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Immer der Sonne nach
Susan James kommt aus Kalifornien (und ist dortselbst soeben erst den zu dieser Zeit üblichen Waldbränden entronnen) und genießt insofern die gerade hereingebrochene Regenzeit. „Es war nämlich auch hier so heiß, als wir unsere Europa-Tour begannen, dass wir uns über etwas Regen regelrecht freuen“, erklärt sie. Nachdem die Songwriterin, die hierzulande bereits Ende der 90er Scheiben veröffentlichte, mit ihrem Gatten, dem Produzenten Fulton Dingley, von London nach Kalifornien umgezogen war, hatte es zunächst ein Mal eine Auszeit von ca. zehn Jahren gegeben, in denen sie sich ganz der Erziehung ihrer Tochter gewidmet hatte. Nicht ohne Konsequenzen für ihre Musik. „Einerseits habe ich die Zeit genutzt, über mein Songwriting nachzudenken und mich inspirieren zu lassen – weil mir immer klar war, dass ich wieder zurück zur Musik wollte“, erklärt Susan, „aber andererseits war dieser Schritt gar nicht so einfach, weil sich zwischenzeitlich so viel geändert hatte.“ In der Tat: Während Susan – insbesondere mit ihrer brillanten neuen CD „Driving Towards The Sun“ – musikalisch sozusagen auf der Höhe ihrer Kunst ist, muss sie sich um die geschäftlichen Aspekte ihres Tuns momentan ganz alleine kümmern. Umso erstaunlicher also, dass es ihr gelungen war, erstmals eine ganze Europa-Tour mit kompletter Band selbst auf die Beine zu stellen.
Das hat natürlich seinen Preis: Ohne professionelle Promotion in der Hinterhand, hatte es sich offensichtlich nicht so recht herumgesprochen, dass Susan James in der Stadt war, so dass an diesem 9-11-Jahrestag wirklich nur die Hardcore-Fans den Weg in die Lichtung fanden. Was freilich die „dynamische Susan James“ (wie sie ihr Bassist Jason Chesney freundlicherweise ankündigte) und ihre Jungs nicht davon abhielt, ein mitreißendes und überraschend flottes Set hinzulegen, mit dem man in dieser Form unter diesen Umständen eigentlich gar nicht gerechnet hätte. Programmäßig beschränkte sich Susan auf das Material ihrer beiden „New Phase“-CDs „Highways, Ghosts, Heart & Home“ und eben „Driving Towards The Sun“. Allerdings fanden auch ein paar Coverversionen den Weg auf die Setlist. Neben dem obligatorischen „8 Miles High“, das Susan wie gewohnt solo intonierte waren dies z.B. eine mitreißende Version des Howlin‘ Wolf-Klassikers „Wang Dang Doodle“ und „Pale Blue Eyes“ von Velvet Underground, das wegen der Anwohner-Situation als Unplugged-Akustik-Version gegeben werden musste – was aber durchaus seinen Reiz hatte, denn der Steel Guitar-Virtuose Ben Peeler hatte eine akustische Weissenborn-Gitarre im Gepäck (die z.B. von Ben Harper gesellschaftsfähig gemacht wurde) und so konnte die ganze Band mitmachen.
Als echte Live-Performerin aus Fleisch und Blut ließ es sich Susan James natürlich auch nicht nehmen, die Songs spieltechnisch aufzubohren. Noch während des Soundchecks überlegten sich die Musiker, wie sie Tracks wie z.B. das malerische „Mission Bells“ attraktiver gestalten könnten. Insgesamt trug dies dazu bei, insbesondere die Up-Tempo Songs wie „Tule Fog“ in lebhaften, spielfreudigen Versionen zu Gehör zu bekommen. Peeler ging dabei sogar nach dem Motto „Mehr ist mehr“ zu Werke und plusterte seine Beiträge gerne mit Effektgeräten auf, was dann zuweilen – etwa bei dem „Geisterlied“ „Cold Moon On The Highway“ auch schon mal ein wenig über das Ziel hinausschoss. Dass Susan James heutzutage immer noch ziemlich nervös bei Live-Auftritten ist, sorgte dann eher für ein menschelndes Element. Sei es drum: Insgesamt überzeugte Susan James mit diesem Konzert – und zwar auf eine Weise, die eben in diesem Zusammenhang nicht zu erwarten gewesen wäre.
