Platte der Woche KW 03/2016
Mit ihrem Debütalbum und den entsprechenden Live-Auftritten etablierten sich Elena Tonra, Igor Haefeli und Remi Aguiela vom Stand weg nicht nur als Next Big Thing im Indie-Rock-Circus, sondern auch als eine der sympathischsten neuen britischen Bands seit Äonen. Die sympathisch linkische Art, mit der sich Elena Tonra und ihre Herren da durch ihre ganz spezielle Art des gitarrenbetonten Dreampop mit düster/autobiographischen Texten wurschtelten, sorgten nicht nur in der Wahlheimat London schnell für eine entsprechend respektable Gefolgschaft. Es stand nun die schwere Aufgabe an, in einem stilistisch eher eingeschränkten System die schwierige zweite Scheibe überzeugend zu realisieren. Dafür zog man sich nach New York zurück und entschied sich, das Daughter-Klanguniversum bereits zu diesem Zeitpunkt mächtig auszudehnen.
So entschied sich vor allem Dingen der Gitarrist und bandeigene Produzent Haefeli, das Klangspektrum zusammen mit Produzent Nicolas Vernhes Widescreen-mäßig aufzubohren. Dazu gehört der verstärkte Einsatz von Elektronika und Effektgeräten ebenso wie der Umstand, dass den Gesangsmelodien Elenas deutlich mehr Aufmerksamkeit gewidmet wurde, als das bislang der Fall war und die Rockelemente eher zurückgefahren wurden. Klassische Popmusik kommt dabei dank der ungewöhnlichen Strukturierung der Songs immer noch nicht heraus, aber es gibt einen faszinierenden Mix aus rhythmischen Grooves, ambientmäßigen Klangflächen und Gesangsmelodien, der in der Summe eine fast episch anmutende neue Marschrichtung ausmacht. Dass sich Daughter dabei stimmungsmäßig durchaus treu bleiben, spricht dafür, dass das Trio genau weiß, was es will und wie dieses zu erreichen ist – und letztlich auch dafür, dass sich das Klang-Experiment gelohnt hat und funktioniert.
„Not To Disappear“ von Daughter erscheint auf 4AD/Indigo/Beggars Group.