Die klassische Blue-Rose-Erwartungshaltung bedient diese Scheibe nicht gerade – singt doch hier eine Frau und fehlt jeglicher Rock-Einfluss. Der Qualität des Dargebotenen tut das freilich keinen Abbruch, denn es handelt sich hierbei um eine stilistisch breitgefächerte Singer-Songwriter-Scheibe aus dem reichen Fundus der Canamericana-Fraktion. Amelia Curran kommt aus Halifax – also so ziemlich dem östlichen, bewohnten Teil ihres riesigen Heimatlandes – und hat in Kanada bereits fünf Scheiben veröffentlicht. Die so gewonnene Routine hört man diesem sechsten Album natürlich an: Da sitzt wirklich jeder Ton dort, wo er sein muss und es gibt deren auch weder zu viel noch zu wenige. Amelia Curran ist nämlich eine Meisterin der Balance. Zwar kommen all ihre Songs im balladesken Setting daher (wie es eigentlich für ihr klassisches Storytelling auch geziemt), aber sie warten mit vielen liebevoll herausgearbeiteten Details auf, mit denen sie ihre Stücke akzentuiert. Meist sind dies geschmackvolle, unaufdringliche und sparsame Bläser- und Streicherparts, die die Stimmung der jeweiligen Songs unterstützen und eben für die o.a. Balance sorgen. Obwohl die Songs also auf den ersten Blick ähnlich erscheinen, gibt es am Ende zu keiner Sekunde Langeweile. Das liegt auch daran, dass Amelia ihr Metier beherrscht und – obwohl sie nichts Revolutionäres im Sinn hat – eine unaufgeregt makellose Songsammlung hinlegt.
„Spectators“ von Amelia Curran erscheint auf Blue Rose Records/Soulfood.