mark Isham, Kenny Wheeler, Robert Fripp, David Torn sowie natürlich dem Komponisten Sakamoto vom Yellow Magic Orchestra – vgl. Sylvians erster internationaler Hit „Forbidden Colours“. Der hier ebenso wenig fehlen darf wie ein Remix des Japan-Klassikers „Ghosts“.
Kritikpunkt: Die in kräftiger Pappe produzierte Doppel-CD muss statt einem Booklet mit einem kleinformatigen, kaum leserlichen, da Weiß auf Grausilber bedruckten Infoblatt auskommen. Dies verzeichnet leider nur die Credits (Words/Music) und erstmaliges Erscheinen (Album/Jahr) zu den enthaltenen Tracks, nicht aber die bei Sylvian ganz besonders interessanten beteiligten Musiker. So muss man sich im Internet ergoogeln, dass beispielsweise der unglaubliche Fretless Bass auf „Red Guitar“ von Wayne Braithwaite stammt. Abgesehen von diesem bedauerlichen, leicht vermeidbaren Manko ist „A Victim…“ ein fast idealer Einstieg für Sylvian-Newbies.
„A Victim Of Stars – 1982–2012“ von David Sylvian erscheint auf Virgin/EMI.