Mit diesem Tribute an die Ur-Mutter aller Blues-Ladies, Bessie Smith, eröffnet Rory Block einen neuen Reigen der von ihr mit ihren den männlichen Vertretern des Genres gewidmeten Mentoren-Veröffentlichungen (zuletzt Mississippi John Hurt und Skip James). Bessie Smith agierte in einer Zeit (1923 bis 1933), in der der Blues noch seine ursprünglichen Funktionen besaß: Nachrichtenmedium, kollektives Gedächtnis und Unterhaltungsmusik. Wie bei den Songs von Robert Johnson (dem Rory Block als einem der ersten eine musikalische Hommage widmete) kommen in jenen Bessie Smiths Eigenschaften zum Tragen, die man heutzutage vergeblich in dem Genre sucht: Kruder, zuweilen schmutziger Humor etwa und eine ungeschönte Alltagssprache inklusive deutlicher sexueller Anspielungen und Zweideutigkeiten. Bessie Smith war das, was man eine „Belter“ bezeichnen könnte – jemand also, der sein Anliegen mehr oder minder herausbrüllt. Das ist Rory zweifelsohne nicht. Wie sie das Material dann dennoch zu ihrem macht, ist schon erstaunlich, denn sie entschied sich, auf dieser Scheibe alles selbst zu spielen (akustische Gitarre, Bass und die aus Alltagsgegenständen zusammengewürfelte Percussion) und sie als rein akustische Angelegenheit aufzufassen. Das Ganze ist dann ebenso unterhaltsam wie lehrreich geraten. So lässt man sich Tribute-Alben gerne gefallen.
„A Woman’s Soul – A Tribute To Bessie Smith“ von Rory Block erscheint auf Stony Plain/H’art.
